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Roboter Ethik

Vorbild Tierschutz: Brauchen Roboter Rechte?

Roboter werden zunehmend Teil unseres Alltags. Ob in Pflegeheimen, Spitälern, Fabriken oder als Spielzeug, wie etwa der Dinosaurier-Roboter Pleo, der auf Bewegungen und Geräusche reagiert und sich füttern lässt und kreischt, wenn man ihm am Schwanz hochhebt. Menschen neigen dazu, auf solche "soziale Roboter" Gefühle zu projizieren, sagt Kate Darling, Wissenschaftlerin am M.I.T. Media Lab. Warum das so ist, erforscht sie ebenso wie die Frage, ob es für Roboter, ähnlich wie etwa für Tiere, Schutzrechte geben sollte.

Vergangene Woche sprach Darling auf der Berliner Internet-Konferenz re:publica über Roboter-Ethik. Die futurezone hat sie im Anschluss an ihren Vortrag zu unserem Umgang mit Robotern befragt.

futurezone: Sie forschen zur Roboter-Ethik. Was hat Ihr Interesse an der Thematik geweckt?
Kate Darling: Ich habe als Kind viel Science Fiction gelesen. Irgendwann habe ich mir dann Pleo, einen Roboter-Dinosaurier gekauft. Der Pleo ist eine Art sozialer Roboter, der mit Ihnen interagiert. Ich habe bemerkt, dass ich dem Roboter gegenüber Gefühle entwickelte. Das war für mich sehr seltsam, denn ich bin an sich nicht sehr mütterlich. Ich habe mich schließlich gefragt, warum wir diese Dinge anders behandeln als irgendwelche anderen Objekte.

Warum behandeln wir sie anders?
Wir wissen es nicht genau, wir haben aber einige Vermutungen. Wir reagieren sehr stark auf optische oder akustische Signale. Signale, die etwa von Tieren ausgesandt werden. Wenn soziale Roboter diese Signale imitieren, dann reagieren wir darauf auch ähnlich emotional.

Um welche Roboter geht es konkret?
Wenn ich von sozialen Robotern rede, meine ich Roboter, die physisch präsent sind, zu einem gewissen Grad autonom agieren und auch mit uns interagieren. Sie senden diese sozialen Signale aus. Es geht nicht um Staubsauger-Roboter oder Toaster.

Wie wichtig ist es dabei, dass Roboter menschenähnlich aussehen?
Es gibt ein breites Spektrum an sozialen Signalen. Das reicht vom Gesichtsausdruck, den wir wiedererkennen, bis hin Verhaltensweisen und Geräuschen, die uns ansprechen und in uns etwas auslösen.

Viele Leute entwickeln auch virtuellen Objekten wie etwa Tamagotchis gegenüber Gefühle. Wo liegt der Unterschied zwischen einem Tamagotchi und einem sozialen Roboter?
Es gibt nicht wirklich einen Unterschied. Wir haben es mit einem breiten Spektrum zu tun. Tamagotchis sind nicht körperlich präsent und verhalten sich auch nicht wirklich autonom. Aber wenn wir Zuneigung zu einem Tamagotchi entwickeln, ist das sicherlich Teil dieses Spektrums.

In Ihrem Vortrag auf der re:publica haben Sie als Beispiel auch Soldaten genannt, die sich emotional zu Militärrobotern hingezogen fühlen.
Es gibt viele Geschichten über Soldaten, die gemeinsam mit Robotern arbeiten und mit ihnen emotional verbunden sind. Diese Roboter sind nicht so gebaut, dass sie an Gefühle appellieren. Sie interagieren mit Soldaten und erledigen gemeinsam mit ihnen Aufgaben. Roboter helfen Soldaten in vielen unterschiedlichen Situationen,  etwa als Minensuchroboter. Die Soldaten geben ihnen Namen, die Roboter sind Teil des Teams und sie bekommen sogar Ehrenmedaillen. Viele Soldaten sind auch richtig aufgewühlt, wenn diesen Robotern etwas zustößt, wenn sie etwa im Einsatz zu Schaden kommen und repariert werden müssen. Sie wollen dann genau ihren und nicht irgendeinen anderen Roboter zurückhaben. Diese Roboter rufen starke Gefühle hervor. Dabei sind Militär-Roboter gar nicht darauf ausgelegt, Emotionen zu erzeugen.

Sie stellen auch zur Diskussion, ob Roboter Rechte haben sollen?
Mir geht es darum, zu zeigen, dass wir Roboter anders behandeln als andere Objekte. Diese Tendenz könnte auch moralische Fragen aufwerfen. Wenn wir ein Unbehagen verspüren, wenn sie misshandelt oder gefoltert werden, dann sollten wir das nicht tun und sollten entsprechende Regeln aufstellen. Wir sollten das Unbehagen, das wir dabei empfinden auch nicht ausblenden. Wir dulden ein solches Verhalten auch in anderen Zusammenhängen nicht. Es geht also weniger um Rechte für Roboter, sondern um die Art, wie wir mit ihnen interagieren.

Wie könnte ein solches Regulatorium konkret aussehen?
Ich denke, dass es Analogien zum Tierschutz gibt. Es gibt Gesetze gegen Tierquälerei. Wir beschützen Tiere vor Misshandlungen oder Folter. Dinge, die in uns Unbehagen hervorrufen. Das ließe sich auch auf soziale Roboter anwenden.

Wie sieht es in der Forschung zu dem Thema aus?
Als ich begonnen habe, mich mit der Frage der Roboterrechte auseinanderzusetzen habe ich viele Reaktionen bekommen, vor allem aus der Robotik-Commmunity. Ich wurde zu vielen Vorträgen eingeladen und habe den Eindruck, dass es ein wichtiges Thema ist. Es gibt dazu eine Reihe von Arbeiten, es ist aber auch noch viel Arbeit notwendig. Wichtig ist vor allem ein interdisziplinärer Ansatz. Robotiker, Soziologen, Psychologen und Rechtswissenschaftler sollten sich gemeinsam mit dieser Frage beschäftigen.

Wann werden Roboter Rechte haben?
Ich weiss es nicht. Wir sind noch weit von Science-Fiction-Szenarien entfernt, in denen sich Roboter genauso verhalten wie wir. Roboter, die mit uns interagieren gibt es in Pflegeheimen, Schulen und Spitälern und auch zu Hause. Diese Technologien werden jetzt und in naher Zukunft entwickelt. Es geht darum, was wir auf diese Roboter projizieren. Diese Diskussion wird wohl in den nächsten zehn bis 20 Jahren intensiver geführt werden.

Mehr zum Thema

Zur Person
Kate Darling forscht am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Media Lab zu Roboter-Ethik. Ihre Studie "Extending Legal Rights to Social Robots" kann auf den Seiten des Social Science Research Networks heruntergeladen werden.

Gefühle für Roboter
Dass Roboter unsere Gefühle berühren, hat vor kurzem auch eine Studie der Universität Duisburg-Essen (UDE) herausgefunden. Dabei wurde in Experimenten die emotionale Bindung zu einem Roboter untersucht.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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