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© John Deere

Science

Wie E-Traktoren die Landwirtschaft revolutionieren könnten

Seit vielen Jahrzehnten ist eine Maschine ganz besonders mit dem typischen Bild eines Bauernhofs verbunden: Der tuckernde Traktor. Er trägt einen großen Teil dazu bei, dass 8,2 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Österreich auf die Landwirtschaft entfallen. Während im Straßenverkehr eine zunehmende Elektrifizierung stattfindet, gibt es auch Fortschritte bei der Entwicklung von E-Traktoren und anderen Landmaschinen mit Elektroantrieb. Das ist langfristig gut für das Klima und macht auch ökonomisch Sinn, denn immer mehr Landwirtschaftsbetriebe erzeugen selbst Strom.

Eigenverbrauch besser

Genaue Daten dazu gibt es nicht, aber die Landwirtschaftskammer schätzt, dass 20 bis 30 Prozent der Betriebe eine Photovoltaik-Anlage betreiben. Dazu kommt die Stromerzeugung durch Biogas, Wind- und Wasserkraft. Die Errichtung von PV-Anlagen und dazugehöriger Stromspeicher wird staatlich gefördert. Durch Einspeisung ins öffentliche Netz können Landwirte zusätzliche Einnahmen generieren. Da dies allerdings nur mäßig ertragreich ist, zahlt es sich eher aus, den erzeugten Strom in der unmittelbaren Umgebung zu verwerten.

Anfangsphase

Laut einer Umfrage der Landwirtschaftskammer Steiermark beabsichtigen 55 Prozent der steirischen Landwirte in den nächsten fünf Jahren den Kauf eines E-Fahrzeugs. 84 Prozent sind überzeugt, dass die Elektromobilität in der Landwirtschaft Fuß fassen wird. In vielen Fällen wird überlegt, mit dem Strom einfach einen privaten E-Pkw zu laden. Das Angebot an Arbeitsgeräten mit Elektroantrieb ist noch bescheiden. Es gibt vollelektrische kleine Hoflader, etwa für den Transport von Futter am Bauernhof, und es gibt Anbaugeräte für Traktoren mit Elektroantrieb. Elektrotraktoren für den Einsatz auf dem Feld sind erst im Entwicklungsstadium. Große Traktorhersteller wie Deutz, Fendt oder John Deere verfolgen derartige Projekte, aber auch Motorenentwickler wie das österreichische Unternehmen AVL List.

Vorteile von E-Traktoren

Traktoren mit Elektroantrieb sind für sie nicht nur deswegen interessant, weil Strom im Vergleich zum üblichen Diesel ein günstiger Treibstoff ist. Elektroantriebe haben einen wesentlich geringeren Wartungsaufwand und gelten als besonders zuverlässig. Außerdem lassen sich Elektromotoren sehr präzise ansteuern und liefern genauere Sensordaten, etwa zu Drehmoment und Motordrehzahl. Elektroantriebe fungieren dadurch als Wegbereiter für "Precision Farming" und die zunehmende Automatisierung in der Landwirtschaft.

Herausforderungen

Die größten Herausforderungen für Elektrotraktoren sind - wie bei Elektroautos - die geringe Energiedichte von Akkus und das Aufladen. Während man einen Dieseltraktor schnell betanken kann und dann einen kompletten Arbeitstag mit einem Tank auskommt, halten E-Traktoren weniger lange durch. In einem Interview mit Modern Farmer berichtet Stephen Heckeroth, der mit Solectrac ein eigenes E-Traktor-Start-up gegründet hat, etwa von drei bis sechs Stunden. Dabei kommt es stark auf die Leistungsintensität der Tätigkeit an. Zieht man einen Pflug durch den Acker, wird der Akku schneller leer, als wenn man mit einem Schneidwerk Gras mäht.

Kabelleger

Um den Nachteil wettzumachen, haben Solectrac-Modelle Akkus eingebaut, die rasch gewechselt werden können. Eine weitere Möglichkeit, um dem Problem beizukommen, ist, den Traktor mit Netzstrom zu versorgen. John Deere hat mit dem GridCon etwa ein fahrerloses Traktorkonzept gezeigt, das ein 1000 Meter langes Kabel mitführt. Während der Feldarbeit wird das Kabel automatisch per Roboterarm ausgelegt und wieder eingeholt - das Ganze setzt natürlich das Vorhandensein eines Netzanschlusses in Feldnähe voraus.

Wasserstoff als alternativer Stromspeicher wird unterdessen nicht als sinnvoll erachtet. "Du kannst auch damit nicht genug Treibstoff für einen ganzen Tag mitführen und du kannst damit den CO2-Fußabdruck nicht so rasch reduzieren, wie es die Gesellschaft verlangt", wird der Motorenentwickler Nicolai Tarasinski von Future Farming zitiert.

Teurer Einstieg

Schlussendlich gibt es das Frühanwenderproblem: E-Traktoren müssen erst einmal in geringen Stückzahlen Käufer finden. Zu Beginn werden ihre Preise deutlich über jenen von Dieseltraktoren liegen. Experten rechnen daher damit, dass sich die klimafreundlicheren Maschinen zunächst eher in Nischen wie dem Weinbau einnisten werden. Dort ist weniger Leistung gefragt und die Erträge sind höher.

Dieses Häuschen in Heimschuh beherbergt den gemeinsamen Stromspeicher der Bauernhöfe

Kooperation mit Energieversorgern

In Zeiten der Energiewende wird landwirtschaftlichen Betrieben, die nachhaltig Strom produzieren, großes Potenzial zugerechnet. Sie können u.a. als Partner in lokalen Energiegemeinschaften fungieren und somit bei der Entlastung des Stromnetzes mithelfen. "Landwirtschaften eignen sich hervorragend für die Erzeugung von Solarstrom", erklärt Urs Harnik-Lauris, der Konzernsprecher von Energie Steiermark. Der Energieversorger greift Betrieben bei der Implementierung nachhaltiger Stromproduktion unter die Arme. "Wir verkaufen über ein Tochterunternehmen selbst Photovoltaik-Anlagen und installieren Stromspeicher. Das widerspricht dem klassischen Begriff eines Energieversorgers, der nur Strom verkauft. Das ist aber nicht unser Verständnis. Wir sehen uns als Partner für eine neue Energiezukunft."

Wozu die Kooperation mit landwirtschaftlichen Betrieben führen kann, das wird derzeit in mehreren Projekten ausprobiert. Eines davon wird in der südsteirischen Gemeinde Heimschuh durchgeführt. "Früher gab es in vielen Orten gemeinsame Milchkühlhäuser. In Heimschuh gehen wir einen anderen Weg." 15 Landwirte speisen Strom aus ihren PV-Anlagen in einen gemeinsamen Speicher ein und entnehmen ihn je nach persönlichem Bedarf. Harnik-Lauris: "Für entlegene Regionen ist das ein absolutes Zukunftsmodell. Es ermöglicht, den Anteil erneuerbarer Energien nach oben zu schrauben und unter Beibehaltung des Stromnetzes bis zu einem gewissen Grad autark zu sein."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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David Kotrba

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