Wien wird Zentrum für "Wachstums-Hacker"
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Als der Online-Zimmervermittler Airbnb startete, setzte er nicht auf teure Marketing-Kampagnen, sondern spielte seine Angebote auch auf der Kleinanzeigenseite Craigslist aus. Das machte sich bezahlt, viele Zimmersuchende wurden auf Airbnb aufmerksam und nutzten infolge auch die Plattform. Die Aktion ist ein gerne zitiertes Beispiel für das sogenannte "Growth-Hacking", bei dem es darum geht gezielt Wachstumsmaßnahmen für Unternehmen zu entwickeln.
"Growth-Hacker helfen dabei, Produkte zu vermarkten, ohne viel Geld auszugeben", sagt Adrian Zettl-Singh, Mitgründer der Wiener Digitalagentur The Ventury. Die Methode komme vor allem bei Start-ups, die mit ihren Budgets haushalten müssen, aber auch zunehmend bei großen Unternehmen zum Einsatz: "Es geht darum zu testen, was funktioniert, bis man bei einer guten Lösung landet. Ziel ist es, messbares Wachstum zu erzielen, das auch nachhaltig ist."
Häufig werde das Marketing direkt in das Produkt eingebaut, erzählt Zettl-Singh weiter. Ein Beispiel dafür sei der Webmail-Anbieter Hotmail, der zu einer Zeit als Webmail noch kaum verbreitet war, in alle Mails den Slogan "PS I love you" integrierte, der auf die Gratisversion des eigenen Angebots verlinkte. "So wurde eine Werbemaschine kreiert, die nicht viel kostet, aber zu Wachstum führt."
Ausbildung zum Growth-Hacker
Zettl-Singhs Agentur hat sich nun mit dem auf Growth-Hacking spezialisierten Wiener Start-up Hackabu zusammengetan, und die nach eigenen Angaben größte europäische Ausbildungsstätte für Growth-Hacker zu gründen. "Wir haben gesehen, dass der Bedarf sehr groß ist", sagt Hackabu-Mitgründer Alexander Meyer. Firmen würden zunehmend auf digitale Geschäftsmodelle setzen, meint Zettl-Singh. "In Jobbörsen würden neben Programmierern zunehmend gesucht, die über Growth-Hacking-Fähigkeiten verfügen."
Im April nimmt TheGrowthbase ihren Betrieb auf. Zunächst wollen in einem zwölfwöchigen Kurs grundlegende Kenntnisse im Wachstumsmanagement vermittelt werden, ab September will man in Zusammenarbeit mit der Lauder Business School auch eine zwei-semestrige akademische Ausbildung zum Growth-Hacker anbieten.
Was müssen Growth-Hacker können?
"Growth-Hacker brauchen die analytischen Fähigkeiten eines Programmierers und die Kreativität von Marketingmenschen", sagt Zettl-Singh. Dazu gehöre die Fähigkeit zur Datenanalyse ebenso wie Suchmaschinenoptimierung, Programmierkenntnisse, kompetenter Umgang mit Facebook-Werbung und Google-Adwords, aber auch Wissen im E-Mail- und Content-Marketing. "Die Idee ist, alle diese Elemente zusammenzufassen", erklärt Zettl-Singh: Man kann nicht auf jedem Gebiet Spezialist sein, man muss aber wissen, worum es geht."
Growth-Hacking sei eine Kombination aus vielen neuen Berufen, die durch die Digitalisierung entstanden seien, meint Zettl-Singh. Der Bildungssektor könne nur mit Verzögerung auf solche Entwicklungen reagieren. "Bis neue Studiengänge durch die Bürokratie gehen, kann das dauern."
Viele Anfragen von Unternehmen
Neben Privatpersonen wolle man mit der Akademie auch Unternehmen und Start-ups ansprechen, die Mitarbeiter in das Programm schicken könnten, sagt Zettl-Singh. Man habe von Unternehmen viele Anfragen bekommen, die ihre Leute ausgebildet haben wollen. Technologieunternehmen wie Facebook, Google oder Slack würden bereits seit Jahren über eigene Growth-Hacking-Teams verfügen. Mit TheGrowthbase wolle man Know-how und neue Techniken in den Markt tragen, meint Mitinitiator Meyer. "Wir wollen wirklich gute Leute bekommen, Unternehmen brauchen das."
Ein Vorbild für TheGrowthBase ist die Ausbildungsstätte Growth Tribe in Amsterdam, die vor drei Jahren ihren Betrieb aufnahm und mittlerweile auch Kurse in London anbietet. Dabei aber zunehmend auf Workshops für Unternehmen setzt. In Wien wolle man die gesamte Bandbreite des Themas vermitteln, kündigt Zettl-Singh an.
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