© Michael Kvakin

USA

Die Licht- und Schattenseiten des Silicon Valley

Die Gegend zwischen San Francisco und San Jose, an der südlichen Bucht von San Francisco, wird als „Silicon Valley“ bezeichnet und gilt seit einigen Jahrzehnten als IT- und Technologie-Mekka. Hier werden im US-Vergleich die höchsten Löhne gezahlt, die Arbeitslosigkeit ist ausgesprochen niedrig. Doch die Region hat nicht nur Sonnen- sondern auch Schattenseiten.

Konzerne wie Apple, Cisco, Facebook, Google, Hewlett Packard, Oracle und Tesla sind hier gegründet und groß geworden. Die meisten haben ihren Sitz zwischen den beiden Städten: Während San Francisco mit hoher Lebensqualität und vielen Angeboten aufwarten kann, wird San Jose am anderen Ende des Valley oft vergessen. Als Schlafstadt für die Beschäftigten der aufstrebenden Hightech-Unternehmen hat die drittgrößte Stadt Kaliforniens und zehntgrößte Metropole der USA mit vielen Problemen zu kämpfen.

Es ist nicht das Land, wo Milch und Honig fliessen

Von den Gewinnen der Konzerne habe man wenig, da die meisten Unternehmenssteuern außerhalb der Stadtgrenzen anfallen und sich die Kommunen außerdem einen Steuerwettbewerb um Ansiedlungen lieferten. Die Unternehmen kümmerten sich meist nicht um die Wohnsituation ihrer Beschäftigten, der hohe Bedarf nach Wohnungen treibe aber die Immobilien-Preise in San Jose und San Francisco in die Höhe, wird seitens der Stadtverwaltung von San Jose beim Besuch einer Delegation aus Österreich beklagt. „Silicon Valley ist nicht das Land, wo Milch und Honig fließt, jedenfalls nicht für alle.“

Die Haushaltseinkommen von fast einem Drittel der Bevölkerung von San Jose, das sind 300.0000 Menschen, liegen unterhalb der Armutsgrenze, obwohl die Arbeitslosigkeit sehr gering ist. Diese „working poor“ arbeiten oft zu Niedriglöhnen für die Konzerne im Silicon Valley bzw. üben schlecht bezahlte Dienstleistungen wie Reinigung aus oder arbeiten in der Gastronomie oder als Zusteller. Die sozialen Unterstützungsleistungen der Stadtverwaltung wie Gratis-Essen für Schulkinder oder Wohnbeihilfen belasten das Stadtbudget. Der Mindestlohn in San Jose ist mit 10,30 Dollar pro Stunde zwar höher als der staatliche US-Mindestlohn, doch die Mieten in der Stadt gehören zu den höchsten der USA. Durch eine Anhebung des Mindestlohns würden viele über die US-weiten Grenzen zur Armutsdefinition kommen und dadurch Vergünstigungen und Beihilfen verlieren, beschreibt man in der demokratisch regierten Stadt das Dilemma.

Ehrgeiziges Innovationsprogramm

Trotz der Probleme verfolgt San Jose ein ehrgeiziges Innovationsprogramm. Durch den Zugang zu kostenlosem WLAN sollen die Chancen für Kinder und Jugendliche erhöht werden. Für einen Breitband-Internet-Anschluss müssen Haushalte in San Jose zwischen 80 und 120 Dollar pro Monat berappen - ein Betrag, den sich viele nicht leisten können. Auch in mehr Sicherheit und schnellere und umweltfreundlichere Mobilität wird investiert. Dabei setzt man im Autoland USA auf den öffentlichen Verkehr: Bis zum Jahr 2025 soll ein U-Bahn-System das ganze Silicon-Valley erschließen.

Auch Integration ist ein Thema: Rund ein Drittel der Bevölkerung machen jeweils Asiaten, Latinos und Weiße aus, Afroamerikaner bilden eine kleine Minderheit. 80 verschiedene Sprachen werden in der Millionenstadt gesprochen, 40 Prozent der Einwohner sind Zuwanderer. Dabei stellt die Stadtverwaltung die Chancen der Vielfalt in den Mittelpunkt: „Wir schätzen die Sprachen-Diversität.“

Starke Gegensätze

Ein „Kalifornien der zwei Geschwindigkeiten“ ortet der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Los Angeles, Rudolf Thaler. Die oft landwirtschaftlich geprägten Gebiete im Landesinneren bleiben wirtschaftlich zurück, während das Silicon Valley und die Küstengebiete sich gut entwickeln. Die Region zwischen San Francisco und San Jose profitiere vom Zugang zu Kapital: Fast die Hälfte des gesamten US-Risikokapitals fließe ins Silicon Valley.

Der österreichische Stanford-Professor Friedrich Prinz sieht als Erfolgsrezept im Silicon Valley die vielen Start-ups, die oft von Studenten oder Universitätsangehörigen gegründet werden. Im Gegensatz zu Österreich bedeute „Spin-off“ in den USA aber, dass die Universitätskarriere damit ein Ende habe, konstatiert der Physiker: Wer ein „Spin-off“ betreibe, dürfe nicht mehr ins Uni-Labor, um eine Grenze zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu ziehen.

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