„Österreich denkt zu klein, die meisten trauen sich nicht, ihre Ideen hochzuskalieren und auf die Weltbühne zu gehen“, sagen i5invest-Gründer Markus Wagner (rechts) und CEO Herwig Springer
„Österreich denkt zu klein, die meisten trauen sich nicht, ihre Ideen hochzuskalieren und auf die Weltbühne zu gehen“, sagen i5invest-Gründer Markus Wagner (rechts) und CEO Herwig Springer
© Jeff Mangione

Start-ups

„Österreich braucht Serial Entrepreneurs und M&A-Kultur“

Start-up aufbauen, erfolgreich machen, verkaufen und dann das nächste Unternehmen gründen. Serienunternehmer – im Fachjargon „Serial Entrepreneurs“ sind in den USA gang und gäbe, „in Österreich fehlen uns solche Serial Entrepreneurs noch“, sagen der Gründer der Startup Factory i5invest, Markus Wagner und der neue CEO Herwig Springer. „Wir brauchen noch diese Erfolgsstories von Österreichern, die mit ihrem Start-up erfolgreich waren und deren Erfahrung aber auch Geld wieder zurück ins Ökosystem fließen“, sagt Wagner, „das ist smart money. Da sind wir in Österreich leider noch nicht dort, wo sich andere Länder befinden.“ Wagner findet auch, dass es in Österreich noch nicht so eine große Exit-Mentalität und auch keine M&A Kultur wie im Valley gibt. M&A steht für Merger & Aquisitions - also Fusionen und Übernahmen.

Vorbilder gibt es

Leo Fasbender (COO) und Felix Häusler (CEO) haben vor wenigen Monaten ChatGrape gelauncht – sie wollen Kommunikation vereinfachen.

Beispiele österreichischer Serial Entrepreneurs gibt es erst wenige. Wagner selbst ist das Paradebeispiel, wie ein Serial Entrepreneur agieren muss – Geld, das verdient wurde, in andere Start-ups investieren und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Daniel Mattes, der ehemalige Jajah-Gründer, der mit seinem zweiten Unternehmen Jumio, Erfolge feiert, zählt ebenfalls zu den Beispielen, wie es sein sollte. „Auch Julian Zehetmayr könnte ein solcher Serial Entrepreneur werden“, meint Wagner. Der 21jährige Zehetmayer hat im Oktober 2014 sein Startup Mobfox für 17,6 Millionen Dollar verkauft. Er ist zwar weiterhin im Management tätig, investiert aber nebenbei bereits in Startups, so zählt er zu den Business Angel Investoren des Österreichischen Startups ChatGrape.

Die "Paypal-Mafia"

„Jeder, der sein Unternehmen jung verkauft, hat das Potential ein Serial Entrepreneur zu werden. Wir haben Business Angels, einige wenige Serial Entrepreneurs, aber das wars dann schon“, meint Springer, „aber woher sollen wir es auch können?“ In den USA gab es die scherzhaft bezeichnete „Paypal-Mafia“, Leute, die Paypal gegründet haben und nach dem Verkauf zu Serial Entrepreneurs wurden – die bekanntesten von ihnen sind Elon Musk, Peter Thiel, Max Levchin oder Ken Howery. In Österreich sind zwei der drei ehemaligen Eigentümer von 3United im Start-up-Bereich tätig, Oliver Holle (Speedinvest) und eben Markus Wagner: „Die Runtastic-Jungs könnten auch Serial Entrepreneurs werden.“ Der ideale Weg wäre – so wie es auch im Silicon Valley üblich ist: Aus einem Entrepreneur wird ein Serial Entrepreneuer, aus einem Co-Founder ein Business-Angel und ein Business-Angel wird zu einem noch aktivieren Business-Angel.

Wir brauchen mehr Exits

Derzeit gibt es in Österreich drei bis vier Exits pro Jahr. „Wenn man es schafft, auf das Doppelte zu kommen, würde eine große Summe wieder retour in die heimische Start-up-Szene fließen“, ist Wagner überzeugt. Das Potenzial, das wieder ins Ecosystem zurückfließen könnte, beziffert er mit „einigen hundert Millionen jährlich“. „Firmen kaufen und wieder verkaufen ist ein selbstverständliches Instrument, um einen Markt abzusichern und Innovation voranzutreiben“, meint Springer. Die neue Strategie von i5invest sei darauf stark ausgerichtet: „Wir unterstützen Europäische Gründer von Tech-Unternehmen dabei zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen internationalen Firmen zu verkaufen. Eine Technologie die man in einem Jahr gut verkauft, wäre ein Jahr davor nicht verkauft worden und interessiert in zwei Jahren niemanden mehr. Grund dafür sind die unglaublich schnellen Innovationszyklen und die extrem hohe Marktdynamik in der High-Tech Industrie“

Der 60-Millionen-Euro-Topf

Ob i5invest oder Speedinvest – in der heimischen Start-up-Landschaft tut sich was, der Fonds, den Speedinvest aufgestellt hat, ist aus der Szene kaum wegzudenken. „Der Fonds Speedinvest 2 wird die Branche weit nach vorne bringen“, sagt Springer. Mit Speedinvest sind wir auf dem richtigen Weg in Österreich. Der erfolgsreichste und größte Capital Venture Fond der Region hat fast 60 Millionen Euro im Fonds-Topf und vergibt dieses Geld an vor allem digitale Start-ups in der CE-Region. Der Unterschied zu anderen Fonds ist jener, dass Speedinvest die Start-ups nicht nur mit Geld unterstützt, sondern mit work-for-equity. Man arbeitet, unterstützt und verhandelt für Start-ups – bis zum Verkauf. „Und hier kommt es auf den richtigen Zeitpunkt an“, so Springer.

In Österreich gäbe es sehr viele Erst-Gründer. Deren Vorteil sei das junge Alter und die Energie, allerdings vermissen Wagner und Springer einen gewissen Mut. „Österreich denkt zu klein, die meisten trauen sich nicht, ihre Ideen hochzuskalieren und auf die Weltbühne zu gehen“, so Wagner. „Es ist aber eine Gratwanderung“, ergänzt Springer. „Man muss groß denken aber darf nicht realitätsfern sein.“ Dass diese Grenze mitunter überschritten wird, haben auch Beispiele aus derPuls4-Start-up-Show "2Min2Mio" gezeigt, bei der einzelne Start-up-Gründer ihr Unternehmen weit über dem erzielbaren Marktwert bewerteten.

Das große Screening

Pro Jahr werden bei i5invest mehr als 1000 Start-ups durchsiebt, nur zwei bis vier bleiben übrig. Bei Investitionen in Start-ups fährt man aber keinen „Spray & Pray -Ansatz“ mehr, sondern beteiligt sich nur noch an handverlesenen Start-ups. „Uns interessieren Start-ups, die das Zeug haben, internationale Erfolge, Investmentrunden und Exits feiern zu können“, sagen die beiden.

Dabei gäbe es in durchaus Unternehmen, die Weltpotenzial hätten. „Was viele vergessen, Europa generell und Österreich im Besondern haben Standortvorteile“, so Wagner. Den beiden Start-up-Experten fallen sofort einige Beispiele österreichischer Start-ups ein, die am internationalen Parkett mitspielen werden/könnten. Cyberith etwa, die den Virtualizer entwickelt haben, der ein realistisches Bewegen im virtuellen Raum erlaubt, exportiert zu 98 Prozent. ChatGrape – das Start-up arbeitet an einer Messaging-Lösung für Unternehmen und macht damit vor allem etablierten Diensten wie HipChat und Slack Konkurrenz – ist bereits im Silicon Valley vertreten. Und has.to.be E-Solutions, ein Unternehmen, das Software für e-Ladestationen anbietet, ziele ebenfalls auf einen globalen Markt ab.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare