Start-ups: Trägheit der Politik ist Kern peinlich
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Spätestens seit seinem Auftritt beim Pioneers-Festival als frisch gekürter österreichischer Bundeskanzler liegt Christian Kern die Start-up-Szene zu Füßen. Das zeigte sich erneut am Mittwochabend, als Kern den 43. "Stammtisch" der Organisation AustrianStartups im Coworking-Space Sektor5 beehrte und der zahlreich erschienenen Start-up-Community Rede und Antwort stand. Der Kanzler übte Selbstkritik an der langsamen Umsetzung des ersten Start-up-Pakets, verteidigte die Maschinensteuer sowie die geplante Bevorzugung inländischer Arbeitsloser und stellte 300 Millionen Euro Anschlussförderung in Aussicht.
Sozialer Spagat
Einmal mehr versuchte Kern den Spagat zwischen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Start-up-Gründern das Leben erleichtern sollen, und der sozialen Verantwortung, die mit dem Erfolg der Branche einhergehen. Der Staat müsse unternehmerisch denken und die Strukturen schaffen, um erfolgreiche Start-ups im Land zu ermöglichen. Das im Sommer vorgestellte Start-up-Programm, das etwa Lohnnebenkostensenkungen, eine finanzielle Aufstockung von Förderprogrammen, aber auch vereinfachte Visa-Regeln für benötigte Arbeitskräfte umfasste, sei ein wichtiger erster Schritt gewesen, sagte Kern.
"Richtiger Weg"
Den eingeschlagenen Weg mit Lohnnebenkosten-Erleichterungen für Start-up-Gründer, einer besseren Verzahnung von Forschung und Entwicklung an Universitäten und Fachhochschulen mit der Industrie sowie vereinfachten Regeln zum Abschreiben von Investorengeldern will Kern beibehalten. Gründer sollten sich aber nicht nur auf die Politik verlassen, sondern müssten ihrerseits von Anfang an unternehmerisch denken und agieren. Die Voraussetzungen an vorhandenem Fachwissen, etablierter Industrie und vorhandenen Bildungsinstituten seien seien in Österreich zweifelsohne gut, meinte der Kanzler.
Obdachlose im Silicon Valley
Zuvor hatte der Kanzler allerdings auch auf mögliche Schattenseiten der Silicon-Valley-Erfolgsstory hingewiesen: "An der einen Ecke sieht man dort den schicken Tesla-Wagen, an der anderen allerdings den Obdachlosen, der sich die hohen Wohnungsmietpreise nicht mehr leisten kann." In diesem Zusammenhang wollte Kern auch seine Vorschläge zur Maschinen- bzw. Robotersteuer verstanden wissen, die auf der Veranstaltung von einem Besucher aus der Start-up-Szene erneut thematisiert wurde.
Solidarität
Die aus dem Publikum geäußerte Kritik, dass die geplante Bevorzugung inländischer Arbeitskräfte durch Lohnnebenkostenförderungen die Internationalität des Start-up-Standortes Österreich schwäche, ließ Kern nicht gelten. Solidarität in Europa bedeute nicht nur, dass sich Österreich mit anderen Ländern aus der europäischen Union solidarisch zeige, sondern auch eine gewisse Solidarität aus diesen Ländern einfordern könne.
Als Bundeskanzler habe er Sorge dafür zu tragen, dass die Arbeitslosigkeit im Land bekämpft und nicht durch Lohndumping anderer europäischer Länder noch verschärft werde. Personen aus Drittstaaten könnten auch wie bisher von Start-ups rekrutriert werden, sagte Kern, der zudem auf erleichterte Visa-Bestimmungen für Fachkräfte aus der IT-Branche verwies. "Potenzielle Mitarbeiter können wie bisher ins Land kommen. Wir zahlen lediglich keine zusätzliche Förderung dazu, sagte Kern.
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