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Smartphone

HTC One mini 2 im Test: Viel mini, wenig top

Auch wenn Smartphones mittlerweile zu wahren Riesen verkommen sind, gibt es immer noch viele Liebhaber kleiner Bildschirm-Diagonalen. Die Hersteller versuchen diese mit den “mini”-Versionen ihrer Smartphones zufrieden zu stellen. Doch hinter der der scheinbar ansprechenden Verpackung verbirgt sich oftmals weniger als man glaubt.

HTC lockt nun mit dem One mini 2, dem kleinen Ableger des One M8. Die futurezone hat getestet, ob das Smartphone die Leistung des herausragenden Flaggschiffs liefern kann oder ob dahinter wieder nur eine Mogelpackung steckt.

Vor drei Jahren hätte man wohl noch entgeisterte Blicke kassiert, wenn man bei einem 4,5 Zoll-Bildschirm von einem “kleinen” Smartphone gesprochen hätte. Heute sind Mittelklasse- und Top-Smartphones (mit Ausnahme des iPhones) in dieser Größe aber rar gesät. So “mini” ist das HTC One mini 2 allerdings gar nicht. Mit einer Länge von 137,4 Millimetern ist es nur einen Millimeter kürzer als das LG G2 (5,2 Zoll). Auch das Gewicht liegt mit 137 Gramm im Durchschnitt. Das Samsung Galaxy S5 wiegt beispielsweise 145 Gramm, das 0,2 Zoll kleinere Sony Xperia Z1 Compact ebenfalls 137 Gramm. Dennoch fühlt es sich angenehm an, das Gewicht ist vor allem im Vergleich zu so manchem 200 Gramm-Phablet eine Wohltat.

Auf den ersten Blick scheint es so, als hätte HTC das Design des großen Bruders exakt kopiert, doch es wurden einige Anpassungen vorgenommen. Statt einer großen Unibody-Schale besteht jetzt nur mehr die Rückseite sowie die Lautsprecher-Abdeckungen aus Aluminium, die Konstruktion wird durch Kunststoff in der Mitte zusammengehalten. Das fällt jedoch kaum auf und ist durchaus funktional, da der Kunststoff etwas griffiger ist. Die Verarbeitungsqualität ist auf einem ähnlich hohen Niveau wie beim HTC One M8. Beim Test-Sample hoben sich jedoch die Trenn-Elemente auf der Rückseite deutlich vom Aluminium-Gehäuse ab und hinterließen so einen unangenehmen Eindruck. Ansonsten sind alle Design-Elemente gleich geblieben. Leider, wird so mancher bei der Power-Taste oben links sagen. Die ist durch das kleinere Format zwar deutlich besser zu erreichen, es ist aber weiterhin eine unhandliche Lösung.
Das One mini 2 hat vom One M8 unglücklicherweise auch den großen, sinnlosen Balken unterhalb des Displays geerbt. Bei den Vorgänger-Modellen waren dort noch die Soft-Keys zu finden, jetzt prangt dort nur mehr das HTC-Logo. Im Vergleich mit dem LG G2 geht HTC geradezu verschwenderisch mit dem Platz um, zumindest der Abstand vom Display zur Kante wurde mit drei Millimetern relativ schmal gehalten. Die Slots für microSD- und nanoSIM-Karte müssen über ein Tool herausgedrückt werden, schließen aber gut mit dem Gehäuse ab und sind recht unscheinbar. Der Kopfhörer-Anschluss findet sich oben rechts, das microUSB-Kabel kann unten rechts angesteckt werden.

“Mini” trifft unglücklicherweise auch auf die Ausstattung zu. Während Sony beim Z1 Compact die Hardware des Z1 in ein kleineres Format packen konnte, gelang das HTC offenbar nicht. Der Snapdragon 400-SoC ist solide und gut für Mittelklasse-Modelle geeignet, angesichts des Kaufpreises von 449 Euro aber recht mager. Auch das eine Gigabyte RAM passt in dieses Bild. Dennoch ist die Leistung des Smartphones solide. Im Test kam es nie an seine Grenzen, auch der RAM bereitete beim Multitasking keine spürbaren Probleme. Auch Spiele wie GTA 3 oder Max Payne liefen ruckelfrei. Lediglich in Chrome, wenn mehr als 20 Tabs geöffnet waren, machte sich der Unterschied zu Top-Smartphones bemerkbar. In AnTuTu liegt der SoC auf dem Niveau des mittlerweile zwei Jahre alten Samsung Galaxy S3. So schwach auf der Brust der Snapdragon 400 im Vergleich auch sein mag, die Energiespar-Leistung ist herausragend.

So kann das One mini 2 mit ähnlich guter Akkulaufzeit wie sein großer Bruder punkten. Im Test (mit Energiesparmodus) hielt der Akku bei intensiver Nutzung mindestens eineinhalb Tage. Bei normaler Verwendung kam es zumindest zwei Tage ohne Laden aus. Der Energiesparmodus ist hier wirklich ein Segen und schränkt die Funktion des Smartphones nicht wirklich ein. Dabei werden CPU-Taktrate und Bildschirmhelligkeit reduziert, Vibrationsfeedback der Soft-Keys deaktiviert sowie die Datenverbindung in den Standby geschickt. Jeder einzelne dieser Punkte kann aber auch vom Energiesparmodus ausgenommen werden.
Wie genau der Standby-Modus für die Datenverbindung funktioniert, ist unklar, das Smartphone synchronisierte im Test auch bei ausgeschaltetem Bildschirm im Hintergrund. Für den Notfall steht der Extrem-Energiesparmodus bereit, der einen reduzierten Launcher startet und das Smartphone auf seine Telefonfunktionen reduziert. Damit konnten beim One M8 aus fünf Prozent Akkuladung bis zu fünfzehn Stunden Standby-Zeit herausgekitzelt werden. Die Werte dürften beim One mini ähnlich sein.

Im HTC One mini 2 kommt statt der Super LCD3-Technologie “nur” Super LCD2 zum Einsatz. Super LCD3 soll deutlich heller sein und eine besser Blickwinkelabhängigkeit bieten, im Direktvergleich ließ sich aber kein wirklicher Unterschied erkennen. Das HTC One mag einen Tick heller sein, in der höchsten Helligkeitsstufe bleibt das One mini 2 aber auch im Freien bei Mittagssonne lesbar. Die Blickwinkelabhängikeit ist solide, bei steilen Winkeln wird das Bild aber rasch dunkel. Ein Farbstich war nicht erkennbar, die Farben wirkten aber im Vergleich zu Super AMOLED recht blass und verwaschen.

Der 4,5 Zoll-Bildschirm löst mit 1280 mal 720 Pixeln auf und kann somit eine Pixeldichte von 326 ppi bieten. Das ist ein guter Wert, auch wenn er die mehr als 400 ppi anderer Full HD-Modelle nicht erreichen kann. Der Unterschied ist aber vernachlässigbar. Erst bei sehr niedrigen Zoomstufen, auf denen Text sehr klein dargestellt wird, verblasst das Display des One mini 2 im Vergleich etwas.
Der Motion-Chip aus dem M8 wurde im mini 2 entfernt. Dieser ermöglichte beispielsweise, das Smartphone energieffizient als Schrittzähler zu nutzen. Zudem konnte das Smartphone so mit zahlreichen Gesten aus dem Standby-Modus geweckt werden, beispielsweise das von LG bekannte “Knock on”-Feature. Auch das Schnellstarten der Kamera-App durch Hochheben und Drücken der Lautstärkewippe ist nicht mehr möglich. Ebenfalls entfernt wurde der IR-Blaster, mit dem gängige Fernseher und Set-Top-Boxen gesteuert werden konnten. Die BoomSound-Lautsprecher sind jedoch erhalten geblieben und stehen dem One M8 um nichts nach. Vor allem beim Telefonieren konnten diese mit hoher Lautstärke und klarer Sprachqualität punkten.

Die Abmagerungs-Kur hatte aber auch ihr Gutes. Statt der “Ultrapixel Duo Camera” des One M8, die nur mit mageren vier Megapixeln auflöst, kann das mini 2 auf eine 13 Megapixel-Kamera zurückgreifen. Die Duo Camera konnte zwar Tiefeninformationen aufzeichnen, doch das ist letztendlich nur ein nettes Gimmick, das im Alltag kaum gebraucht wird. In puncto Bildqualität steht die Kamera des One mini 2 dem M8 kaum um etwas nach. Die Bilder sind scharf und rauschen kaum. Hier kann man sogar das M8 leicht übertrumpfen, denn auf dem Flaggschiff zeichneten sich die Bilder vor allem durch starkes Rauschen aus. Das One mini 2 produzierte hingegen auch unter schlechten Lichtbedingungen gute Bilder mit wenig Rauschen.

Die Kamera kann mit einer Lichtstärke von f/2.2 aufwarten. Nachtaufnahmen waren nur von mäßigem Erfolg, hier konnte bislang aber auch nur dasNokia Lumia 1020wirklich überzeugen. Dank dem LED-Blitz ließen sich aber hin und wieder durchaus nette Schnappschüsse machen. Der Autofokus brauchte unter schlechten Lichtbedingungen oftmals sehr lange zum Fokussieren, unter Tageslicht war er jedoch sehr flott. Die Kamera-App ist ident zu jener des M8 und kann voll und ganz überzeugen. Vor allem die Möglichkeit, eigene Kamera-Einstellungen abzuspeichern, erwies sich im Alltag als sehr praktisch. Die Frontkamera kann Bilder mit einer Auflösung von fünf Megapixeln aufnehmen. Front- und Rückkamera sind zudem in der Lage, Videos mit 1080p mit 30 fps aufzuzeichnen.

HTC verfolgt mit seinem Launcher Sense 6 einen recht minimalistischen Ansatz. Das dürfte vor allem jene freuen, die den Original-Android-Launcher von Google bevorzugen. Mit Ausnahme des News-Readers BlinkFeed, der durch Wischen nach Links am Homescreen geöffnet wird, gibt es kaum aufdringliche HTC-Software. Neben den System- und Google-Apps wurde lediglich KeyVPN und Zoodles, die App für den Kinder-Modus, vorinstalliert. Abgesehen davon ist die Oberfläche mit jener des HTC One M8, die bereits im futurezone-Test vorgestellt wurde.

HTC versteht, wie so viele andere Hersteller, das Prinzip eines “mini”-Smartphones nicht. Wer sein Smartphone unter dem Namen des großen Flaggschiffs verkauft - sei es One, S5 oder G2 - sollte auch für ähnliche Qualität garantieren können. Viele Hersteller von Android-Smartphones verlassen sich aber darauf, dass Mittelklasse-Ausstattung zum Premium-Preis ausreicht. Sony lieferte mit dem Z1 compact bislang die einzige Ausnahme ab. Das Smartphone wird wohl auch weiterhin die Referenz in dieser Größe bleiben, denn das One mini 2 enttäuscht - trotz solider Leistung - im Vergleich zum großen Bruder einfach zu sehr.

Letztendlich ist das One mini 2 eine hoffnungslos abgespecktes Version des One M8, die nur durch eine lange Akkulaufzeit und solides Design hervorstechen kann. Wer die Optik schätzt, sollte lieber gleich 200 Euro mehr investieren und das One M8 kaufen, denn das kann deutlich mehr bieten. iPhone-Umsteiger und Liebhaber kleiner Bildschirme bekommen für 400 Euro (Straßenpreis) mit dem Sony Xperia Z1 Compact all das, was das Herz begehrt. Wenn es auch Windows Phone statt Android sein darf, ist das Lumia 925 für rund 300 Euro ebenfalls eine gute und günstige Wahl. Budget-Referenz bleibt das Motorola Moto G, das für 200 Euro einen 4,5 Zoll großen HD-Bildschirm, nahezu unberührtes Android 4.4 sowie einen Quadcore-Prozessor bietet.

tl;dr: micro statt mini, vom großen Vorbild M8 ist kaum etwas übrig geblieben

Modell:
HTC One mini 2
Display:
4,5 Zoll Super LCD2-Bildschirm - 1280 x 720 Pixel (16:9, 326 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
1,2 GHz Quadcore (Qualcomm Snapdragon 400)
RAM:
1 Gigabyte
Speicher:
16 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 4.4.2
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (a/b/g/n)
Akku:
2.110 mAh
Kamera:
13 Megapixel (LED-Blitz), 5 Megapxiel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
137,4 x 65 x 10,6 mm, 137 Gramm
Preis:
449 Euro (UVP)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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