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Google: 100 Tage Larry Page

Vor genau 100 Tagen hat Larry Page wieder auf dem Chefsessel bei Google Platz genommen und den langjährigen CEO Eric Schmidt

. Der Amtsantritt verlief ohne großen öffentlichen Auftritt und auch in den darauf folgenden drei Monaten hat sich Page so gut wie gar nicht in der Öffentlichkeit gezeigt. Dass sich der Google-Mitbegründer lieber auf seine technischen Visionen konzentriert, anstatt sich medienwirksam in Szene zu setzen, ist kein Geheimnis. Doch manche Investoren zeigen sich nach wie vor etwas verunsichert vom Wechsel an der Google-Spitze – dass Page nicht zu ihnen spricht, hat der Google-Aktie in den ohnehin schwierigen vergangenen Monaten vermutlich keinen Gefallen getan. Insgesamt verlor das Papier seit Anfang April um fast 100 Dollar an Wert.

Das erste Quartalsergebnis, das im April etwa zwei Wochen nach Pages` Amtsantritt präsentiert wurde, bescherte dem neuen alten Google-Chef schon keinen leichten Start: Trotz eines Gewinns von 1,6 Milliarden Euro im ersten Quartal blieb Google hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Nach Veröffentlichung der Zahlen fiel die Aktie gleich um mehr als fünf Prozent.

„Eine Schwäche war in den vergangenen Monaten auf jeden Fall sichtbar“, sagt Leopold Salcher, Analyst bei der Raiffeisen Centrobank, im Gespräch mit der futurezone. Zwar habe der allgemeine Branchentrend über weite Strecken hinweg ein recht ähnliches Muster gezeigt, „es gab aber durchaus Besorgnis Google betreffend“, so Salcher. „Da wären zum Beispiel die Ängste, dass Facebook dem Unternehmen immer mehr an Wasser abgraben könnte.“

Google+ bringt TrendwendeMit dem Start von Googles Netzwerk Google+ brachte der Konzern den bislang größten Erfolg unter Larry Pages` Führung zustande und will diese Ängste nun ausräumen. Der neue Service wurde sowohl von medialer als auch von Branchenseite überwiegend positiv aufgenommen. Auch an der Börse reagierte man mit Wohlwollen: Der Aktienkurs legte seit dem Start von Google+ erstmals seit Monaten wieder markant zu, der Marktwert stieg um 20 Milliarden Dollar. So ruhen nun alle Hoffnungen darauf, dass sich Google diesmal endlich auch im Social Web positionieren und Facebook Marktanteile abluchsen kann. Der Konzern ist zwar nach wie vor die dominierende Größe in punkto Information und Suche, die boomenden sozialen Aspekte im Netz wurden bisher jedoch vernachlässigt oder nicht erfolgreich umgesetzt.

„Wie sich der Start von Googles neuem Netzwerk auf das Geschäft auswirkt, wird man erst am 14. Juli wirklich sehen, wenn das zweite Quartalsergebnis vorgelegt wird“, sagt Salcher. Dann erst seien konkrete Aussagen von Analystenseite möglich. Der Wechsel an der Unternehmensspitze habe Anfang April kurzfristig etwas Erleichterung gebracht. „Ich würde aber den Führungswechsel für die Gesamtentwicklung des Konzerns nicht überbewerten“, so Salcher. Eric Schmidt habe unter anderem auch abdanken müssen, weil die Entscheidungswege innerhalb des Unternehmens zu langsam geworden waren. „Wenn es Google gelingt, hier intern wieder auf Kurs zu kommen, dann es ist auch nicht wirklich ausschlaggebend, ob Page nun eher ruhig und zurückgezogen ist. Ich denke, das sehen auch viele Investoren ähnlich.“

Produktflut mit Risiken Abgesehen von Googles (neuem) offensichtlichen Fokus auf das Social Web sind in den vergangenen drei Monaten seit Pages` Amtsantritt auch eine Vielzahl anderer Produkte neu an den Start gegangen. Im Rahmen der Enwicklerkonferenz I/O präsentierte Google unter anderem das lang erwartete Betriebssystem Chrome OS und die darauf basierenden

, die bislang eher verhalten aufgenommen wurden. Daneben starteten Services wie

- bei dem sich aufgrund fehlender Kooperationen mit Plattenlabels bislang die Frage stellt, ob es auch tatsächlich legal ist -

(bisher als Testlauf in ausgewählten Städten) und

, um nur einige Beispiele zu nennen. Nebenbei kaufte Google allein in den vergangenen drei Monaten insgesamt sieben weitere Firmen auf, darunter etwa

, ein auf mobile Musik spezialisierter Anbieter von Streaminglösungen.

Dass Google mit hohem Tempo eifrig weiter expandiert wird, ist für den Konzern nicht ganz ohne Risiko. So zeigt etwa die Großbank Morgan Stanley Bedenken: Satte Gewinne würden bei dem Konzern der Vergangenenheit angehören, steigende Gehaltszahlungen sowie hohe Werbeausgaben für bestimmte Produkte, etwa den Browser Chrome, könnten die Gewinnmarge in diesem und im nächsten Jahr drücken. Infolge stufte Moragn Stanley die Aktie herunter, das Kursziel wurde von zuvor 645 auf 600 Dollar reduziert.

 

Wie Page schon zu seinem Amtsantritt angekündigt hatte, wurde aber auch „aufgeräumt“ im Konzern und wenig erfolgreiche Produkte eingestellt. Dazu zählen etwa das Projekt Google Health und die PowerMeter-Sparte (futurezone-Bericht

). Auch von

verabschiedete man sich, ein Dienst der entstanden war, noch bevor der Internetkonzern die Plattform YouTube übernommen hatte.

Ein Koloss mit Start-up-Charakter?Google hat seit seiner Gründung viel an Coolness verloren, ist vom wendigen Start-up zu einem trägen Riesenkonzern angewachsen. Galt das Unternehmen einst als einer der gefragtesten Arbeitgeber, so macht auch hier Facebook inzwischen Google Konkurrenz. In ganzen Scharen seien Mitarbeiter zuletzt zu Facebook gewechselt, talentierte Entwickler drängten eher zu Zuckerbergs Netzwerk als zu dem Suchmaschinen-Konzern. Es ist das erklärte Ziel von Page, das wieder zu ändern und das Unternehmen wieder stärker zu seinen Wurzeln zurückzuführen.

Nur wenige glauben daran, dass es tatsächlich gelingt, den Riesen noch einmal komplett umzukrempeln, ein Google wie vor zehn Jahren wird es nicht mehr geben. Doch wenn die Social-Web-Offensive tatsächlich aufgeht und die Entscheidungsprozesse innerhalb des Unternehmens wieder an Fahrt gewinnen, hat Page gute Chancen, seinen Konzern zu einer noch größeren Macht im Internetzirkus aufzubauen.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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