Suche: Google läuft Gefahr, von Microsoft überholt zu werden
Googles Kerngeschäft ist die Suche. Stolze 162 Milliarden US-Dollar brachte das Geschäft mit der Google-Suche dem Alphabet-Konzern vergangenes Jahr ein. Doch dieses ist jetzt in Bedrängnis und Google droht, seine Bedeutung am Suchmaschinen-Markt einzubüßen. Der Grund dafür: „Google hat nie darüber nachgedacht, wie sie künstliche Intelligenz in ihre Suche integrieren können und jetzt laufen sie Gefahr, dass ihnen Microsoft den Rang abläuft“, sagt Clemens Wasner, Obmann des Vereins AI Austria, im Gespräch mit der futurezone.
Zwar verwende Google KI zur Gewichtung von von Inhalten und auch zum Matchen von Interessen der Nutzer*innen, sagt Wasner, jedoch keine "Large Language Modelle" (LLMs). Diese können natürliche Sprache verstehen und generieren. Eines davon ist ChatGPT.
Massentauglich
ChatGPT hat von seinem Start im November 2022 weg sofort für Furore gesorgt. Bereits 18 Prozent der Österreicher*innen haben den Chatbot ausprobiert. Der KI-Chatbot hat nämlich eine Bedienoberfläche bekommen, die so einfach und zugänglich ist, dass jeder KI ausprobieren kann. Über die Integration in die Bing-Suche wurde die Schwelle nochmals niedriger angelegt. Es reicht, ein Microsoft-Konto anzulegen. Über die KI-Funktion in der Microsoft-Suche kann man ganz einfach Fragen stellen. Das können Fragen nach einem Menüvorschlag für das Abendessen mit ausgewählten Zutaten sein, oder für Bastelideen für die Nachmittagsbeschäftigung des Kindes.
Laut einem Bericht der „New York Times“ überlegt Samsung, künftig statt der Google-Suche in den Voreinstellungen auf Samsung-Smartphones auf die Bing-Suche von Microsoft zu setzen. Die hat mit dem „KI-Co-Piloten“ bereits künstliche Intelligenz in Form von LLLMs integriert.
Der 3-Milliarden-Dollar-Deal zwischen Google und Samsung steht nun deswegen auf dem Spiel, heißt es im Bericht. Samsung und Microsoft wollten vorerst kein Kommentar dazu abgeben. Doch alleine die Aussicht, dass Google seine Dominanz bei seiner Kerndisziplin verlieren könnte, schockiert die Mitarbeiter*innen, die für Google arbeiten. Es herrscht Panik.
Google dominierte bisher am Suchmaschinenmarkt klar. Rund 85,53 Prozent der Suchanfragen via Desktop wurden im März mit Google durchgeführt. Bing folgte mit 8,23 Prozent an zweiter Stelle. Google hat erst im Dezember ein 120-köpfiges Team ins Leben gerufen, dass sich ausschließlich mit der Integration von neuen Funktionen aus dem Bereich künstlicher Intelligenz in die Suche beschäftigen soll. Bei der Google I/O im Mai wird erwartet, dass Google erste Ergebnisse vorstellt.
„Google hat keine große Innovationskultur. Seit 10 Jahren konnte sich kein wirklich neues Produkt etablieren“
Marktwahrnehmung
Mit DeepMind forscht Google bereits seit mehr als 4 Jahren an KI. Mit Bard wurde zudem kürzlich ein ChatGPT-Konkurrent vorgestellt. Doch reichen diese Vorstöße wirklich aus, um die Dominanz am Suchmaschinenmarkt zu halten? „Für die Wahrnehmung am Markt ist das natürlich ein Problem, dass Microsoft KI bereits erfolgreich integriert hat. Ich fürchte auch, dass ein halbes Jahr Zeit nicht ausreichen wird, um im Mai mehr als ein paar Demonstrationen herzuzeigen. Die KI-Integration in die Suche wird viel länger dauern“, so der Experte von AI Austria.
Allerdings glaubt Wasner daran, dass Google generell sehr wohl Chancen hat, bei der Suche vorne zu bleiben. Das liegt vor allem daran, dass er die Suchmaschine der Konkurrenz, für „schlecht“ hält. „Die Bing-Suche funktioniert per se nicht sehr gut. Wenn Samsung daher wirklich auf die Bing-Suche setzen sollte, würde das für Samsung ein Desaster werden, weil die Menschen zurecht sagen würden, dass die Suchfunktion unbrauchbar ist“, erklärt Wasner.
Innovationen fehlen
„Google hat keine große Innovationskultur“, sagt Wasner. „Seit 10 Jahren konnte sich kein wirklich neues Produkt etablieren.“ Das würde also dagegen sprechen, dass Google bei KI das Ruder an sich reißen wird. Dennoch hat Google einige Ideen, wie sich KI in die Suche integrieren lässt, die auch Wasner aufhorchen lassen: Ein KI-Werkzeug namens GIFI für die Bildersuche, wie Google für die Zukunft plant, könne sich etwa leicht umsetzen lassen, ist er überzeugt. Google hat noch weitere KI-Entwicklungen für die Suche angekündigt: So ist noch der Tivoli Tutor geplant, der einem beim Suchen gleich beim Lernen einer neuen Sprache hilft. Mit Searchalong sollen Menschen direkt im Chrome-Browser Fragen stellen können. Google sei genauso „mächtig, kompetent und am Zeitgeist“ wie die Konkurrenz, sagt etwa Jim Lecinski, ein früherer Manager der Services-Sparte des Suchmaschinenkonzerns.
Fakten
Google Suche
Die Suchmaschine von Alphabet dominiert am Markt. Im März lag der Anteil bei über 85 Prozent. Die größte Konkurrenz ist Microsofts Bing, dessen Anteil auf rund 8 Prozent kommt
Bard
Googles Chat-KI spricht nur Englisch und ist offiziell nur in den USA verfügbar. Auf Fragen in Deutsch lässt sich der Chatbot nicht ein und verweist darauf, dass er nicht weiterhelfen kann. Am Ende jeder Antwort gibt es den „Google it“-Button, mit dem man zu Suchanfragen kommt
Konkurrenz
Der Bing-Chatbot mit KI basiert auf ChatGPT und wurde Anfang März für alle Nutzer*innen zugänglich gemacht