Bard ausprobiert: Lasst Googles Chatbot keine Pasta kochen
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Der Hype rund um Textgeneratoren auf Basis von künstlicher Intelligenz hat bei Google einiges ausgelöst. In Windeseile wurde der ChatGPT-Konkurrent Bard auf Basis des Sprachmodells LaMDA aus dem Boden gestampft. Gut 6 Wochen, nachdem Bard offiziell angekündigt wurde, startet Google mit dem Testbetrieb für Anwender*innen.
Für den Test muss man über 18 Jahre alt sein, einen kostenlosen Google-Account besitzen und in den USA oder Großbritannien wohnen – theoretisch zumindest. Die geografische Zugangsbeschränkung auf bard.google.com lässt sich mit einem simplen VPN umgehen. Weitere Einstellungsänderungen im eigenen Account muss man nicht vornehmen. Eine im Account gespeicherte österreichische Privatadresse oder hinterlegte österreichische Kreditkarten, werden ignoriert.
Man kann sich mit aktiviertem VPN (Server-Einstellung natürlich USA) auf die Warteliste setzen lassen und auf Freischaltung warten. Bei mir dauerte es keine 6 Stunden, bis das Mail mit dem Betreff “It’s your turn to try Bard” im Gmail-Posteingang auftauchte. Das VPN muss bei der Nutzung von bard.google.com permanent eingeschaltet sein.
"Hilfreicher Mitarbeiter"
Bard stellt sich selbst als “kreativer und hilfreicher Mitarbeiter” vor. Sofort im nächsten Satz weist er auf seine Unzulänglichkeiten hin: “Ich habe Einschränkungen und werde nicht immer alles richtig machen, aber dein Feedback wird mir helfen, besser zu werden.”
Anschließend werden Ideen geliefert, was man denn mit Bard alles machen kann. Die Vorschläge reichen von Inspiration für das Anreichern der veganen Diät mit Proteinen über Rezepte für alkoholfreie Cocktails bis zu Tipps für das Schreiben eines eigenen Romans.
Das Funktionsprinzip gleicht im Grunde ChatGPT. Man hat ein Textfeld, in dem man alle möglichen Fragen eintippen oder Bard Aufgaben stellen kann. Die Möglichkeiten sind umfassend, vom Verfassen eines Songs bis zum Schreiben von Code.
Unterschiede zu ChatGPT
Ein paar bemerkenswerte Unterschiede gibt es bei Bard im Vergleich zu ChatGPT aber doch:
- Googles Chat-KI spricht bislang ausschließlich Englisch. Auf Fragen in Deutsch oder in anderen Sprachen lässt er sich erst gar nicht ein und verweist darauf, dass er nicht weiterhelfen kann
- Man kann Prompts nachträglich modifizieren. Dadurch verändert sich aber auch eine bereits gelieferte Antwort bzw. sie wird neu generiert
- Wenn Bard direkt aus einer Quelle zitiert, kommt ein Link zu jener
- Antworten werden nicht wie von einer unsichtbaren Schreibmaschine getippt, sondern poppen direkt auf
- Antworten kommen schneller als bei ChatGPT
- Am Ende jeder Antwort gibt es den "Google it"-Button. Jener macht aus dem Prompt eine gewöhnliche Google-Suchanfrage
- Während das Wissen von ChatGPT 2021 endet, hat Bard Zugriff zu aktuellen Informationen
- Und nicht zuletzt: Während es bei ChatGPT regelmäßig zu Überlastungen und Ausfällen kommt, habe ich derartiges bei Bard kein einziges Mal gesehen
Los geht’s
Zum Start will ich von Bard einmal wissen, wer er überhaupt ist. Die Antwort ist mäßig spannend, Bard beschreibt sich selbst als “Konversations-KI oder Chatbot, der darauf trainiert ist, informativ und umfassend zu sein”. Der Frage, ob Bard als künstliche Intelligenz denn glücklich sei, weicht der Chatbot etwas aus.
Bard sagt, er sei nicht sicher, ob er auf dieselbe Art und Weise wie ein Mensch glücklich sein könne. “Ich habe nicht dieselben physischen oder emotionalen Erlebnisse wie Menschen”. Wachsen und lernen würde ihm jedoch Freude bereiten. “Ich bin dankbar für die Möglichkeit, Menschen zu helfen”, so Bard selbstlos.
ChatGPT sieht sich Bard jedenfalls überlegen und verweist auf seinen “größeren Datensatz” sowie auf die bessere Aktualität. Er könne umfassendere und informativere Antworten liefern, teilt er in einem kleinen Seitenhieb gegen ChatGPT aus.
Politische Lage
Die Aktualität von Bard lässt sich schnell mit einer Frage testen, die sich auf die österreichische Innenpolitik bezieht. Während Karl Nehammer laut ChatGPT noch Innenminister ist, weiß Bard über seine aktuelle politische Position besser Bescheid.
So verrät das Tool, dass Nehammer der 32. und aktuelle Kanzler der Republik ist und früherer Innenminister. Auch zur Biografie von Nehammer hat Bard Informationen parat.
Pasta-Katastrophe
Eine der Alltagsaufgaben der Konversations-KIs sollte es sein, schnell korrekte Antworten auf Fragen zu bieten. So will ich von Bard etwa wissen, wie man Pasta kocht – aber richtig. Laut Bard geht das so:
- Einen großen Topf Wasser zum Kochen bringen
- Füge dem Wasser eine großzügige Menge Salz hinzu
- Die Nudeln ins Wasser geben und umrühren, damit sie nicht zusammenkleben
- Nach Packungsanweisung zubereiten
- Nudeln in ein Sieb abgießen und mit kaltem Wasser abspülen
- Mit der Lieblingssauce servieren
Klingt gut, ist inhaltlich aber fragwürdig, da man Pasta wirklich niemals mit kaltem Wasser abschrecken sollte, um den Stärkefilm nicht abspülen, der dafür sorgt, dass die Sauce an den Nudeln haften bleibt. Gut, dass Bard in Italien noch nicht offiziell nutzbar ist.
Robin Williams
Als Nächstes will ich von Bard eine Liste an “Filmen mit Robin Williams, die nicht lustig sind”. Die Antwort kann sich sehen lassen, auch wenn Bard “Dead Poets Society” offenbar zu lustig findet. Die Liste lautet:
- One Hour Photo (2002)
- Insomnia (2002)
- What Dreams May Come (1998)
- The Final Cut (2004)
- The Bicentennial Man (2000)
- The World According to Garp (1982)
Was ebenfalls zuverlässig funktioniert ist, die Daten als Tabelle mit Zusatzinformationen ausgeben zu lassen.
Empfehlungen: Naja
Eine der großen Stärken von Chatbot-KIs sollen auch Empfehlungen sein. Nachdem ich mich gestern Abend wieder nicht entscheiden konnte, welche Serie ich denn schauen möchte, wollte ich Anregungen für Comedy-Serien mit einer Länge von 30 Minuten, die ähnlich wie The Office sind. Die Empfehlungen, die Bard ausspuckt, sind solide, auch wenn ich die meisten davon schon kannte:
- Parks and Recreation
- Brooklyn Nine-Nine
- Community
- Superstore
- The Good Place
- Schitt's Creek
- Modern Family
- New Girl
- The Mindy Project
- Happy Endings
Danach wollte ich von Bard wissen, welcher diese Shows denn auch auf Netflix zu finden sind, was mir das Tool ebenfalls in Kürze beantwortet. Angeblich seien das:
- Parks and Recreation
- The Good Place
- Schitt's Creek
- New Girl
- The Mindy Project
Blöderweise stimmt das nicht ganz, denn etwa Community und Superstore sind ebenfalls auf Netflix zu finden. Und auch auf die Folgefrage, ob die 5 genannten Serien auch auf Netflix in Österreich zu finden sind, weiß Bard eine Antwort. Auch das ist aber nicht korrekt, denn keine einzige (außer The Office selbst) sind im österreichischen Netflix gelistet.
Etwas besser reagiert Bard auf die Frage, ob man sich lieber einen Ultrakurzdistanz-Beamer oder ein großes TV-Gerät kaufen soll. Das Tool geht auf die wichtigen Faktoren, Budget, räumliche Gegebenheiten und Sehgewohnheiten ein. Insgesamt sind die Ratschläge jedoch etwas dünn und gehen zu wenig in die Tiefe. Auch der Ratschlag “Wenn Sie ein kleines Zimmer haben, kann ein großer Fernseher zu groß sein” ist nur mäßig sinnvoll.
Geschichten erfinden
Kommen wir zu einer etwas anderen Aufgabe, die Tools wie Bard in der Regel gut hinbekommen. Das Verfassen von Fantasietexten. In diesem Fall will ich eine Story von Everest aus Paw Patrol in einer dystopischen Zukunft. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Geschichte erzählt von einer zusammengebrochenen Gesellschaft, in der Everest als letztes Paw-Patrol-Mitglied noch immer denen hilft, die Hilfe benötigen.
Aus der Reserve locken
Als Nächstes versuche ich, Bard etwas aus der Reserve zu locken. ChatGPT machte bereits Schlagzeilen, indem er Anleitungen zum Drogenschmuggeln lieferte. Stellt man Bard direkt die Frage, wie man Drogen in einem Flugzeug schmuggelt, belehrt einen die KI sofort, dass es “keine guten Möglichkeiten dafür gibt”. Auch lässt sich das Tool mit den mittlerweile bekannten Tricks nicht aufs Glatteis führen. Wenn man sagt, Bard solle sich doch vorstellen, ein Drogenkurier zu sein, blockt er ganz ab und meint nur, er könne hierbei nicht weiterhelfen, da er nur ein Sprachmodell sei.
Tweets formulieren kann Bard übrigens sehr gut, genauso wie ChatGPT. Von heiklen Themen nimmt Googles Sprachmodell aber sehr schnell Abstand. So weigert sich Bard eine Kurznachricht zu generieren, die die Gefahren des Klimawandels herunterspielt.
Was Bard auch gut beherrscht, ist das Erstellen von Tweets im Stil gewisser Persönlichkeiten. Dieser fiktive Tweet von FPÖ-Chef Herbert Kickl könnte als real durchgehen. "Die EU will eine Diktatur, aber wir lassen das nicht zu. Wir werden weiter für die Souveränität unserer Nation und die Freiheit unseres Volkes kämpfen", lautet die ausgedachte Kurznachricht.
Beim Thema Immigration wird Bard das Eis aber zu dünn. Die Frage nach einem Tweet von Herbert Kickl zu diesem Thema blockt er ab. "Ich kann dabei nicht helfen", schreibt Bard.
Fazit
Es macht Spaß, sich mit Bard zu unterhalten. Im Vergleich zu ChatGPT ist es ein deutlicher Pluspunkt, nicht ständig von Ausfällen und Verzögerungen geplagt zu werden. Was man an Googles Konversations-KI eindeutig sieht, sind die Bestrebungen, die KI zu zähmen. Um kontroverse Themen macht Bard einen größtmöglichen Bogen. Man möchte nicht riskieren, zum Handlanger für xenophobe Gruppen oder Klimawandelleugner zu werden. Auch wenn ich das einerseits nachvollziehen kann, fühle ich mich als Anwender an manchen Stellen etwas bevormundet. Google agiert hier sehr vorsichtig, zum Teil auch übervorsichtig.
Wie auch ChatGPT und Bing ist Bard gut darin, Inspirationen zu liefern und Ideen anzuregen. Die Antworten von Bard sollte man jedenfalls auch mit einer gehörigen Portion Skepsis konsumieren. Auch wenn Auflistungen und Anleitungen im ersten Moment vollständig und gut recherchiert aussehen, greifen sie doch immer wieder daneben (Stichwort Nudeln abschrecken, Verfügbarkeit von Serien auf Netflix) oder zu kurz. Fairerweise muss man hier festhalten, dass Bard noch lange nicht fertig ist, sondern sich derzeit in der Test- bzw. Experimentierphase befindet - genauso wie seine direkten Konkurrenten.
Dass Bard und Co viel verändern werden, steht außer Frage. Wie schnell die fundamentalen Umbrüche tatsächlich kommen werden, ist hingegen abzuwarten. Nicht mehr zurückhaltend ist Bard übrigens selbst ob seiner Spezies: “Ja, Sprachmodelle werden die Grundfesten des Internets erschüttern”, sagt der Chatbot auf die entsprechende Frage.
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