IMAX-Chef: "Kinotechnik muss sich ständig erneuern"
Am Donnerstag ging die Premiere des Action-Blockbusters Mission Impossible 5 über die Bühne. Die Wiener Staatsoper, die auch im Film prominent in Szene gesetzt wurde, war dabei die zweite Location weltweit, die für eine Nacht anlässlich einer Filmpremiere zu einem IMAX-Kino umgebaut wurde. Drei Tage dauerte der Aufbau für das Mega-Spektakel, an dem eine Crew von rund 30 Personen fast rund um die Uhr gearbeitet hat. Die futurezone traf den IMAX-Präsidenten für Europa, Andrew Cripps, sowie den Technik-Chef Eric Jacques, der die Aufbauarbeiten von Anfang an begleitet hat, zum Interview.
futurezone: Einen Kinosaal für eine Nacht zu errichten, ist sehr aufwendig. Wann wurde mit der Konzeption begonnen?
Jacques: Im April haben wir uns mit den Technik-Chefs der Oper und dem Team von Paramount zum ersten Mal zusammengesetzt, um darüber zu reden, was aus technischer Sicht alles möglich ist und was nicht.
Was war die größte Herausforderung?
Jacques: Die 17 Meter breite und 9,5 Meter hohe Leinwand unterzubringen. Wir haben für die Wiener Oper eine eigene Leinwand designt, die genau hinein passt und den ganzen Raum ausfüllt.
Gab es etwas, das sie in der Oper nicht verändern durften, wegen der Vorschriften?
Jacques: Ja. Wir durften nichts an der Decke montieren. Prinzipiell haben wir so wenige Eingriffe am Gebäude selbst gemacht, wie nur irgendwie möglich. Die Leinwand stand bei der Premiere da, wo sich normalerweise das Orchester befindet – auf einer Plattform, die wir eigens für die Premiere errichtet haben.
Cripps:Regisseur Christopher McQuarrie ist ein großer Fan von IMAX. Weil der Filmstart nach vorne verschoben wurde, konnte jedoch nicht mit den Kameras gedreht werden, das ist richtig. Bei der Nachbearbeitung des Films hat unser Produktionsteam aber sehr eng mit dem Regisseur zusammengearbeitet.
Was passiert bei der digitalen Nachbearbeitung für IMAX-Kinos und wie lange dauert das für Blockbuster wie Mission Impossible 5?
Jacques: Die Bilder werden so bearbeitet, dass am Ende mehr Details zu sehen sind. Kontrast und Schärfe werden erhöht, damit sich die Zuschauer am Ende so fühlen, als wären sie die Akteure des Films. Künstliche Fehler werden dabei automatisch entfernt. Im Schnitt dauert es mehrere Wochen bis eine Filmproduktion fertig nachbearbeitet wurde. Es hängt am Ende immer vom Regisseur ab.
Für das IMAX steigert sich durch die Premiere vor allem der Bekanntheitsgrad der Marke. Sind weitere Events geplant?
Cripps: Die Wiener Oper ist eine große Weltkulturstätte und etwas ganz Besonderes. Wir haben vor, weitere Locations von Weltrang zu Spezial-Events mit unserer Kinotechnik auszustatten. Konkrete Pläne gibt es noch keine.
Weitere Zukunftspläne?
Cripps: Wir müssen weiter an Innovationen arbeiten, nachdem auch die Technologie für die Heimkinos besser wird. Die Kinotechnik muss sich erneuern. Eine unseren Neuheiten diesbezüglich werden Laser-Projektionen für große Säle. Erste Kinos haben wir schon damit ausgestattet.
Was wird durch Laser-Projektionen besser und was verstehen Sie unter „großen Kinosälen“?
Cripps: Ein Kinosaal muss auf jeden Fall 24 Meter breit sein, um mit Laser-Projektionen arbeiten zu können. Das Filmerlebnis wird dadurch noch besser, weil die Farben noch deutlicher rüberkommen und es einen noch größeren Kontrast gibt. Bei 3D-Filmen gibt es obendrein noch den Vorteil, dass das Bild dadurch heller und schärfer wird.
Jacques: Die technische Implementierung von Laser-Projektionen ist aber noch eine große Herausforderung. Man muss das gesamte Lichtsystem auf einen kleinen Chip bringen und dabei sehr genau vorgehen. Details kann ich aber keine erzählen dazu.
Gibt es bereits Kinos, bei denen Laser-Projektionen zum Einsatz kommen?
Cripps: Ja, in Nordamerika haben wir fünf Locations damit ausgestattet. Im September wird es den ersten Saal in Großbritannien damit geben und Berlin folgt mit Ende des Jahres.
Cripps: Es ist am Ende immer die Entscheidung der Regisseure, ob sie auf 3D setzen oder nicht. Am Anfang ist fast jeder Regisseur auf den Zug aufgesprungen. Deshalb gab es viele Filme, die wir besser nicht in 3D gesehen hätten. Wenn Regisseure gut damit umgehen, 3D von Anfang an einplanen und sich was überlegen, kann 3D eine echte Bereicherung sein. Ich glaube aber, dass wir wieder weniger Hollywood-Filme in 3D sehen werden. Die werden allerdings ziemlich gut sein.
Jacques: 3D ist ein Medium, das sehr effektiv sein kann. Man muss damit aber sehr gewissenhaft umgehen.
Schauen Sie sich persönlich lieber Filme in 3D oder 2D an?
Cripps: Wir hatten ein paar großartige 3D-Filme diesen Sommer wie z.B. Jurassic World. Life of Pi, Avatar waren großartig in 3D. Ich persönlich bevorzuge allerdings große Action-Filme. Und die in 2D.
Neben 3D gibt es auch noch HFR (Higher Frame Rate) und HFR 3D. Wird das für Konsumenten nicht schön langsam zu verwirrend?
Cripps: Ja, es kann die Kinobesucher verwirren, aber für das IMAX ist das kein Nachteil. Unsere Marke existiert seit 45 Jahren und die Menschen wissen, was sie von einem IMAX erwarten können.
Bezüglich Erwartungen. Wir hatten in Wien das erste IMAX neben dem Technischen Museum. Die Besucher liebten die Natur-Dokus, das war für viele ein ganz besonderes Erlebnis und viele verbinden IMAX mit dieser Erfahrung. Wenn sie dann in einen IMAX-Kinosaal in einem großen Megakomplex gehen, sind viele enttäuscht.
Cripps: Für uns war es eine reine kommerzielle Entscheidung. Wir haben noch immer mehr als 100 Kinos in Museen, Wissenschaftszentren und Aquariums, die über ein großes Auditorium verfügen. Aber wenn man als Unternehmen wachsen will, muss man in kommerzielle Multiplex-Anlagen rein. Das Erlebnis bleibt ja trotzdem das Gleiche – es geht uns noch immer um das Verhältnis zwischen Leinwand und Sitzen, das Gesamterlebnis der audiovisuellen Integration des Publikums. Wir als Unternehmen haben im Zuge der Expansion aber schon ein paar Abstriche gemacht. Für den Konsumenten bleibt das Erlebnis aber gleich gut.
Wie sehen die Besucherzahlen von IMAX-Kinos aus, sind diese rückläufig oder wachsend?
Cripps: Das hängt immer stark davon ab, welche Filme gerade laufen. 2015 war bisher ein gutes Jahr. Unser Geschäft hängt stark davon ab, ob auch gute Filme produziert werden, die bei den Konsumenten Anklang finden.
Viele Menschen laden sich Filme, bevor sie ins
Kino gehen, bereits aus dem Netz runter und sehen rein - damit sie sich eben von der Qualität der Filme überzeugen. Nur wenn ihnen gefällt, was sie sehen, gehen sie auch ins Kino und schauen den Film an. Aus Ihrer Sicht gut oder schlecht?
Cripps: Aus der Sicht der Industrie ist es ein ernstes Problem, aber es wird bereits darauf reagiert, in dem die Filmpremieren weltweit relativ zeitnahe zueinander stattfinden. Die globale Premiere von Mission Impossible 5 ist am 23. Juli, bis der Film in Österreichs Kinos zu sehen ist, vergehen keine zwei Wochen. Hier hat die Filmindustrie bereits reagiert.
Also stören Sie illegale Kopien auch dann, wenn Menschen danach trotzdem ins Kino gehen?
Cripps: Ja, weil die ersten Kopien der Filme meistens besonders schlecht sind. Da haben irgendwelche Leute mit einem Camcorder mitgefilmt und die Aufnahmen sind oft verwackelt. Filme sind aber dafür gemacht, um in einem Kino gesehen zu werden.
IMAX bringt gerade die Immersive-Soundtechnologie nach Österreich. Was genau darf man sich darunter vorstellen?
Jacques: Die Kurzfassung: Es hängen zusätzlich zum restlichen Soundsystem noch Extra-Lautsprecher an der Decke. Diese sind an Seilen montiert und schweben über den Köpfen der Besucher. Wenn z.B. im Film ein Helikopter über ein Feld fliegt, hört man dies im Kinosaal dann entsprechend über die verschiedenen Stellen verteilt.
Cripps: Das ist auch eine der Neuheiten, die wir international nach und nach ausrollen. In Österreich gibt es diese Technologie bereits im Cineplexx Graz und im Wiener Apollo-Kino. Zusätzlich zum Bildmaterial wird auch der Sound entsprechend von uns adaptiert.
Werden dann alle IMAX-Filme mit Immersive-Sound ausgestattet?
Cripps: Ja, alle.
Gibt es eigentlich Pläne, Filme abseits von Hollywood in IMAX-Kinos zu bringen?
Cripps: Das ist zeitlich nur sehr schwer möglich. In den Kinos gibt es meistens einen IMAX-Saal und der ist dann für die Blockbuster reserviert. In den USA haben wir Experimente mit „Game of Thrones“ gemacht, das kam auch sehr gut an. Wir überlegen auch die Übertragung von speziellen Musical-Events. Aber einen James Bond wird man dafür nicht extra absetzen.