Ladendiebe werden bald von Drohnen verfolgt
Wenn heute jemand in einem Geschäft etwas einsteckt und damit wegrennt, könnte ein Ladendetektiv das über Überwachungskameras bemerken und den Dieb zu Fuß verfolgen. Sobald der Dieb in ein Auto einsteigt, verliert sich seine Spur aber wahrscheinlich recht schnell.
Das US-amerikanische Sicherheitsunternehmen Flock Safety will das nun mit neuer Überwachungstechnologie ändern. Es hat bisher vor allem Polizeibehörden mit seinen Videodrohnen ausgestattet.
Drone as Automated Security
Sein neues „Drone as Automated Security“-System (DAS) soll privaten Unternehmen helfen, Verkehrsknotenpunkte, Energie-Anlagen, Gesundheitszentren, Logistik-Standorte sowie Einzelhandelsflächen zu überwachen. Auch Privatpersonen können sich theoretisch zusammenschließen, um Flock-Drohnen in ihrem Stadtteil einzusetzen.
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Lässt ein Ladendieb etwa in einer Mall etwas mitgehen und fährt mit dem Auto davon, kann eine Videodrohne vom Dach aus starten und diesen im Umkreis von gut 6 Kilometern verfolgen. Die Aufnahmen der Drohne könnten dem Sicherheitsteam der Mall übermittelt werden, aber auch direkt an die Polizei weitergegeben werden.
Video und Wärmebild
„Die Drohne verfolgt die Leute. Die Leute steigen in ein Auto ein. Du klickst auf einen Knopf und verfolgst das Fahrzeug mit der Drohne, die Drohne folgt dem Auto einfach“, erklärt Keith Kauffman, Direktor des Drohnenprogramms von Flock gegenüber MIT Technology Review.
Das DAS-System kombiniere die Reaktionsfähigkeit eines Wachmanns, die Reichweite eines Kameranetzwerks und die Geschwindigkeit der Automatisierung. Gleichzeitig könne es Kosten senken, weil der Personalaufwand reduziert werde, beschreibt Flock Safety in einer Presseaussendung.
Die Drohnen können bis zu 45 Minuten lang in der Luft bleiben und bewegen sich dabei autonom, so der Hersteller. Sie übermitteln in Echtzeit HD-Video und Wärmebildaufnahmen. Dem System liege die „Drone as First Responder“-Technologie zugrunde, die bereits von tausenden Polizeibehörden in den USA verwendet würde. Diese Drohnen sollen schneller an Tatorten sein als Beamte das können, um sofortige Videoaufnahmen anzufertigen.
Noch keine größeren Kunden
Flock Safety gibt an, dass das DAS-System mit Drohnen-Vorschriften der FAA kompatibel sei. Die Drohnen seien Geofencing-fähig (also nur in bestimmten Gebieten fliegen), könnten Hindernisse vermeiden, präzise landen und ihre Aktivitäten vollständig protokollieren.
Außerdem könne DAS in bestehende Alarmanlagen- bzw. Überwachungssysteme integriert werden. Laut MIT Technology Review hat das Unternehmen derzeit noch keine Verträge zum Einsatz des DAS-Systems bei großen privatwirtschaftlichen Akteuren unterschrieben.
Kritik an möglicher Totalüberwachung
Kritik kommt u. a. von Bürgerrechtsgruppen, die Totalüberwachung befürchten. Denn Flock Safety bietet nicht nur Video-Drohnen für Polizei und Privatunternehmen, sondern auch Bodycams für Polizeibeamte und Verkehrsüberwachungs- bzw. Kennzeichen-Erfassungssysteme an.
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Rebecca Williams, Strategin bei der Bürgerrechtsorganisation ACLU, erklärt gegenüber MIT Technology Review, dass die verfassungsmäßig abgesicherten Privatsphäre-Bestimmungen in den USA zunehmend ausgehöhlt würden. Die Regierung könne heute einfach Daten von privaten Überwachungsdienstleistern kaufen, für die sonst ein Durchsuchungsbefehl nötig wäre.
Kennzeichen-Erfassung im öffentlichen Raum und am Campus
Die Befürchtungen sind alles andere als aus der Luft gegriffen, wie ein kürzlich von NBC News beschriebener Fall zeigt: Ein Mann aus Norfolk in Virginia verklagte seine Stadtverwaltung, um herauszufinden, wie weit die Überwachung des öffentlichen Raums durch Equipment von Flock Safety geht. Aus den Gerichtsdokumenten geht hervor, dass ihn die 176 Kameras auf dem Stadtgebiet zwischen Februar und Juli dieses Jahres durchschnittlich 4 Mal täglich erfassten.
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Auch die University of Arizona erfasst mithilfe der Kennzeichen-Erfassungs-Geräte von Flock, welche Fahrzeuge sich auf dem Campus bewegen. Die Daten würden an die lokale Polizeibehörde weitergegeben, um Straftaten und andere Vergehen zu untersuchen, wie Tucson.com berichtet. Studierende und die lokale Universitätsgewerkschaft befürchten, dass dadurch die Meinungsäußerung beschränkt wird. Außerdem könnten die Daten in die Hände der brutal agierenden US-Grenzschutzbehörde ICE fallen.