MasterCard: Handy ersetzt Kreditkarte
"Wir haben vier bis fünf Jahrzehnte gebraucht, um von Papiergeld und Schecks auf ‚Plastikgeld‘ umzusteigen. Die Ablöse durch digitale Bezahlformen, also elektronisch und mobil getätigte Zahlungen wird nur vier bis fünf Jahre dauern", meint George Simon, MasterCard-Präsident für die Region Central Eastern Europe, zu der auch Österreich gehört. Durch biometrische Funktionen wie Gesichtserkennung, Fingerprint und Pulsmessung soll das Zahlen mit Handys und Smartwatches in Zukunft noch bequemer und sicherer werden.
Alle Bankomatkarten NFC-fähig
Im Vergleich zu Ländern wie Polen, Tschechien oder der Slowakei nehmen Kunden neue Angebote wie das kontaktlose Bezahlen in Österreich zwar zögerlicher an. Mit Entwicklungen wie der mobilen Bankomatkarte, die ab kommendem Jahr landesweit verfügbar sein soll (die futurezone berichtete) und der starken Präsenz österreichischer Banken in Osteuropa mische Österreich bei innovativen Entwicklungen aber ganz vorne mit. In Österreich wurden bisher 50.000 von 130.000 Bezahlterminals mit Kontaktlos-Technologie aufgerüstet, bis Ende des Jahres dürften zudem alle der 9 Mio. im Umlauf befindlichen Bankomatkarten mit NFC ausgestattet sein.
"Wer heute nicht alles tut, um im digitalen Zeitalter vorne mitzumischen, ist in zehn Jahren Geschichte", sagt David Dechamps, der bei MasterCard für zukünftige Bezahllösungen verantwortlich ist. "Früher mussten Anbieter wie MasterCard sich nur um Kunden, Händler und Banken kümmern. Jetzt kommen Gerätehersteller wie Apple, Google und Samsung, Mobilfunker, aber auch neue Konkurrenz im Bereich der Fintechs hinzu. Wie schnell ein einziger Player zur Großmacht werden kann, zeigt der Erfolg von PayPal", so Dechamps im futurezone-Interview.
Eine Karte - viele Geräte
In Zukunft werde man die eigene Kredit- oder Bankomatkarte - MasterCard ist über Maestro mit an Bord - auf mobilen Geräten, aber auch in digitalen Geldbörsen im Computer gespeichert haben. Um das Risiko zu minimieren, wird die Karte verschlüsselt mit den entsprechenden Geräten verknüpft. Der hinterlegte Zifferncode stimmt mit der Kartennummer nicht überein – wird er ergattert, kann er nur in Kombination mit dem bestimmten Gerät verwendet werden. Geht das Gerät verloren, wird auch nur die für dieses Gerät hinterlegte Ziffernkombination deaktiviert. Die Hauptkarte und die auf anderen Geräten gespeicherten Entsprechungen müssen nicht ausgetauscht werden.
Statt der wenig fälschungssicheren Unterschrift, die bisher etwa bei Kreditkartenzahlungen getätigt werden musste, wird die Transaktion mittels Fingerprint am Gerät selbst sowie per PIN-Eingabe freigegeben. In Zukunft könnten aber auch andere biometrische Merkmale wie Gesichtserkennung oder das Messen des eigenen Pulses herangezogen werden, um den Karteninhaber zu autorisieren. So konnten Forschungsteams nachweisen, dass jeder Mensch ein bestimmtes Herzschlag-Profil haben, das zur Identifizierung – etwa über eine Smartwatch – verwendet werden kann.
Komfortabel und sicher
„Bislang musste man sich in der digitalen Welt stets zwischen einfacher Handhabe und größtmöglicher Sicherheit entscheiden – durch die neuen Technologien ist erstmals beides möglich“, ist Dechamps überzeugt. Um die Kartendetails verschlüsselt auf dem Gerät zu speichern, sind drei verschiedene Wege möglich. Einerseits können die Informationen in einem sicheren Element direkt auf der SIM-Karte abgelegt werden, was die Zusammenarbeit mit Mobilfunkern voraussetzt. Die österreichische Handy-Bankomatkarte wird auf diesem Weg realisiert werden.
Eine weitere Möglichkeit sieht vor, dass die Karteninformationen in einem abgekapselten Element auf dem Smartphone gespeichert wird, wie es etwa Apple und Samsung mit ihren Bezahlsystemen vormachen. Der dritte Weg, den MasterCard vor allem bei Android-Geräten vorsieht, ist das Ablegen der Daten in der Cloud. Laut Dechamps bietet die Cloud-Lösung den Vorteil, dass Banken maßgeschneiderte Lösungen anbieten können, ohne sich um die sichere Verwahrung sensibler Daten auf dem Handy bzw. der SIM-Karte kümmern zu müssen. Eine ständige Web-Verbindung ist für die cloud-basierte Lösung übrigens nicht notwendig. Schlüssel, die für Transaktionen notwendig sind, werden auf Vorrat im Hintergrund nachgeladen.
PayPal-Alternative MasterPass
Im Online-Handel versucht MasterCard indes nach PayPal-Vorbild einen digitalen Bezahlservice namens MasterPass zu etablieren. Anstatt sich bei jedem Einkauf in einem Online-Shop registrieren sowie Adresse und Kreditkarten- oder Bankverbindungsdaten angeben zu müssen, werden diese einmal in der digitalen Geldbörse hinterlegt. Der Einkauf inklusive Bezahlvorgang kann dann mit wenigen Klicks am Computer oder eben am Handy durchgeführt werden. In Österreich wird das System im ersten Quartal 2016 in Kooperation mit den Banken eingeführt. In anderen Ländern wie Deutschland, Tschechien, Polen und Ungern ist es bereits bei Online-Händlern im Einsatz.
Die Debatte, ob mit dem Bezahlen per Karte anstelle von Bargeld auch ein Stück weit Anonymität verloren gehe, sieht MasterCard-Manager Dechamps gelassen. „Ich persönlich finde es bequemer mit Karte zu zahlen, in vielen Ländern wie Skandinavien sehen das auch große Teile der Bevölkerung so. Weiß meine Bank damit, dass ich gestern Milch gekauft hab? Ja, aber es ist mir eigentlich egal“, sagt Dechamps im futurezone-Interview. Zudem werde ja niemand gezwungen, bargeldlos zu zahlen. „Ich denke die Konsumenten werden das selber entscheiden, was ihre präferierte Zahlungsmethode ist“, so Dechamps.