Teurer und mehr gelbe Zettel: Was sich beim Online-Shopping ändert
Wer regelmäßig im Internet shoppt, bekommt seine Waren nicht immer aus dem EU-Raum zugeschickt. Oft ist den Einkäufer*innen gar nicht bewusst, dass ihr T-Shirts, Schuhe oder Elektrogeräte aus Fernost verschickt werden, wenn sie über den Amazon Marketplace, Ebay, oder Wish gekauft werden. Schmerzhaft ist das Erwachen dann, wenn der oder die Zusteller*in an der Tür Einfuhrumsatzsteuer oder Zoll erhebt, weil die Sendung aus einem EU-Drittland stammt.
Und genau das wird ab 1. Juli nun deutlich öfter vorkommen, denn ab dann entfällt die Steuerfreigrenze von 22 Euro. Das heißt, dass bei jeder Sendung – unabhängig vom Warenwert – 20 Prozent Einfuhrumsatzsteuer fällig werden, wenn sie aus dem EU-Ausland kommt.
Berechnungsgrundlage sind immer Verkaufspreis plus Versand. Betroffen sind alle Sendungen, die ab Donnerstag in Österreich eintreffen – unabhängig vom Kaufdatum. Bei den Zollgebühren - sie sind immer von der Art der importieren Waren abhängig und werden unabhängig von der Einfuhrumsatzsteuer verrechnet - ändert sich nichts, sie werden ab einem Warenwert von 150 Euro eingehoben.
Abgerechnet werden die neuen Gebühren entweder vorab per IOSS (siehe unten). Geschieht dies nicht, werden sie von der österreichischen Post eingehoben, was noch zusätzlich für Mehrkosten sorgt. Die Bearbeitungsgebühren sind gestaffelt, wie Post-Sprecherin Kathrin Schrammel gegenüber der futurezone erklärt. Bei einem Warenwert bis 150 Euro liegt die Pauschalgebühr bei 5 Euro. Über 150 Euro werden 10 Euro Gebühr fällig.
Rechenbeispiel
In der Praxis bedeutet dies für Kund*innen unter Umständen erhebliche Mehrkosten beim Shoppen im EU-Ausland. Im folgenden Rechenbeispiel wird das deutlich: Angenommen, man kauft sich ein T-Shirt aus China bei Aliexpress um 10 Euro mit 5 Euro Versand. Die 15 Euro werden beglichen, das Paket wird verschickt. Die Kosten gestalten sich dann wie folgt:
- Warenwert plus Versand: 15 Euro
- Einfuhrumsatzsteuer: 3 Euro
- Bearbeitungsgebühr Post: 5 Euro
- Gesamt: 23 Euro
Noch teurer wird es, wenn Unterlagen zur Versteuerung unvollständig sind oder ganz fehlen - also wenn dem Paket keine Rechnung oder sonstige Informationen zum Warenwert beiliegen. Dann obliegt es dem oder der Empfänger*in, diese nachzureichen. Die Post verrechnet dann ein Bearbeitungs- und Lagerentgelt in Höhe von 24 Euro – unabhängig vom Warenwert. „Dieser Betrag dient zur Abdeckung des erhöhten Aufwands (Kontaktaufnahme, Einlagerung und Auslagerung) der den Kund*innen weiter verrechnet wird“, so Schrammel.
Die Post verweist dabei auch auf den hohen Aufwand: „Um diese neuen und aufwendigen Abläufe reibungslos zu gestalten, waren viele Investitionen in technische Infrastruktur, neue Lagerkapazitäten, IT-Prozesse und Personal nötig. Rund 100 zusätzliche Fachkräfte sind bei der Post mit Tätigkeiten in diesem Zusammenhang betraut“, sagt Schrammel.
Gebühr entfällt bei IOSS
Die Bearbeitungsgebühr fällt nur dann an, wenn die Einfuhrumsatzsteuer bzw. der Zoll nicht schon vorab verrechnet wurde. Möglich ist das über das elektronische System IOSS – Import One Stop Shop. Dabei bezahlen die Kund*innen den entsprechenden Betrag bereits dann, wenn der Kauf abgeschlossen wird. Dass der Betrag beglichen ist, wird anschließend in den Einfuhrdokumenten des Pakets vermerkt.
Folgende Marktplätze werden laut Informationen der österreichischen Post ihren chinesischen Onlinehändlern die IOSS-IDs zur Verfügung stellen:
- Amazon
- Aliexpress
- Alibaba
- Wish
- Ebay
Das heißt aber natürlich nicht, dass auch alle Händler das System nutzen. Hier bleibt Kund*innen nichts anderes übrig, als selbst darauf zu achten, ob die Einfuhrumsatzsteuer bereits bei der Kaufabwicklung verrechnet wird oder nicht, sofern die Ware aus dem EU-Ausland kommt.
Aktuell (Ende Juni) findet sich bei der futurezone-Nachschau auf Aliexpress zumindest noch kein Händler, der die Steuer bei der Kaufabwicklung abrechnet.
Einfuhrumsatzsteuer auf alles
Künftig werden somit also bei so gut wie jeder Sendung aus EU-Drittländern Gebühren fällig. Bislang war es so, dass zahlreiche Pakete „durchgerutscht“ sind. Das lag einerseits daran, dass viele Sendungen tatsächlich einen Warenwert von unter 22 Euro aufweisen.
Andererseits ist es auch gängige Praxis, dass Händler auf dem Paket einen geringeren Wert als den tatsächlichen angeben. Ein T-Shirt, für das mit Versand eigentlich 25 Euro fällig waren, war auf dem Etikett plötzlich nur mehr 10 US-Dollar wert. Kontrollen gab es nur stichprobenartig. Dieses Vorgehen war auch ein Mitgrund für die neue Regelung.
Mehr gelbe Zettel
Insgesamt sind pro Jahr 7 Millionen Sendungen von der Regelung betroffen, heißt es von der Post. Was das ebenfalls unweigerlich bedeuten wird, sind mehr gelbe Zettel in den Briefkästen der Österreicher*innen. Kleine Sendungen mit geringem Warenwert sind bislang einfach im Postkasten – oder an einem sicheren Abstellort - gelandet. Künftig wird bei vielen dieser Pakete kassiert werden müssen. Öffnet dem Postbediensteten niemand die Tür, muss man also den Weg ins Postamt antreten.
Bei der Post will man gegenüber der futurezone zwar nicht konkret in diese Richtung spekulieren, schließt allerdings auch nicht aus, dass es darum zu mehr Hinterlegungen in den Postämtern kommen wird.
Wie geht sich das aus?
Für Händler in Fernost ist der Versand nach Europa seit jeher lukrativ. Das liegt an den niedrigen Versandkosten, die für sie bei internationalen Sendungen anfallen. Ein Paket von Graz nach Klagenfurt zu schicken ist nicht selten teurer, als es vom chinesischen Shenzhen nach Klagenfurt zu versenden.
Verantwortlich dafür sind die unterschiedlichen Tarife, die sich Postbetreiber gegenseitig und in weiterer Folge ihren jeweiligen Kunden verrechnen. Grundlage sind Abmachungen der verschiedenen Postbetreiber über den Weltpostverein mit Sitz in Bern.