Wie Schiffe GPS-Koordinaten faken, um Gesetze zu umgehen
Forscher*innen sind Hunderte Schiffe aufgefallen, bei denen die GPS-Koordinaten nicht mit ihrer wirklichen Position übereinstimmten. Dahinter stecken schmutzige oder sogar komplett illegale Geschäftspraktiken, wie die New York Times berichtet.
GPS-Daten von großen Schiffen wie etwa Tankern oder Frachtschiffen zu verfälschen, ist laut internationalem Recht verboten. Bis in jüngster Vergangenheit wurde auch angenommen, dass sich die meisten Schiffe daran halten. Doch im vergangenen Jahr konnte das Datenunternehmen Windward mindestens 500 Schiffe ermitteln, die ihren Aufenthaltsort verschleiert hatten.
Sanktionen befeuern GPS-Manipulation
Die Technologie, mit der die Daten manipuliert werden, ähnelt dabei einer VPN-App, die man auch auf PCs und Smartphones installieren kann. Kaum ist sie aktiviert, ist das Schiff an einem anderen Ort auf der Welt.
Die Methode wurde etwa von chinesischen Fischereiflotten verwendet, um ihre Routen vor Südamerika zu verbergen. Öltanker verschleiern Aufenthalte in iranischen Häfen und Frachtschiffe verändern ihre Schmuggler-Routen im Mittleren Osten.
Die Praktiken zeigen, wie einfach es ist, GPS-Technologie zu täuschen und damit Gesetze zu umgehen. Durch die europäischen und US-amerikanischen Sanktionen gegen Russland nehmen russische Schmuggelfahrten auf den Weltmeeren zu. Doch nicht nur Russland würde von den GPS-Manipulationen profitieren, auch China verschleiert ihre illegale Hochseefischerei. Aber auch europäische Schiffsunternehmen würden die Methode nutzen.
Öl aus Venezuela
Windward fiel die erste Manipulation Anfang vergangenen Jahres bei einem Tanker vor der Küste Venezuelas auf. Dieser trieb mehrere Wochen lang am selben Fleck - ungewöhnlich für ein Schiff, dessen Betrieb mehrere 10.000 Dollar pro Tag kostet. Zudem führte der Tanker hin und wieder unmögliche Navigationen durch, wie etwa eine 180-Grad-Drehung innerhalb von wenigen Minuten.
Stattdessen lag der Öltanker aber die ganze Zeit im Hafen von José im Osten Venezuelas an. Da die USA jedoch den Handel mit Venezuelas staatlichem Öl-Konzern verbietet, nutzen immer mehr Tanker diese Verschleierungstaktik, um so nicht auf der schwarzen Liste von US-Banken, Versicherungsgesellschaften und Kunden zu landen.
Terror-Potenzial vorhanden
Während diese Art von GPS-Manipulation früher ausschließlich vom Militär genutzt wird, findet sie sich jetzt immer häufiger auf kommerziellen Schiffen. Der Krieg in der Ukraine scheint die Ausbreitung zusätzlich zu beschleunigen. So nahmen beobachtete GPS-Manipulationen im Schwarzen Meer nach dem russischen Einmarsch im Februar deutlich zu. Zur gleichen Zeit warf die Ukraine Russland vor, Exporte von gestohlenem ukrainischen Getreide durchzuführen.
Man darf davon ausgehen, dass nach den Schiffen auch Flugzeuge gefälschte GPS-Signale nutzen werden, um ihre Routen zu verschleiern. Diese nutzen nämlich ein ähnliches System, um ihren Live-Aufenthaltsort zu übermitteln. Nicht nur für Schmuggler*innen wäre das interessant - auch Terrorgruppen dürften Interesse an dieser Technologie haben.