Zukunftsreisen im Jahr 2050 per Zug- und Flugzeug-Mix
Auf der Verkehrsmesse InnoTrans in Berlin konnte man heuer in einem eigenen Bereich namens "Future Mobility Park" in die Transportwelt der Zukunft eintauchen. Hier bekam man unter anderem zu sehen, wie Reisen im Jahr 2050 funktionieren soll - auch wenn die gezeigte Vision durchaus einer noch entfernteren Zukunft entstammen könnte. Das britische Transportdesign-Beratungsunternehmen Studio Globe zeigte sein Konzept "The Horizon System", das eine Verbindung von Flug- und Schienenverkehr vorsieht.
Den Flaschenhals sprengen
Studio Globe hat im Auftrag von Airbus, Bombardier, Siemens und der Deutschen Bahn ein Transportsystem erfunden, welches die beschleunigte Lebensweise der Gegenwart konsequent weiterführt. "Flughäfen sind heute riesige Flaschenhälse. Sie verlangen Passagieren viel Zeit ab", meint Andrew Flynn von Studio Globe. Beim Horizon System sollte der Weg und die Zeit bis zum Abflug verkürzt werden.
Gleichzeitig hat man versucht, den Flughafen als gigantischen Moloch abzuschaffen, ihn zu verkleinern und zu dezentralisieren. Das Gesamtsystem besteht nun aus nonstop fliegenden Nurflügel-Flugzeugen und Zügen oder Magnetschwebebahnen, die als Module an die Unterseite des Flugzeugs angedockt werden. Die Züge, SkyPods genannt, sammeln an mehreren Stationen in einer Stadt Passagiere auf. Diese haben samt ihrem Gepäck zuvor in ihrer Bahnstation einen Security-Check durchlaufen.
Andocken am Flugzeug
Die SkyPods werden sodann auf eine gerade Strecke geschickt, die sozusagen die Landebahn für das Flugzeug, beziehungsweise das SkyShip, darstellt. Das anfliegende Flugzeug landet quasi über den SkyPods, nur kommt es dabei nie zum Stillstand. Über einer Magnetschiene schwebend wird das Flugzeug aufgeladen - es fliegt mit Elektromotoren. Währenddessen werden jene SkyPods, deren Passagiere ihr Ziel erreicht haben, auf die Schienen abgesenkt und andere SkyPods werden angedockt.
Das SkyShip wird danach elektromagnetisch beschleunigt und hebt ab. Das Ganze funktioniert wie bei einer Railgun. Die Passagiere der verschiedenen SkyPods können nun das SkyShip betreten und erkunden. Zu den Hauptattraktionen des Fliegens im Jahr 2050 zählt laut Studio Globe ein Abstecher in die SkyBar, die glasummantelte Spitze des Flugzeugs mit Rundum-Ausblick.
The Horizon System from Mason Holden on Vimeo.
Ankunft im Stadtzentrum
Unterdessen werden ankommende Passagiere vom Flugfeld am Rande der Stadt in ihren SkyPods direkt zu ausgewählten Zielbahnhöfen in zentralerer Lage gebracht. Vom Flugzeugsitz gelangen sie wesentlich direkter ins Hotel oder in die Wohnung als bisher. Der Zubringerverkehr zu Flughäfen entfällt völlig.
Alternativ zum Elektroantrieb des Flugzeugs kann fossiler Treibstoff in den SkyPods mitgeführt werden. Abflugbereite SkyPods beinhalten dann Passagiere, Gepäck und volle Kerosintanks, während die ankommenden Pods nach dem Abliefern der Passagiere und ihrem Gepäck zum Auftanken geschickt werden.
Zeit effizienter nutzen
Die Möglichkeiten der Separierung des Frachtteils von Flugzeugen in SkyShip und SkyPods hat bei Studio Globe zu einem zweiten Planungsschritt geführt. Die grundlegende Frage dabei: Wie kann der Boarding- und Service-Zeitraum im Flugbetrieb verkürzt werden?
Im derzeitigen Modell dauert es im Schnitt 35 Minuten, bis ein Kurzstreckenjet nach der Ankunft von einer Reihe von Fahrzeugen umringt und bearbeitet wird. Währenddessen stehen Passagiere in der Schlange und benötigen manchmal mehr Zeit für das Boarding und Deboarding, als der Flug dauert. Das Ganze verursacht Stress bei den Passagieren und finanzielle Verluste für Fluglinien.
Studio Globe verglich den Vorgang mit dem Haltestellen-Aufenthalt einer U-Bahn. Dieser dauert im besten Fall nur 15 Sekunden, obwohl eine vergleichbar große Zahl an Passagieren aus- und zusteigt. Mit dieser Inspiration wurde ein Konzept namens "Shift" entwickelt, das Anleihen am " Horizon System" nimmt.
Passagiere im Container
Bei Shift werden mobile Pods auf Rädern eingesetzt, in denen Passagiere und ihr Gepäck Platz finden. Der Innenraum von Flugzeugen ist so gestaltet, um einen oder mehrere solcher Pods aufzunehmen. Die Pods werden einfach über Laderampen am Flugzeugheck in das Innere gerollt und dort verankert. Wie bei einem Frachtflugzeug sitzen die Passagiere also in Transportcontainern, allerdings großen und komfortablen.
Die austauschbaren Pods sollen in Standardgrößen gefertigt werden. Dadurch sollen sie mit Flugzeugtypen unterschiedlichster Hersteller kompatibel sein. Aus der Modularität der Lösung könnten ganz neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen, meint Andrew Flynn: "Die Pods könnten beispielsweise von einem Unternehmen stammen, das Flugzeug von einem anderen."
Pods auch auf Zügen
Studio Globe hat für sein Shift-Konzept Materialzusammensetzungen erforscht und Kostenberechnungen durchgeführt. "Im Vergleich zu den derzeitigen Modellen ist unseres wesentlich effizienter", meint Flynn. Die Trennung von Flugzeug und Passagierkabine könnte seiner Ansicht nach auch zu neuen Kollaborationen von Zug- und Luftfahrtunternehmen führen. Pods könnten nicht nur auf Flughäfen eingesetzt werden, sondern auch als Passagiertransporter auf Bahnstrecken dienen.
Auftraggeber Airbus war angeblich von den Studio-Globe-Konzepten begeistert. Die Umsetzung der Ideen setzt allerdings internationale Zusammenarbeit voraus. Aber bis zum Jahr 2050 bleibt ja noch ein wenig Zeit.