Games

Das war die Gamescom 2022: Wie früher, nur besser

Die Spielemesse Gamescom kehrte nach einer 2-jährigen Pandemie-Pause nach Köln zurück. Nach 5 Tagen endete das Zusammentreffen von Fans, Entwickler*innen und Industrievertreter*innen.

Obwohl im Vorfeld gemunkelt wurde, die Absagen von großen Ausstellern wie Nintendo, EA und PlayStation könnten der Messe schaden, kehrte die Gamescom-Stimmung in die Hallen zurück - nur eben ein bisschen leiser als früher. 

Man merkte schon am Fachbesucher*innen-Tag, dass alles weitläufiger und kleiner ist. In der Business-Area, die nur für Presse und Fachbesucher*innen vorgesehen ist, blieb eine ganze Halle geschlossen. In den Besucherhallen gab es mehr Platz zwischen den einzelnen Ständen.

Die Publisher gaben sich mit schön gestalteten Räumen aber große Mühe, den Fans gute Unterhaltung zu bieten. Nicht nur mit riesigen Ziegen und SpongeBob-Figuren, sondern auch mit Wrestling Shows für AEW: Fight Forever (THQ Nordic) und einem Metall-Konzert für Metal: Hellsinger (Funcom).

Die Indie Arena Booth war auch in diesem Jahr wieder der Stand, für den man mindestens 2 ganze Messetage einplanen müsste, um all die schönen, emotionalen, verrückten, lustigen und traurigen Spiele dort auszuprobieren. Sie und der gesamte Indie-Bereich der Gamescom selbst bekamen durch das Fehlen der großen Triple-A-Titel noch mehr verdiente Aufmerksamkeit.

Ich hoffe aber trotzdem, dass im kommenden Jahr wieder alle großen Publisher das Geld in die Hand nehmen - das sie durch Spieleverkäufe verdienen - und zurück zur Besuchermesse kommen. Denn in meinen Augen sollte es bei Events wie der Gamescom in erster Linie darum gehen, die Fans glücklich zu machen: Ihnen schöne Stände mit Foto-Ops, Goodies als Erinnerung und unterhaltsame Shows zu bieten. Rein kommerziell gesehen müssen die großen Unternehmen das natürlich nicht anbieten, denn sie verkaufen Games und keine Messe-Tickets. Wenn man aber durch die Hallen geht und sieht, wie sich Menschen über die kleinsten Möglichkeiten freuen, ihre Lieblingsspiele vor Ort zu erleben, dann wäre das doch ein guter Grund als Publisher zur Gamescom zu fahren, zumindest wenn man mich fragt.

Es menschelt wieder

Die offiziellen Besucher*innenzahlen sind mit 265.000 deutlich unter den 373.000 von 2019. Das hat sich bemerkbar gemacht. Es war zwar nach wie vor voll in den Hallen, aber man konnte sich zumindest am Donnerstag und Freitag noch einigermaßen normal auf den Gängen bewegen. Dass aber trotz der Pandemie wieder viele gekommen sind zeigt vor allem eins: Spielen ist ein gemeinsames Hobby.

Manche verkleiden sich ein bisschen, viele Cosplayer*innen begeistern mit komplexen Kostümen. Es gibt tolle Zufalls-Bekanntschaften, wie jene der Journalistin Leo Irion, die das Foto eines Mannes auf Twitter postete, der am Fachbesucher*innen-Tag mit einem riesigen Plüsch-Penis am Rucksack unterwegs war (und dem auch wir mehrfach begegnet sind). Das führte wenig später zu einem gemeinsamen Selfie, der Hintergrundgeschichte zum Plüsch-Penis und weiteren Plüsch-Penis-Verkäufen (denn diese gab es in der Merchandise-Halle). Das hat mehr Gamescom-Spirit als jeder Dubstep-spielende Publisher-Stand.

Corona-Trolle

Leider sind nicht alle Menschen so freundlich. Manche haben es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht, andere zu bedrohen und ihnen jeglichen Spaß zu nehmen. Diese Personen posteten auf Twitter Fotos von positiven Corona-Tests und prahlten damit, sie seien trotzdem auf der Messe gewesen. Ob es sich um Trolle handelt oder ob wirklich Menschen bewusst das Leben von anderen in Gefahr bringen, lässt sich natürlich schwer sagen. Es führt dennoch dazu, dass man sich trotz (freiwilligem) Masketragen und Hygienevorschriften ein bisschen unsicher fühlte.

Auf futurezone-Nachfrage teilten die Veranstalter Koelnmesse mit: "Die Sicherheit und das Wohlbefinden der Gamescom-Besucherinnen und -Besucher stehen für die Koelnmesse und den game-Verband an oberster Stelle. Darum verurteilen wir das unverantwortliche Verhalten aufs Schärfste. Wir gehen allen bekannten und gemeldeten Fällen konsequent nach und sperren bei bestätigtem Fehlverhalten auch entsprechend Tickets. In vielen Fällen handelt es sich allerdings tatsächlich um Fake-Posts, bei denen die Urheberinnen und Urheber Fotos aus dem Internet von positiven Corona-Tests nutzen. Grundsätzlich fordern wir alle, die nachgewiesen COVID-positiv sind, dazu auf, dem Gelände fernzubleiben und sich entsprechend der aktuellen, gesetzlichen Richtlinien zu verhalten." Laut der Corona-Verordnung des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfahlen ist das Nichteinhalten der Quarantäne-Regeln bei einem positiven Test strafbar.

Brauchen wir die Gamescom noch?

Ob solche Momente dafür sorgen, dass physische Veranstaltungen irgendwann obsolet sind? In den vergangenen Jahren haben viele Veranstalter versucht, Online-Festivals als Ersatz für Messen anzubieten, um solche Vorfälle zu vermeiden. Bevor ich zur Gamescom gefahren bin, habe ich mich also gefragt, ob man sie überhaupt noch braucht. Spieleentwickler und Creative Director bei Obsidian, Josh Sawyer, ist überzeugt, dass es sie auch in Zukunft geben wird - auch wenn es ein wenig beunruhigend bleibe, sich in geschlossenen Räumen mit großen Menschenmassen zu bewegen. 

"Es ist ein bisschen surreal, aber schön, mit den Fans reden zu können. Zu sehen, wie sie mein Spiel spielen, ist großartig." Er stellte heuer sein Projekt "Pentiment" vor (mehr dazu in unseren Gamescom-Tipps). Für ihn sei es wichtig zu sehen, wie Besucher*innen auf sein Spiel reagieren, ob sie stehenbleiben oder weitergehen. "Das ist viel natürlicher und organischer als bei einem geplanten Remote-Play-Test."

Kunst braucht Zusammenarbeit

Auch die Beraterin und Vortragende Kate Edwards stimmt dem zu. Sie arbeitet seit fast 30 Jahren in der Gamesbranche und unterstützt Entwickler*innen dabei, komplexe kulturelle und politische Inhalte in ihren Spielen mit der nötigen Sensibilität zu behandeln. Sie kennt Conventions wie die Gamescom also gut. Für sie fühlt es sich so an, als wäre die 2-jährige Pause nie passiert, obwohl sie genau wisse, dass das nicht stimmt. "Aber das ist auch ermutigend. Es fühlt sich fast wieder normal an".

Spiele seien eine Kunstform und dafür brauche es Zusammenarbeit. Die sei einfach besser, wenn sie gemeinsam an einem Ort stattfindet. Das Bedürfnis für menschliche Interaktion sei generell unvermeidbar, erklärt sie. Trotzdem bleibe es wichtig, hybride Events zu machen, Talks online zu streamen und Möglichkeiten zu bieten, auch von zuhause aus mitwirken zu können. "Menschen die aus sozialen, wirtschaftlichen, politischen oder anderen Gründen nicht teilnehmen können, sollen nicht vergessen werden."

Dem kann nicht nur ich zustimmen: Auch die vielen Kolleg*innen, Entwickler*innen, Branchenvertreter*innen und natürlich Besucher*innen, mit denen ich persönlich gesprochen habe, vertreten diese Meinung. Alle waren froh, die Gamescom wieder besuchen zu können. Ich auch und ich bin guter Hoffnung, im kommenden Jahr wieder durch die Hallen hetzen zu können und so viele Spiele wie möglich an viel zu kurzen Messetagen zu spielen. 

Disclaimer: Die Pressereise zur Gamescom wurde vom Österreichischen Verband für Unterhaltungssoftware (ÖVUS) und futurezone bezahlt.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

mehr lesen