Games

Salzburger Firma bringt Spielepiraten zum Verzweifeln

Es ist ein wenig ironisch, dass die Meldungen einer Crackergruppe dafür sorgen, dass eine gute Kopierschutzmaßnahme sich noch weiter verbreitet. Auch die in öffentlichen Internetforen geposteten Beschwerden, Drohungen und Hassbotschaften von Gamern, die sauer darüber sind, dass sie bestimmte Spiele nicht mehr illegal kopiert zocken können, sind im Grunde die beste Werbung für die Salzburger Firma Denuvo.

Mit 35 Mitarbeitern und 3,5 bis vier Millionen Euro Umsatz 2015 ist Denuvo verhältnismäßig klein, wenn man das Klientel betrachtet. Zu den Kunden zählt das Who-is-Who der Games-Branche: Electronic Arts, Ubisoft, Square Enix, Konami und Warner Brothers schützen ausgewählte Spiele mit der Lösung von Denuvo.

SecuROM

Aber wie kommt ein kleines, österreichisches Unternehmen an derartige Branchen-Riesen? „Das liegt an unserer Vergangenheit mit Sony. Denuvo wurde als Management Buyout im Februar 2014 gegründet und wir haben die Geschäftsbeziehungen weiter genutzt“, sagt Reinhard Blaukovitsch, Geschäftsführer von Denuvo.

Diese Vergangenheit dürfte Gamern als dunkles Kapitel im Kampf gegen illegale Kopien in Erinnerung geblieben sein – auch denen, die Spiele ganz regulär gekauft haben: SecuROM. Der von Sony entwickelte Kopierschutz wurde von einigen Publishern so aggressiv eingesetzt, dass er Eigenschaften von Malware annahm und PCs zum Absturz bringen konnte, selbst wenn das Spiel nicht mehr installiert war.

Auch deshalb waren die Publisher wohl anfangs vorsichtig, als Denuvo seine neue Lösung präsentierte. „Wir haben mit dem Schutz kleinerer Games begonnen, um zu zeigen, was wir können. Es war uns wichtig zu beweisen, dass die Lösung keinen negativen Einfluss auf die Performance hat und dass der User nichts zusätzlich machen muss, wie etwa die Rechteverwaltung, um das Game auf bestimmten Geräten spielen zu können.“

Denuvo

Schutz für den Schutz

Die Lösung von Denuvo ist streng genommen kein Kopierschutz und kein DRM-System (Digitales Rechtemanagement), sondern ein Manipulationsschutz. Deshalb bezeichnet Denuvo die Lösung als Anti-Tamper-Technologie. Das DRM wird über Spieleplattformen wie Steam oder Origin bereitgestellt. „Wir sichern die Einhaltung des DRM der Publisher“, sagt Blaukovitsch. Die Lösung von Denuvo verhindert also, dass Cracks (manipulierte Dateien) das DRM der Spiele aushebeln.

Technische Details will Blaukovitsch nicht nennen, um den Cracker- und Piracy-Gruppen nicht zu helfen. „Wir zerlegen ein Spiel, bauen im Code die Schutzmechanismen ein und setzen das Spiel wieder zusammen.“ Dabei achtet Denuvo darauf, die Schutzmaßnahmen nur an Stellen einzubauen, die keine negative Auswirkung auf das Gameplay haben, wie etwa zu lange Ladezeiten.

Wenn der Publisher es wünscht, kann auch ein Schutz auf zweiter Ebene installiert werden: „Diese Trigger-Optionen treten in Kraft, wenn das Spiel doch gecrackt wird. Bei FIFA 15 wird etwa der Ball so groß, dass er nicht mehr ins Tor passt.“

Nur vier Wochen

Da der Manipulationsschutz für jedes Spiel anders ist, erschwert das den Gruppen die Arbeit, die Cracks entwickeln, die den Kopierschutz aushebeln sollen. Wenn der Publisher es wünscht, kann der Manipulationsschutz durch Patches nach dem Spielerelease aktualisiert werden. Dies kann die Arbeit der Crackergruppen weiter erschweren oder zuvor gecrackte Games wieder unspielbar machen.

Einen 100 prozentigen Schutz gibt es aber nicht: „Wir wissen, dass irgendwann etwas passiert. Unser Ziel ist es das Release Window einzuhalten.“ Das Release Window ist jene Zeit nach dem Erscheinen des Spiels, in der die meisten Exemplare verkauft werden. Üblicherweise sind das die ersten vier Wochen.

Dieses Ziel übertrifft Denuvo derzeit. „Wenn ein neues Game erscheint, stürzten sich immer alle Cracker darauf. Wir zählen die Tage bis zum Crack, das ist ein guter Benchmark für uns. Wir sehen so immer aktuell, wie gut unsere Performance ist.“ Ein Spiel war mehr als 360 Tage ungecrackt, bei einem anderen Titel sind es bereits über 270 Tage.

Denuvo

Hass und Crackergruppen

Am meisten Publicity hat Denuvo durch die chinesische Crackergruppe 3DM bekommen. Diese hat im Vorjahr verkündet darüber nachzudenken, eine einjährige Pause einzulegen, weil man derzeit den Schutz von Denuvo nicht knacken könne.

Kürzlich vermeldete 3DM allerdings, dass sie einen Durchbruch erzielt hätten. „Die schreiben sehr viel auf ihrem Blog, für uns ist das nicht aussagekräftig. Wenn sie tatsächlich einen Crack haben, würde man viel mehr darüber lesen, weil die gesamte Crackerszene frohlocken würde.“

So beliebt wie Denuvo derzeit bei den Publishern ist, so viel Hass schlägt ihnen von Gamern entgegen, die befürchten, zukünftig Spiele nicht mehr kostenlos herunterladen zu können. Sie argumentieren ihren Unmut oft damit, dass sie das Spiel ohnehin gekauft hätten, wenn ihnen die gecrackte Version gefällt. Andere behaupten, dass die Spielestudios jetzt Fans verlieren werden.

Provokationen und Ex-Cracker

Einige Cracker werfen Denuvo vor, die Szene bewusst zu provozieren. Angeblich haben Denuvo-Entwickler hämische Kommentare in Crackerforen abgegeben. „Das waren keine Mitarbeiter von Denuvo. Diese Meldung war ein Blödsinn und hat mich sehr geärgert“, so Blaukovitsch. Wer hinter der Falschmeldung oder den Beiträgen steckt, konnte bislang nicht geklärt werden. Möglicherweise wurde gezielt versucht, die Cracker-Szene gegen den „gemeinsamen Feind“ Denuvo zu verbünden, oder es war einfach nur ein Troll.

Die Crackergruppe razer1911 fordert in einer Petition dazu auf, dass die „Verräter Ex-Cracker“ wieder in die Szene zurückkehren sollen. „Wir haben Reverse Engineers, die Cracks untersuchen, um unsere Lösung sicherer zu machen. Diese technische Know-How könnte man sich auch bei Antiviren-Herstellern aneignen.“ Noch einmal konkret nachgefragt, ob Denuvo Ex-Cracker beschäftigt, antwortet Blaukovitsch: „Nicht, dass ich wüsste.“

Einbruchsdrohung

Um die Firmengeheimnisse zu schützen, investiert Denuvo auch in die eigene Abwehr. So setzt man auf vielschichtige Firewalls, Intrusion Detection und diverse Hardware-Maßnahmen, um DDoS-Attacken abzuwehren.

„Einmal haben wir per Mail eine physische Einbruchsdrohung erhalten. Der Absender hat geschrieben, er wisse wo unser Büro steht.“ Sorgen scheint dies Blaukovitsch deshalb nicht zu machen: „30 Prozent der E-Mails die wir bekommen sind Beleidigungen auf tiefster Ebene, mit Go-Die-Niveau. Bei solchen Drohungen gehen aber meist nur die Emotionen der Menschen kurz hoch.“

Dennoch gibt es auch auf physischer Ebene bei Denuvo Sicherheitsmaßnahmen. Dazu gehören Zutrittskontrollen auf mehreren Ebenen und Überwachungskameras.

Denuvo

eBooks und Streaming

Zukünftig will man den Manipulationsschutz auf andere Bereiche ausweiten. So bietet Denuvo auch einen Schutz für eBooks an. Laut Blaukovitsch gehe die Buchindustrie immer mehr online, weswegen eine höhere Nachfrage nach Schutzmaßnahmen bestehe.

Für Business-Software plane man ebenfalls einen Lösung. Ein Angebot für Streaming-Dienste, wie etwa Netflix oder Amazon Instant Video, sei zwar angedacht, aber noch nicht in Arbeit: „Wir denken über viele Einsatzmöglichkeiten nach, für Streaming haben wir aber noch keine Schutzlösung.“

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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