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The Last of Us 2 im Test: Hass auf Autopilot

Im Juni 2013 ist The Last of Us erschienen. Es war damals und ist auch jetzt immer noch ein Meisterwerk.

Das Spielestudio Naughty Dog, auch bekannt für seine Uncharted-Reihe, hat eine düstere, packende postapokalyptische Welt erschaffen. Es war nicht wie ein Kinofilm, es war besser, fesselnder, furchterregend, traurig, mit Glücksmomenten und brutal, wenn es sein musste.

Jetzt ist The Last of Us 2 (PS4) erschienen. Mit Vorfreude und ohne Spoiler war ich bereit all das wieder zu erleben. Nach über 20 Stunden Spielzeit und den Credits fühlte ich mich für dumm erklärt. Zu dumm, um sich eigene Gedanken machen zu dürfen, zu dumm, um selbst Entscheidungen zu treffen. Stattdessen gibt es die moralische Botschaft immer wieder mitten auf die Fresse. Und wenn man schon am Boden liegt, wird noch einmal nachgetreten: Wenn der Hass das Steuer übernimmt, gewinnt niemand.

Gute Voraussetzungen

Dabei hat The Last of Us 2 alle Voraussetzungen, ein tolles Spiel zu werden. Die menschenverlassene Umgebung ist traumhaft. Trümmer von Hochhäusern, das Stöbern in leeren Geschäften, aufgegebene Krankenhäuser, reißende Flüsse, die sich ihren Weg durch Hotels bahnen: Es ist zwar nicht mehr so neu und erfrischend wie bei Teil 1 (die Glücksmomente fehlen, auch wenn sie imitiert werden), aber es ist immer noch faszinierend.

Das war für mich auch das Highlight, das Erforschen der Spielwelt. Bis auf eine Ausnahme sind die Abschnitte sehr linear, aber trotzdem wollte ich einfach in jede Ecke schauen, jedes verstaubte Möbel inspizieren, Briefe von anderen Menschen lesen und die ganzen kleinen Details aufsaugen, die die Geisterstädte so authentisch wirken lassen.

Auch das Schleich-Gameplay ist solide. Es ist nichts Besonderes, aber es funktioniert. Schusswechsel sind bewusst holpriger als bei anderen Actiongames, um zu zeigen, dass hier normale Menschen zu den Überlebenden gehören und man keine Super-Elitesoldaten steuert. Die Ressourcen sind wie immer knapp, die Munitionsreserven schnell verbraucht, wenn man die direkte Konfrontation sucht, statt zu schleichen.

Der Spieler ist der Hass

Die Probleme mit dem Spiel beginnen aber schon früh. Die Handlung ist sehr vorhersehbar, genauso wie die Schockeffekte. Zudem gibt es nur ein einziges Motiv für die spielbaren Charaktere: Hass. Offiziell ist es ein Rachefeldzug, aber Naughty Dog macht ganz klar, und das mehrfach, dass es nur um Hass geht.

Der Spieler steuert eigentlich nicht die Charaktere, sondern ihren Hass. In Quicktime-Sequenzen kann man niemanden verschonen. Erst wenn die Charaktere durch die korrekte Tasteneingabe des Spielers die Tötung vollstrecken, geht es weiter.

Wenn sich ein Gegner ergibt und auf den Knien ist, kann nicht mehr auf ihn schießen, sondern muss hingehen, um ihn eine Sichel ins Gesicht oder ein Messer in den Hals zu rammen. Macht man das nicht, greift der Feind wieder zu seiner Waffe und eröffnet das Feuer.

Wer andere verschont, verliert. Dasselbe gilt bei vielen Schleich-Passagen. Will man sich nur vorbeischleichen ohne ein Blutbad anzurichten, geht das oft schief, weil man dann doch gesehen wird und aus dem Nichts Verstärkung auftaucht. Stattdessen tötet man einfach alle Feinde aus dem Hinterhalt, bis niemand mehr lebt.

Wie auf Autopilot

Dieser forcierte Spielstil nervt mich gewaltig. The Last of Us war zwar auch geradlinig, allerdings gab es da ein Ziel, dass erstrebenswert war. Jetzt ist das Ziel zu töten. Wenn das große Ziel ständig im Gameplay praktiziert wird, welche Motivation gibt es dann noch?

Man hat das Gefühl, dass sowieso alle Charaktere auf Autopilot laufen, mit Kurs auf die nächste Katastrophe. Man kennt dieses Syndrom etwa aus der TV-Serie The Walking Dead, bei der man genau weiß, dass die Charaktere jetzt eine schlechte Entscheidung treffen, damit die Handlung in diese Richtung weitergehen kann.

Das ist schlechtes Storytelling. Und das darf bei so einem Spiel einfach nicht sein. Denn ohne gutes Storytelling, ohne die Möglichkeit sich in die Charaktere einzufühlen, bleibt nichts über außer ein Schleich-Spiel, bei dem abwechselnd Menschen und Infizierte (die Last of Us-Version von Zombies) beseitigt werden.

Es wird noch schlimmer

Die zweite Hälfte des Spiels macht es noch schlimmer. Hier wird die Handlung aus einer anderen Perspektive erzählt. Es folgt der Versuch der Läuterung und es ist einfach nur Bullshit. Denn auch das ist völlig vorhersehbar und ein durchschaubarer, plumper Versuch den Spieler in eine bestimmte Denkrichtung zu steuern. Es ist, als glaube Naughty Dog, dass die Spieler des Vorgängers in den 7 Jahren verdummt sind und dass man eine so banale Charakter-Entwicklung brauche, um sie nicht geistig zu überfordern.

Es ist schon fast peinlich, wie Naughty Dog zeigen will, dass sich Kontrahenten viel ähnlicher sind, als sie denken und beide in der jeweiligen Situation das Gleiche gemacht haben. Dazu kommen Rückblenden in Rückblenden, um diese Agenda noch weiter zu pushen. Die Emotion, die es bei mir geweckt hat, war Ungeduld, weil ich nicht in der Mitte der Haupthandlung die selben Szenen im Grunde nochmal spielen will.

Auch das Ende des Games ist so, wie man es sich die ganze Zeit schon denken konnte. Während der erste Teil hier noch etwas zum Denken mitgegeben habt, gibt es hier zum x-ten Mal die Lektion: Hass ist doof. Und was heißt das, wenn der Spieler in Wirklichkeit der Hass war, dessen Befehlen die Charaktere wieder und immer wieder nachgegeben haben? Genau: Der Spieler ist doof.

Das leidige Thema

Ich habe das Thema Gewalt bis zum Schluss aufgehoben, weil es meiner Meinung nach nicht die Relevanz hat, die andere Medien in dieses Spiel hineininterpretieren. Die Gewaltdarstellung ist allgegenwärtig, vom Beginn bis zum Ende. Die Gewalt wird als Stilmittel eingesetzt, um den Hass zu manifestieren.

Das Spiel ist ohnehin ab 18 Jahren. Vielleicht erachten es einige Menschen als gewalttätiger als ähnliche Games, weil Naughty Dog viel Wert auf die Darstellung der Mimik gelegt hat, wie eben Hass und Furcht, und bei den Gewaltszenen bewusst die Gesichter gezeigt werden. Es ist jedenfalls nichts dabei, was man nicht schon in anderen Spielen oder Filmen gesehen hätte.

Fazit

The Last of Us 2 ist enttäuschend. Nach dem Meisterstück, das der erste Teil war, hatte ich zumindest auf etwas Ebenbürtiges gehofft. Was ich und die vielen anderen Fans bekommen haben, ist vorhersehbar und flach. Und so gut ist das Gameplay nicht, um bei einem Story-getriebenen Spiel die Schwächen im Storytelling auszugleichen. Schade um ein visuell wunderschönes Game, das vom Entwicklerstudio mit einer nagelbesetzten Moralkeule erschlagen und ausgeweidet wird.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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