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Final Fantasy 7 Remake im Test: Riskantes Spiel mit den Fans

Final Fantasy 7 ist mehr als nur ein Spiel. Es gilt als das Game, das japanischen Rollenspielen (JRPG) in der westlichen Welt zum Durchbruch verhalf. Es prägte mit über 10 Millionen verkauften Stück eine Generation an Gamern, die noch heute von dem 40 bis 100-stündigen Spiel schwärmen. Ich gehöre nicht dazu.

Vermutlich war ich zu jung, als 1997 FF7 für PlayStation erschienen ist. Vielleicht war es auch der aus westlicher Teenager-Sicht eigenartige japanische 3D-Grafikstil (Kopffüßler mit Männer-Make-up ohne Nasen), der hohe Schwierigkeitsgrad oder die furchtbare Übersetzung, die den Funken nicht überspringen ließen.

Umso gespannter war ich auf Final Fantasy 7 Remake (PS4), das von den Fans des Originals gleichermaßen herbeigesehnt als auch gefürchtet wurde.

Nur ein Snack?

Der Grund für die Ängste: Die übliche „Zerstört mir nicht meine Jugenderinnerungen!“-Angst und die Ankündigung, dass das Remake komplett in Midgar spielen wird. Im Original ist Midgar die erste Stadt, die nach 4 bis 5 Stunden Spielzeit verlassen wird. Es ist also so, als würde das Spielestudio Square Enix aus dem Intro des Originals ein eigenes Game machen.

Heißt das, das Remake hat nur 5 Stunden Spielzeit? Nein, schließlich ist das keine Battlefield-Solo-Kampagne. Je nach Schwierigkeitsgrad und erledigten Sidequests ist man 30 bis 40 Stunden beschäftigt.

Allerdings gibt es ein paar Levels, die sich unnötig in die Länge ziehen – besonders, wenn man sich an das Original erinnert. Zum Glück sind diese aber in der Minderheit. Die größte Enttäuschung am Ende des Games ist, dass man vermutlich Monate oder gar Jahre warten muss, bis das nächste Kapitel des Remakes veröffentlicht wird. Denn Square Enix hat schon zuvor angekündigt, dass das Remake in mehreren Kapiteln erscheinen wird und das Ende lässt keinen Zweifel daran, dass dies so sein wird.

Verbessert statt aufgeblasen

Dieser Fokus auf einen kleinen Teil des Original-Spiels ist riskant. Natürlich werden Fans erbost sein, dass das Remake nicht das ganze ursprüngliche Game, nur mit besserer Grafik ist. Aber es ist auch eine Riesenchance das Spiel so zu machen, wie man es damals gerne gemacht hätte, wenn man nicht die Leistungsbeschränkungen der ersten PlayStation gehabt hätte.

Und diese Chance nutzt Square Enix. Dialoge, die im Original nur ein oder 2 Textkästchen waren (mit Texten, die aufgrund der Übersetzung zum Teil keinen Sinn ergeben haben), sind jetzt minutenlange Zwischensequenzen, in wunderschöner Grafik, mit voller Sprachausgabe. Dabei wird Square Enix seinen Wurzeln aber nicht untreu. In vielen Sequenzen ist der typische JRPG-Stil zu erkennen. Der wirkt zwar manchmal kitschig, aber immer charmant.

Handlungen, die im Original nur angedeutet wurden, sind jetzt spielbar. So bekommt alles mehr Gewicht. Man kann viel besser in die Story eintauchen und die Charaktere und Midgar besser kennenlernen.

Schmutzig aufpoliert

Dass das funktioniert, liegt auch an der Grafik. Midgar brilliert, wenn es sich von seiner schäbigen Seite zeigt. Die Slums, der Eisenbahnfriedhof, die engen dunklen Gassen von Wall Market: Die vielen Details sind atemberaubend.

Selbst eingefleischten Fans des Originals könnte hier eine Freudenträne über die Wangen kullern, wenn sie sehen, wie viel Liebe Square Enix in das Remake gesteckt hat. So wird das lebendig, was man sich 1997 aufgrund der Klötzchen-Grafik nur vorstellen konnte. Man will einfach jeden Nebenquest machen, nur um einen Grund zu haben, noch länger durch Midgar zu laufen, um es zu bewundern.

Gleich und doch anders

Bei der Handlung behält das Remake das Grundgerüst bei, weicht aber manchmal ab. Das heißt Ereignisse passieren meist so, wie im Original. Und wenn sie das nicht tun, gibt es eine Erklärung dazu, die sich aber erst gegen Ende des Spiels manifestiert.

Und das ist unglaublich spannend. Square Enix spielt hier mit der Idee, was ein Remake ist und was es sein darf. Das Remake selbst wird Teil der Handlung. Das klingt jetzt etwas kryptisch, weil ich nicht spoilern möchte. Das Durchspielen, ohne vorher nach einer Erklärung zu googlen, zahlt sich aber aus und sorgt für einen „Aha“-Moment.

Im Spielverlauf gibt es noch Visionen und Rückblenden, die auf das Originalspiel bzw. das Prequel hindeuten. Square Enix teast also bereits geschickt die nächsten Teile der FF7-Remake-Serie.

Und wenn ich FF7 nicht kenne?

Dann versteht man die oben angesprochenen Teaser und einen Teil des Endes zwar (noch) nicht, hat aber trotzdem eine gute Zeit gehabt. Natürlich hilft es, wenn man FF7 und Crisis Core kennt. Andererseits weiß man dann auch schon, was im Remake passieren wird, da die Kernhandlung die gleiche ist.

Kennt man das Original nicht oder gar keinen Teil der FF-Serie, ist FF7 Remake ein gelungener Einstieg. Es modernisiert und verbessert so ziemlich alles, was beim Original in der heutigen Zeit nicht mehr funktionieren würde.

Neues Kampfsystem

Dazu gehört auch das Kampfsystem. Das klassische rundenbasierende System wurde durch Echtzeitkämpfe mit einer Kommando-Funktion ersetzt. Diese kann genutzt werden, wenn die sogenannte ATP-Leiste aufgeladen ist. Damit können Fähigkeiten ausgeführt und Magie oder Gegenstände eingesetzt werden. Öffnet man die Kommando-Funktion, läuft das Spiel in Superzeitlupe weiter, sodass man stressfrei die gewünschte Aktion wählen kann.

Durch Waffen-Upgrades und Materia (mit verschiedenen Stufen und Verknüpfungen), die neue Fähigkeiten und Magie ermöglicht, wird das Kampfsystem in die Tiefe gebracht. Das Game führt einen einigermaßen gut an diese Details heran, der Rest ist sanftes Learning by Doing. Und wenn einem das zu viel wird, kann man zB. die Waffen-Upgrades automatisieren. Auch kann man jederzeit den Schwierigkeitsgrad auf Leicht ändern, um die Überlebenschancen im Kampf zu steigern. Das kommt JRPG- und FF7-Neulingen zugute.

Nicht gut gelungen ist das Gruppen-Management. Gekämpft wird nämlich meistens nicht alleine, sondern in einer Gruppe. Während man einen Charakter steuert, werden die anderen von der KI kontrolliert – sehr passiv. Weil sie kaum angreifen, lädt sich die ATP-Leiste nur langsam auf, weshalb man ihnen viel seltener Kommandos geben kann. Dadurch wirken sie wie Auswechselspieler, die am Spielfeldrand warten, bis die Hauptfigur K.o. ist, um dann helfend einzuschreiten. Hier wäre ein Strategie-System nett gewesen, mit denen rudimentäre Taktiken wie „Angriff mit vollem Risiko“ oder „defensiv“ an die Gruppenmitglieder verteilt werden können.

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Fazit

Ich habe von Final Fantasy 7 Remake wenig erwartet und sehr viel bekommen. Ich wünschte, ich hätte das Original damals so genießen können, wie jetzt das Remake. Das Experiment ist gelungen. Natürlich werden sich Fans des Originals darüber beschweren. Es ist aber nur schwer vorstellbar, dass es ihnen nicht dennoch gefällt.

Außerdem wird das Ende den FF-Fans Stoff für Diskussionen und viele Spekulationen geben, wie es mit der Remake-Serie weitergeht. Für mich kann es jedenfalls nicht schnell genug gehen, bis die Fortsetzung oder das Prequel zu Final Fantasy 7 Remake kommt.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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