
Choi Hyon
Nordkoreas neue Fregatte Choi Hyon hat 74 Raketenstarter
Nordkorea hat sein neues Kriegsschiff offiziell vorgestellt: die Choi Hyon. Die Fregatte ist weit mehr bewaffnet, als man bisher angenommen hat.

Choi Hyon
© APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR / STR
Ende 2024 tauchten Fotos des im Bau befindlichen Kriegsschiffes auf. Darin waren Aussparungen im Deck zu sehen, die ein klares Indiz für den Einbau eines Vertikalstarters für Raketen (VLS – Vertical Launch System) waren.
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Choi Hyon im Bau: Im Deck ist eine Aussparung für ein VLS zu erkennen
© KCNA/KCTV
Wie jetzt auf den Bildern der feierlichen Vorstellung der Choi Hyon zu sehen ist, wurde anscheinend überall ein VLS reingepackt, wo auf dem Schiff Platz ist. Soweit ersichtlich, hat es 74 Zellen, in verschiedenen Größen: 32 kleine, 12 mittlere, 12 große am Bug, 8 große am Heck und 10 sehr große.

Choi Hyon
© via REUTERS / KCNA
Vollgepackt mit Raketen
Die schiere Anzahl ist bemerkenswert, gemessen an der Größe des Schiffs. Bisher wurde angenommen, dass die Verdrängung der Choi Hyon in etwa 5.000 Tonnen betragen wird, was aber anhand der jetzt sichtbaren Bewaffnung womöglich deutlich mehr sein könnte. Zum Vergleich: Die moderne europäische Fregatte FREMM hat 6.900 Tonnen Verdrängung und ein VLS mit 32 Zellen.

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Die amerikanische Arleigh-Burke-Klasse hat 96 Zellen. Wie bei der FREMM haben die alle die gleiche Größe. Die Schiffe der Arleigh-Burke-Klasse sind aber Zerstörer und mit bis zu 9.700 Tonnen Verdrängung deutlich größer als die Choi Hyon.

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Der Vergleich zur Arleigh Burke liegt dennoch auf der Hand. Sie dürfte das Vorbild für die Choi Hyon gewesen sein. Man könnte sie deshalb als eine Art Mini-Arleigh-Burke bezeichnen. Die Choi Hyon hat übrigens die Hüllennummer 51. „Zufälligerweise“ hat die USS Arleigh Burke, das erst Schiff der gleichnamigen Klasse, auch die Hüllennummer 51 (DDG-51).


links: © via REUTERS / KCNA
rechts: © US Navy
Links die Choi Hyon, rechts die USS Arleigh Burke
Phased-Array-Radar
Die Choi Hyon dürfte in der nordkoreanischen Marine ein ähnliches Aufgabenprofil haben wie die Arleigh Burke bei der US Navy. Das ist die Luftabwehr, mit der zusätzlichen Fähigkeit Landziele und Kriegsschiffe mit Raketen zu bekämpfen.
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Dazu hat die Choi Hyon ein 4-seitiges Phased-Array-Radar im Turm. Im Vergleich zu herkömmlichem Radar, nutzt Phased-Array hunderte Antennen gleichzeitig. Deshalb hat es eine höhere Genauigkeit und Reichweite und kann mehr Ziele auf einmal verfolgen. Gerade für die Luftabwehr gegen Flugzeuge, Raketen und Drohnen ist das wichtig.

Choi Hyon
© via REUTERS / KCNA
Mögliche Bestückung der Raketenstarter
Um dieser Rolle gerecht zu werden, sind die kleinen und mittleren Zellen der Choi Hyon vermutlich mit Luftabwehrraketen bestückt. Die großen Zellen könnten für Marschflugkörper gedacht sein, um Schiffe und Landziele anzugreifen. In Frage hierfür kommt die Hwasal-2.
Dieser Marschflugkörper hat angeblich eine Reichweite bis zu 2.000 Kilometer und könnte auch mit einem nuklearen Sprengkopf bestückt werden. Nordkorea hat bei Tests die Hwasal-2 von der Amnok-Klasse (ca. 3.500 Tonnen) mit einem horizontalen Launcher gestartet.

Amnok-Klasse feuert einen Marschflugkörper ab
© KCNA
Die extra großen Zellen der Choi Hyon sind vermutlich für ballistische Raketen vorgesehen, die ebenfalls gegen Land- und Seeziele eingesetzt werden können. Nordkorea hat mehrere ballistische Raketen, am wahrscheinlichsten ist der Einsatz der Hwasong-11.
Je nach Variante soll diese 600 bis 900 km Reichweite haben. Sie kann nuklear oder konventionell bestückt werden. Einige Versionen der Hwasong-11 sollen Sprengköpfe mit 2,5 bis 4,5 Tonnen Gewicht tragen können, weshalb sie als „Flugzeugträger-Killer“ gilt.

In der Landstart-Version heißt die Hwasong-11 KN-23
© KNCA
Auch Südkorea will ballistische Raketen nutzen
Ballistische Raketen gehören zur Standardbewaffnung von strategischen U-Booten von Atommächten. Dort sind sie meistens mit Atomsprengköpfen bestückt.

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Auf Kriegsschiffen waren ballistische Raketen bisher selten anzutreffen, wegen des großen Platzbedarfs und der geringeren Reichweite, verglichen mit Marschflugkörpern. Durch moderne Flugabwehrraketen werden jetzt ballistische Raketen wieder interessant für den Einsatz auf Schiffen, weil diese, aufgrund ihrer hohen Flugbahn und Geschwindigkeit, schwieriger abzufangen sind.
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Auch Südkorea setzt auf ballistische Raketen. Die neuen Varianten der Zerstörer KDX-III bekommen ein eigens entwickeltes VLS namens KVLS-II, das groß genug für solche Raketen ist.

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Vorerst wird es nur mit Langstrecken-Luftabwehrraketen bestückt. 2028-2029 soll eine neu entwickelte ballistische Rakete für das KVLS-II in Serienproduktion gehen. Außerdem könnten bereits vorhandene ballistische Raketen dafür angepasst werden, wie die Hyunmoo-4-4. Diese hat 500 km Reichweite und einen bis zu 2 Tonnen schweren Gewichtskopf.

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Weitere Waffen der Choi Hyon
Abgesehen von den VLS, hat die Choi Hyon weitere Waffen an Bord. Dazu gehört ein Geschütz am Bug, das Gegenstück zur 127mm-Kanone der Arleigh Burke. Man kann davon ausgehen, dass damit, wie bei der Arleigh Burke, See- und Luftziele bekämpft werden sollen, wie etwa kleinere Boote, Drohnen und Kamikaze-Drohnenboote.

Das Geschütz am Bug der Choi Hyon
© EPA / KCNA
Links und rechts befinden sich CIWS zur Nahbereichsverteidigung gegen Drohnen und anfliegende Raketen. Soweit erkennbar, handelt es sich dabei um das AK-630, bzw. eine nordkoreanische Kopie davon. Das AK-630 ist eine russische, 6-läufige 30mm-Kanone mit einer Feuerrate bis zu 5.000 Schuss pro Minute.

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Mittig ist ein CIWS mit Raketen und Kanonen zu sehen. Das könnte ein russisches Pantsir-ME, oder die nordkoreanische Variante davon, sein. Da Russland von Nordkorea Hilfe im Krieg gegen die Ukraine bekommt, in der Form von Waffen und Soldaten, wäre denkbar, dass Russland im Austausch dafür Nordkorea diese Marine-Waffensysteme, oder zumindest die Baupläne dafür, überlassen hat.
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Das Pantsir-ME ist die Exportversion des Pantsir-M. Es nutzt 8 Kurzstrecken-Luftabwehrraketen und 2 AK-630. Das System kann Luftziele auf einer Entfernung von bis zu 20 km mit den Raketen bekämpfen, die AK-630s haben eine Reichweite von 5 km.

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Links und rechts am Schiff sind noch jeweils 2 Türme zum Start von Gegenmaßnahmen sowie 2 Türme mit jeweils 4 Startern. Diese könnten für Raketen mit kurzer Reichweite oder Wasserbomben gegen U-Boote genutzt werden.

Choi Hyon
© APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR / STR
In der Mitte des Schiffs befindet sich eine Struktur schrägen Wänden. Sie erinnert optisch an den Horizontal-Starter der Amnok-Klasse, ist aber dünner. Ob sich darin Antischiffsraketen befinden, oder ob die Struktur einen anderen Zweck hat, ist aktuell nicht bekannt.
Am Heck der Choi Hyon ist eine Landeplattform, die groß genug für einen Hubschrauber sein könnte. Allerdings gibt es keinen Hangar, weil an dieser Stelle die 10 Zellen des sehr großen VLS sind. Möglicherweise sollen von der Plattform aus Aufklärungsdrohnen gestartet werden. Zumindest kann sie als temporärer Landeplatz dienen, falls etwa mit Hubschraubern Personal ausgetauscht oder dringend benötigte Versorgungsgüter abgeladen werden.

Bei der Vorstellung der Choi Hyon war am Landeplatz der rote Teppich ausgerollt
© APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR / STR
Eine neue Klasse oder ein Einzelstück?
Ob die Choi Hyon ein Einzelstück ist oder der Beginn einer neuen Klasse von Fregatten, ist bisher nicht bekannt. Sofern die Daten korrekt sind, wurde sie in knapp über einem Jahr gebaut, was sehr schnell für ein Schiff dieser Größe ist – noch dazu, wenn es mehrere Technologien beinhaltet, die für Nordkorea neu ist. Sollte Nordkorea diese Baugeschwindigkeit nicht nur beibehalten sondern noch optimieren, könnte es bis 2030 6 Stück dieser Kriegsschiffe haben.
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Strategisch Sinn macht die Choi Hyon als Einzelstück jedenfalls wenig. Als größtes und modernstes Kriegsschiff von Nordkorea würde sie bei einem bewaffneten Konflikt als Prioritätsziel angegriffen werden. Und Nordkoreas Flotte und Luftwaffe ist zu klein, um die Choi Hyon vor Südkoreas Angriffen mit Antischiffsraketen und Torpedos zu schützen.

Feuerwerk bei der Vorstellung der Choi Hyon
© APA/AFP/KCNA VIA KNS/STR / STR
Der einzige Zweck einer einzelnen Choi Hyon wäre, dass sie sich selbst mit den Luftabwehrmaßnahmen lange genug schützt, bis sie ihre ballistische Raketen, die womöglich nuklear bestückt sind, abgefeuert hat. In diesem Fall würde sie die Aufgabe eines strategischen U-Boots für den Erst- oder Zweitschlag erfüllen.
Dass das Nordkoreas Beweggründe für den Bau der Choi Hyon waren, ist durchaus denkbar. Ein Kriegsschiff zu bauen, ist nämlich einfacher und schneller als ein U-Boot mit VLS zu bauen. An so einem arbeitet Nordkorea derzeit ebenfalls. Es dürfte das erste Atom-U-Boot des Landes werden.
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