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Animal Crossing New Horizons im Test: Schöne heile Welt

Animal Crossing hat seinen inzwischen 5. Ableger bekommen und es ist der erste auf der Nintendo Switch. Mit New Horizons hat sich am Grundprinzip nichts geändert: immer noch wird gearbeitet, gesammelt, eingerichtet und viel gewartet. Mit zahlreichen neuen Features wird das aber nicht langweilig. Animal Crossing bietet eine schöne heile Welt, in die man sich während der Corona-Isolation gerne flüchtet.

Die Animal-Crossing-Reihe hat eine sehr engagierte Fanbase, zu der ich mich nie zählte. Ich gehörte eher zu der Fraktion, die absolut nicht nachvollziehen konnte, warum Menschen dieses Spiel spielen wollen. Ständig muss man Dinge für die Dorfbewohner erledigen, die sie eigentlich auch selbst machen könnten und man schuftet, um sein Haus ausbauen und schöner einrichten zu können – das war mir immer zu nah an der Realität. Mit New Horizons wagte ich einen neuen Anlauf und war überrascht, wie schnell mich das Spiel in seinen Bann zog.

Ab auf die Insel

Zu Beginn bastelt man einen Charakter, dessen Aussehen man aber im Spiel immer wieder ändern kann. Dann wählt man eine Insel aus – dabei kann man nichts falsch machen, denn hier geht es nur um die Optik. Ich wähle eine Insel, die von einem Fluss in 4 Teile geteilt wird. Das schränkt mich zwar erstmal ein bisschen ein, da ich die ersten Stunden noch nicht über den Fluss komme, aber später kann ich hier schöne Brücken bauen und meine Insel gestalten. Bis es soweit ist, dauert es aber viele (viele) Spielstunden. 

Danach wählt man, ob man sich auf der Nord- oder Südhalbkugel befindet - das hat Einfluss auf die Jahreszeiten, denn das Spiel orientiert sich an Datum und Uhrzeit der Konsole. Das ändert auch die Flora und Fauna der Insel. Und die spielen eine große Rolle bei Animal Crossing, denn der zentrale Teil des Spiels besteht aus dem Fangen von Fischen und Insekten. Von Insel-Chef Tom Nook, einem fragwürdigen Charakter, erhält man ein Nook-Phone, mit dem man alle gefangenen Tiere dokumentiert. Nook schenkt einem ein Zelt für die ersten Tage und gibt bereitwillig Kredite für den Hausbau. Dafür muss man ihm aber regelmäßig Gefallen tun. So schleppe ich Holz für seinen Laden, Holz für das Neubaugebiet und Holz für das Museum an.

Crafting-System

Dafür gibt es als Dankeschön ein richtiges Bett oder Bastelanleitungen, mit denen ich mir Werkzeug und Möbel bauen kann. Das Crafting-System ist eines der großen neuen Features in Animal Crossing. So bastelt man sich Axt, Schaufel, Angel und Kescher einfach selbst. Das sind auch die wichtigsten Utensilien, die man bei sich haben sollte, um regelmäßig an neue Tierarten zu kommen, die man verkaufen oder ins Museum bringen kann. Das verdiente Geld steckt man in die Infrastruktur der Insel oder das Eigenheim.

Ausgeben kann man das Geld zu Beginn am Nook-Terminal und bei den Händlern Nepp und Schlepp. Denen baue ich später einen ganzen Laden, durch den sie mir auf Schritt und Tritt folgen. Sobald der Laden öffnet, kommt regelmäßig eine Händlerin auf die Insel, die schon nach kurzer Zeit eine Schneiderei eröffnet. Das Angebot wechselt täglich. Neben der aus anderen Animal-Crossing-Teilen bekannten Währung Sternis kann nun auch in Meilen bezahlen, die man für Achievements erhält. Später kann man seine Insel auch teraformen - bis es aber soweit ist, werden viele Wochen vergehen.

Abarbeiten

So banal das Spielprinzip ist, bekommt man doch täglich Lust darauf, seine Switch in die Hand zu nehmen und eine To-Do-Liste abzuarbeiten. Es gibt keinen Anspruch, keinen Stress. Man kann die Aufgaben machen, die Inselbewohner einem auftragen, muss aber nicht. Passiert etwas Neues, wird man von Tom Nook oder seiner Sekretärin darüber informiert. Dann geht man eine Runde, erntet Früchte, pflückt Blumen, gräbt Fossilien aus und sieht sich das Angebot in den Läden an.

Immer wieder tauchen neue Besucher auf der Insel auf, die Aufgaben für mich haben. So gehen jeden Tag 15 bis 30 Minuten um, bis ich alles erledigt habe. Da unterschiedliche Ereignisse bei Tag und bei Nacht passieren, sollte man immer zu unterschiedlichen Zeiten auf seiner Insel nach dem Rechten sehen. Ist man nie nachts unterwegs, verpasst man das Gespenst oder sieht nie Sternschnuppen.

Tagelanges Warten

Gerade für Menschen, die das erste Mal Animal Crossing spielen, kann das ganz schön eintönig wirken. Zwar passiert eigentlich jeden Tag etwas Neues, aber man muss oft einen oder zwei echte Tage warten, bis etwas passiert. Beispielsweise bis ein Gebäude fertig ist. In der Zwischenzeit kann man andere Inseln besuchen. Dort konnte ich Kokosnüsse, Kirschen und Äpfel ernten und auf meiner Insel anbauen. Danach legt man das Spiel weg und am nächsten Tag geht es weiter.

Enttäuschend ist, dass die Interaktionsmöglichkeiten mit den anderen Inselbewohnern sehr gering ausfallen. Man kann sie ansprechen, ihnen etwas schenken (oder sie schenken mir etwas) und manchmal hilft man ihnen auch. Sie haben alle eine eigene Persönlichkeit, die allerdings eher oberflächlich ist. So ist der Specht Piko besonders sportbegeistert und Kuh Emilie ist besonders schüchtern – mehr Charakterentwicklung bekommt man aus ihnen aber nicht heraus. Das ist wirklich schade, weil man an vergleichbaren Spielen wie Stardew Valley gesehen hat, wie stark man sich der Spielwelt verbunden fühlt, wenn man an Beziehungen zu den anderen Bewohnern arbeiten kann.

Umso erfreulicher ist es dann, dass man wie gewohnt die Inseln seiner Freunde besuchen kann. Das geht lokal und online. Lokal teilt man sich einen Bildschirm, was die Bewegungsfreiheit ziemlich einschränkt. Online spielt jeder an der eigenen Konsole und kann so die Insel des anderen selbstständig erkunden. Damit nicht jeder Besucher auf der eigenen Insel alle Bäume fällt oder den sorgfältig angelegten Garten umgräbt, muss man das auf seinem Nook-Phone erst erlauben. Dazu fügt man die Besucher der "Beste Freunde"-Liste hinzu. Neben Spielern aus der Switch-Freundesliste können auch Fremde auf der Insel vorbeischauen, wenn man seinen "Dodo-Code" mit ihnen teilt.

Fazit

Animal Crossing ist eine perfekte heile Welt, in der man sich sein Eigenheim in der Südsee baut und völlig sorglos durch Blumenbeete flaniert und gelegentlich Fische fängt. Wirkliche Gefahren gibt es über Wespenstich und Spinnenbiss hinaus nicht. Jeden Monat gibt es neue Tierarten zu entdecken, neue Früchte zu ernten und wenn man anpackt, verändert man seine Insel Stück für Stück zum persönlichen Paradies. 

Das entschleunigte Es-geht-um-nichts-Prinzip macht Animal Crossing New Horizons nicht nur zum perfekten Begleiter in schwierigen Zeiten, sondern schafft es, über Wochen (und vermutlich auch über Jahre) hinweg fast täglich neue Inhalte zu liefern. Eingepackt in zuckersüßes Design und ohne wirkliche Herausforderungen plätschert es vor sich hin und das ist ausnahmsweise etwas Gutes. Wer sich damit aber nicht anfreunden kann, dass man bis Dezember spielen muss, um den ersten Schnee zu erleben, der wird hier keine Freude haben. Für alle anderen ist der Sprung auf die Switch absolut gelungen.

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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