Meinung

Was wir wirklich brauchen: Ein Recht auf Benutzerfreundlichkeit

Die ID Austria ist eine wirklich gute Sache - wenn man es einmal geschafft hat, sie in Gang zu setzen bzw. darauf umzusteigen. Denn so praktisch und eigentlich recht reibungslos die Abläufe mit der ID Austria verlaufen, so sehr ist es ein regelrechter Dschungel, bis man überhaupt an den Punkt gelangt, wo man die digitale Signatur verwenden kann. Das hat in den vergangenen Monaten nicht nur Ältere und internetferne Bevölkerungsgruppen bis zum Rande der Verzweiflung gebracht, sondern durchaus auch Menschen, die sich selbst eigentlich als Digital Natives bezeichnen würden.

Förderungen für den Umstieg auf erneuerbare Energien und umweltfreundliche Heizsysteme, sei es die Photovoltaik-Anlage fürs Eigenheim oder der Einbau einer Wärmepumpe, werden derzeit breitflächig und nicht zu knapp vergeben. Eine wirklich gute Sache, die dem Land einen ordentlichen Schub in Richtung Klimaschutz verpasst hat. Doch wer sich diese Förderungen abholen möchte, braucht zuweilen ein kleines Hochschulstudium, um durch die Onlineformulare, Zeitslot-Buchungen, etc. zu finden. Klar, alles easy, wenn man es dann irgendwann einmal geschafft hat. Sollte man davon ausgehen, dass das für alle Bürgerinnen und Bürger “einfach so verständlich” ist oder immer jemand bereitsteht, bei diesen Dingen auszuhelfen? Ganz sicher nicht.

Diese Beispiele ließen sich noch eine Weile fortsetzen und zeigen: Die Digitalisierung hat Einzug gehalten - endlich, möchte man meinen, es hat lang genug gedauert. Sie macht viele Wege schneller und - sofern man denn die Fähigkeiten hat oder in der Lage ist, sich diese anzueignen - auch einfacher. Amtswege von Zuhause per Internet zu erledigen, ist unglaublich praktisch. Aber. 

Komplizierte Umsetzung

Aber es hapert wirklich oft an der Benutzerfreundlichkeit. Viele der Services sind unnötig kompliziert und wenig intuitiv. Weiterführende Erklärungen und Anleitungen, die man auf “Hilfe”-Seiten findet, sind oftmals noch komplizierter, seitenlang und für viele eher Frust als eben Hilfe. 

Die SPÖ hat eine Forderung in ihrem Wahlprogramm, die lautet “Recht auf Leben ohne Internet”. Angeführt wird etwa, dass Onlinebanking für ältere Menschen eine zu große Herausforderung sein kann. Das ist grundsätzlich richtig und gilt, wie schon eingangs ausgeführt, für zahlreiche Online-Behördenwege ganz gleich. Es ist auch richtig, dass man trotz Annehmlichkeiten des Internets, wie es für jüngere Generationen selbstverständlich scheint, nicht davon ausgehen sollte, dass das bereits (oder jemals) für alle gilt und ohne Weiteres machbar ist. Und man sollte niemanden zurücklassen. 

Nicht offline, sondern niederschwellig

Doch die Lösung ist, wenn man nach vorne blickt, nicht der Schritt zurück. Anstatt eine Offline-Welt zu propagieren, die es so einfach nicht mehr gibt und geben wird, sollte man das Augenmerk auf eine niederschwellige und leicht verständliche Verfügbarkeit der digitalen Services legen. Ziel sollte sein, alle abzuholen und die Dienste so zu gestalten, dass sie einladend und tatsächlich eine Erleichterung, Beschleunigung und Verkürzung von Wegen sind.

Simple Usability ist machbar und auch ältere Generationen sind mittlerweile gut mit digitalen Geräten ausgestattet. Tablets haben, wie vor allem der Klassiker iPad vorgeführt hat, auch große Beliebtheit und Verbreitung bei Senioren erlangt. Sie sind ein Vorzeigebeispiel intuitiver Handhabung. Facebook ist als soziales Netzwerk inzwischen bei Älteren deutlich beliebter und mehr in Gebrauch als bei den jungen Generationen. Es ist nicht so, dass “digital” und “älter” sich automatisch nicht vertragen. 

Wir müssen nicht das Internet umgehen, sondern wir müssen mit dem Internet umgehen. Daher fordern wir doch bitte lieber ein Recht auf Benutzerfreundlichkeit

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

mehr lesen