Netzpolitik

Festplattenabgabe: "Recht auf Privatkopie beschnitten"

Eine Festplattenabgabe ist für Josef Ostermayer "die realistischste Variante" zur Vergütung der Privatkopie, das jedenfalls vertraute der designierte Kulturminister Ende vergangener Woche dem "Standard" an. Nachsatz: "Wir müssen versuchen, die jungen Netzfreiheitsverfechter zu überzeugen, dass diese Abgabe g'scheit ist." Die futurezone hat bei "Netzfreiheitsverfechtern" vom Verein für Internet-Benutzer Österreichs, VIBE, und von der Initiative für Netzfreiheit nachgefragt, wie sie denn von der Urheberrechtsabgabe auf Speichermedien überzeugt werden könnten.

"Voriges Jahrhundert"

"Ich glaube nicht, dass das gelingen wird", sagt Joachim Losehand, der die Themenbereiche Urheberrecht und Konsumentenschutz bei VIBE koordiniert. Eine Urheberrechtsabgabe an Geräten festzumachen, sei eine Lösung aus dem "vorigen Jahrhundert" und entspreche nicht mehr dem Nutzerverhalten. Die Festplattenabgabe sei wohl auch eine "Generationenfrage". Privatkopien würden heute kaum noch auf Festplatten gespeichert, viele Nutzer greifen auf Streaming-Angebote zurück oder nutzen Cloud-Dienste, meint Losehand: "Der Zug ist abgefahren."

"Legale Kopien von DVDs nicht möglich"

"Es müsste erst einmal Diskussionen darüber geben, wofür die Festplattenabgabe eigentlich eingehoben wird", sagt Markus Stoff von der Initiative für Netzfreiheit. Denn das Recht auf Privatkopien sei in den vergangenen Jahren, etwa durch das Verbot zur Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, stark beschnitten worden, so der Netzaktivist: "Legale Kopien von DVDs sind eigentlich nicht möglich."

Es gebe auch neue Nutzungsvarianten der Privatkopie, die immer häufiger in die Illegalität gedrängt würden, etwa den Download von Inhalten aus dem Netz. Die Vervielfältigung von Inhalten zum eigenen Gebrauch sollte unabhängig von der Rechtskonformität der Quelle als Privatkopie gehandhabt werden", fordert Stoff. "Weit verbreitete Formen der nicht-kommerziellen Nutzung von Inhalten müssen legalisiert werden."

Alternativen zur Festplattenabgabe

VIBE-Urheberrechtskoordinator Losehand spricht sich statt der Festplattenabgabe dafür aus, Vergütungen für Privatkopien über eine noch zu schaffende Haushaltsabgabe einzuheben. Einen solchen Kulturbeitrag von 50 Cent pro Monat hatte vor kurzem die von Industrie und Handel getragene Plattform für eine modernes Urheberrecht vorgeschlagen.

"Ich sehe darin einen ersten Schritt, um das System zu reformieren", sagt Losehand, der im vergangenen September mit dem "Netzschilling" selbst ein neues Modell zur Vergütung von Künstlern im Internetzeitalter vorgestellt hat. Auch der von den Grünen seit längerem geforderten Breitbandabgabe, mit der Kopien aus dem Netz abgegolten werden, kann er einiges abgewinnen.

"Diskussionsprozess notwendig"

In eine mögliche Haushaltsabgabe könnten infolge auch Vergütungen für erweiterte freie Werknutzungen und Bagatellgrenzen für nicht-autorisierte Downloads einbezogen werden, meint Losehand. Dazu sei jedoch ein Diskussionsprozess notwendig. "In ein bis zwei Jahren könnte man zu einer Lösung kommen."

Auch Stoff von der Initiative für Netzfreiheit hält eine Internet-Abgabe, die von jedem Haushalt eingehoben wird, für einen gangbaren Weg. Allerdings müsste damit sichergestellt sein, dass Nutzer ihr Recht auf Privatkopie durchsetzen können und die nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten legalisiert werde

Um die Einnahmesituation der Künstler zu verbessern, spricht sich Stoff auch für ein Urhebervertragsrecht aus, mit dem die Position der Künstler gegenüber Verwertern verbessert wird.

Widerstand in der SPÖ

Der designierte Kulturminister wird es nicht leicht haben, Internet-Nutzer von einer Festplattenabgabe zu überzeugen. Überzeugungsarbeit muss Ostermayer aber auch bei der eigenen Parteijugend leisten. Sowohl die Sozialistische Jugend (SJ) als auch die Junge Generation der SPÖ Wien lehnen eine Festplattenabgabe ab, wie sie am Wochenende in Aussendungen kundtaten: Es gebe wesentlich geeignetere und moderne Modelle, als die Leerkassettenvergütung als Festplattenabgabe einfach fortzuführen, meinte Marcus Gremel von der Jungen Generation. Auch die Arbeiterkammer (AK) und die Handelssparte der Wirtschaftskammer (WKÖ) sprachen sich gegen eine Urheberrechtsabgabe auf Festplatten aus.

Unterstützung erhielt Ostermayer am Montag hingegen vom Hauptverband des österreichischen Buchhandels (HVB), von der IG Autorinnen und Autoren, sowie von Musikergilde und Musikergewerkschaft. Die Künstlerverbände fordeten die rasche Einführung der Festplattenabgabe. Alternativmodelle, wie den Kulturbeitrag oder eine Breitbandabgabe lehnen sie ab. In einer Aussendung hieß es: “Wir wollen weder Haushalte noch Netzteilnehmer dafür zahlen lassen, dass Menschen Geräte erwerben, mit denen sie unsere Werke eigenvervielfältigen können und es auch tun."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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