Netzpolitik

Neuer Security-Check diskriminiert Fluggäste

Das futuristisch anmutende Konzept der IATA, das am Dienstag in Singapur präsentiert wurde, baut auf einer Kombination von Körper- und Gepäckscannern sowie der Auswertung von biometrischen und sonstigen Pagassierdaten auf. Je nach Passagierprofil werden die Reisenden in drei Kategorien eingeteilt. Vielflieger, deren Daten mehrfach überprüft wurden, werden beim Security-Check weniger gründlich kontrolliert. Mit den geplanten Sicherheitsschleusen soll damit die Abfertigung der Passagiere beschleunigt werden.

Vorstoß der IATA problematisch
"Bei allem Verständnis für eine bessere Abwicklung von Passagierströmen und der notwendigen Sicherheit muss man sich mittlerweile schon fragen, ob derartige Eingriffe in die Privatsphäre jemals gerechtfertigt sein können. Wenn man einzelne Aspekte beleuchtet und klassifiziert, landet man zudem sehr schnell bei Diskriminierungsfragen, die ja auch heute schon ein Problem darstellen“, kritisiert Tschohl. „Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist das Konzept zudem in mehrfacher Hinsicht absolut problematisch und erscheint mir auch als inkompatibel mit bestehendem EU- und Grundrecht“, so Tschohl.

Auch für Alexander Sander, den Gründer der Initiative NoPNR!, die sich gegen die umstrittene Sammlung von Fluggastdaten ausspricht, überwiegen die potenziellen Gefahren eines derartigen Systems. „Wenn Reisende in Kategorien eingeteilt werden, sieht das per se schon nach einer diskriminierenden Maßnahme aus. Leute, die nur einmal im Jahr in den Urlaub fliegen, sollen also mühselige Sicherheitsprozeduren über sich ergehen lassen?“, kritisiert Sander.

Datenschutz nicht gewährleistet

Die ganz große Frage bleibe aber wie auch schon bei den umstrittenen Fluggastdaten, wer welche Daten wo speichere und wie der Zugriff darauf geregelt sei. „Die IATA will ja auch biometrische Daten verknüpfen, auf die normalerweise nur der Staat Zugriff hat. Gleichzeitig werden die Sicherheitskontrollen derzeit von privaten Dienstleistern abgewickelt. Das wäre in diesem Fall mit diesem sensiblen Datenmaterial aber nur schwer vorstellbar“, so Sander. „Stehen die Server in den USA, kann man zudem davon ausgehen, dass die amerikanischen Behörden ebenfalls auf die Daten zugreifen können“, kritisiert Sander.

Neben der zu erwartenden Intransparenz eines derartigen Systems widerspreche die automatisierte Auswertung der Daten aber ohnehin dem europäischen Datenschutzrecht, meint hingegen auch Tschohl. Da es der IATA in erster Linie um die schnellere und gezieltere Abfertigung von Passagieren gehe, könne man davon ausgehen, dass die Klassifizierung von Fluggästen nach vordefinierten Parametern automatisiert erfolge, folgert Tschohl. Doch gerade das sei rechtlich gesehen problematisch.

Datenschutzrichtlinie der EU

So heißt es in Artikel 15 der Datenschutzrichtlinie, dass eine Person „keiner sie erheblich beeinträchtigenden Entscheidung unterworfen werden (darf), die ausschließlich aufgrund einer automatisierten Verarbeitung von Daten zum Zwecke der Bewertung einzelner Aspekte ihrer Person ergeht, wie beispielsweise ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit, ihrer Kreditwürdigkeit, ihrer Zuverlässigkeit oder ihres Verhaltens.“

Wenn Passagiere aufgrund der automatischen Beurteilung folglich lange Wartezeiten und eine unverhältnismäßige Überprüfung vor Antreten des Fluges über sich ergehen lassen müssen, könnten sie sich auf diese Richtlinie berufen, ist Tschohl überzeugt. Ob die EU dem Vorstoß der IATA überhaupt etwas abgewinnen kann, ist umstritten. Sowohl Tschohl als auch Sander orten ambivalente Signale zu den Themen Datenschutz und Sicherheit. Das habe auch die aktuelle Fluggastdaten-Debatte gezeigt.

IATA unterstreicht Vorteile
Bei der IATA hingegen unterstreicht man – wenig überraschend – die Vorteile für Kunden. „Die Leute wollen wieder mit Würde zum Boarding Gate gelangen, ohne sich ausziehen zu müssen, die Koffer auszupacken und begrapscht zu werden“, so der IATA-CEO Giovanni Bisignani bei seiner gestrigen Präsentation. Das Einheitsprinzip habe ausgedient, statt nach schlechten Gegenständen Ausschau zu halten, wolle man nun dazu übergehen, schlechte Leute herauszufiltern. Ein Video zum geplanten System findet sich hier.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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