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Dell: "Der Desktop-PC ist nicht tot"

Ein Technologie-Visionär wie Steve Jobs war Michael Dell nie. Sein Erfolg und der Erfolg seiner gleichnamigen Computerfirma basierten eher auf ausgeprägtem Geschäftssinn und Verkaufstalent. Als Student an der University of Texas in Austin kaufte er in den frühen 1980er-Jahren ausrangierte Computermodelle, frisierte diese auf, um sie danach gewinnbringend wiederzuverkaufen.

Indem die schließlich gegründete Firma Computer aus erworbenen Komponenten selber zusammenbaute und über Telefonvertrieb und später das Internet direkt verkaufte, konnte Dell preiswerte Geräte anbieten und gleichzeitig den eigenen Profit maximieren.

Blick zurück

„Was war das für eine lange, seltsame Reise“, hielt Dell in seiner Eröffnungsrede zur hauseigenen Technologiekonferenz Dell EMC World in Austin fest. Er spielte dabei auf den Weg an, der im zum Verkaufsbüro umfunktionierten Studentenzimmer begann und schließlich in der größten Übernahme der Technologiebranche endete - der vor wenigen Wochen abgesegneten 67-Milliarden-Dollar-Fusion mit dem IT-Konzern EMC.

Der Anflug von Melancholie währte allerdings nur wenige Sekunden. Was folgte, war eine triumphierende Aufzählung, in welchen Geschäftsfeldern der neu entstandene Riesenkonzern Dell Technologies nun die Nummer eins sei: Server, Speicher, Virtualisierung, Sicherheit, Cloud Software und Datenzentren.

Auf die Frage der futurezone nach der Keynote, ob der Konzern im ursprünglichen Kerngeschäft PCs und Notebook die Führungsposition von Lenovo bzw. HP zurückerobern wolle, blieb Dell ausweichend: „Nummer eins bei Stückzahlen zu sein ist einfach, das interessiert uns aber nicht. Wichtig sind Umsatz und Profit - da wachsen wir ohnehin am stärksten von allen in der Branche.“

Riesiger Markt

Dass Dell dem schwächelnden PC-Markt - die globalen Verkaufszahlen gingen im 8. Quartal in Folge zurück - schon bald vollständig den Rücken kehren könnte und sich ganz auf die neu eingekauften Infrastruktur- und Datenzentrentechnologien konzentrieren könnten, weisen die Dell-Verantwortlichen vehement zurück.

Der Markt mit rund 70 Millionen verkauften Geräte im letzten Quartal sei weiterhin riesig. Die Konsolidierung führe zudem dazu, dass die drei größten Hersteller 70 Prozent dieser Verkäufe einstreifen könnten, erklärt der für das Geräte-Marketing zuständige Dell-Manager Jean Guillaume Pons im Gespräch mit der futurezone. Seit Dell von der Börse genommen wurde, habe man die Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen im PC-Bereich sogar erhöht.

Desktop vs Notebook

Anstatt auf Experimente wie ausgefallene Hybrid-PC-Tablets mit Windows und Android setzt Dell mittlerweile wieder auf altbewährte Rezepte. So glaubt der Hersteller offenbar weiterhin fest an die Zukunft von Stand-PCs, vor allem in Firmen. „Der Desktop-PC ist nicht tot. Gerade wenn es um produktives Arbeiten geht, wollen viele weiterhin nicht auf einen Desktop-Computer verzichten. Mitunter sieht er vielleicht anders aus, ist kleiner und hat mehr Funktionen integriert“, sagt Pons. "Desktop-PCs werden auch in Zukunft ein fixer Bestandteil in vielen Büros und vielerorts auch zuhause sein."

Im Notebook-Bereich hat Dell mittlerweile hingegen eingesehen, dass Funktionalität doch nicht immer alles ist und sein etwas angestaubtes Image mit einem stärkeren Fokus auf Design, spannende Materialien und ultradünne Geräte aufpoliert. „Die Nachfrage und das Wachstum bei Notebooks wird ganz klar über besseres Design getrieben - das sehen wir sowohl bei Privatkunden, also auch in Unternehmen. Junge Leute suchen sich mittlerweile ihren Arbeitgeber danach aus, wer die cooleren Geräte bereitstellt“, ist Pons überzeugt.

Nie wieder Handys

Während Dell auch weiterhin mit Gaming-Computer und dem Hype-Thema Virtual Reality punkten will, ist das Thema Mobiltelefone aber endgültig Geschichte. „Nein. Die Welt braucht nicht noch einen Smartphone-Hersteller“, sagte Michael Dell unmissverständlich. „In unserer vernetzten Welt von Geräten und Sensoren ist ein Smartphone nur ein Knotenpunkt unter Hunderten Millionen. Es lebt von Daten und Inhalten, die es sich von Datenzentren holen und an diese auch wieder senden muss. Diese Datenzentren basieren auf unseren Technologien und unserer Hardware, wir müssen also kein Smartphone bauen, um ein Teil dieser mobilen Welt zu sein.“

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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