Refurbed: "Der Black Friday ist eine Katastrophe"
Das Wiener Green-Tech-Start-up refurbed hat 2020 still und heimlich in viele europäische Märkte expandiert. Neben Österreich, Deutschland, Italien und Polen kamen auch Spanien, Frankreich, Niederlande, England, Irland, Dänemark Schweden, Slowenien und die Slowakei hinzu.
Das Unternehmen bietet vollständig erneuerte Produkte wie Handys oder Laptops - und seit kurzem auch Küchengeräte und E-Scooter - an und hat seit der Corona-Krise auch einen Mietservice für Smartphones und Laptops. Die futurezone sprach mit Peter Windischhofer, einem der 3 Gründer über die Krise, Nachhaltigkeit und über einen neuen Service, der 2021 starten soll.
futurezone: Die Corona-Krise hat Vieles umgekrempelt. Hat refurbed eher davon profitiert, oder hat euch die Krise geschadet?
Peter Windischhofer: Beides. Wir haben als Online-Händler zwar davon profitiert, trotzdem freuen wir uns nicht, dass es eine Krise gibt. Zum Teil hat uns die Entwicklung auch geschadet.
Inwiefern?
Aktuell kürzen viele Unternehmen ihre Budgets für Firmenhandys. Damit werden weniger gebrauchte Geräte an unsere Händler zurückverkauft und wir haben weniger Angebot. Das ist ein Sekundäreffekt, den wir nicht erwartet hätten.
Sie haben den Umsatz im Vorjahresvergleich verdreifacht. Dafür ist nicht Corona verantwortlich?
Das war schon vor der Krise der Plan. Genau das wollten wir auch erreichen und haben es geschafft.
Refurbed hat Anfang März zusätzlich zum Verkauf vollständig erneuerter Produkte einen Mietservice gestartet. Wie gut wurde dieser angenommen?
Dieser hat sich sehr gut entwickelt. Elektronik-Artikel zum Mieten sind etwas sehr Untypisches in Österreich, daher waren unsere Erwartungen gering. Aber es ist gut angelaufen. Auch deshalb, weil es viele Anwendungsfälle gibt.
Was sind die häufigsten?
Kinder brauchen Laptops oder Smartphones, um den Unterricht aus der Ferne zu bewältigen. Viele Menschen haben sich aber auch einen Laptop fürs Homeoffice geholt. Für manche macht es auch einfach Sinn, sich ein Smartphone nur zu mieten. Nach 18 Monaten kriegt man automatisch ein Upgrade und wir pflanzen einen Baum.
Wo werden die Bäume denn gepflanzt?
Auf der ganzen Welt, die meisten in Madgaskar, Haiti und Nepal. Wir schauen uns immer an, wo die Bäume aktuell am meisten gebraucht werden. Nach den Waldbrände in Australien, jetzt auch in Kalifornien, unterstützen wir lokale Organisationen.
Sie haben auch Küchengeräte und E-Scooter in Ihr Sortiment aufgenommen. Gibt es wirklich einen Bedarf an gebrauchten, rundum erneuerten Küchengeräten?
Ja, absolut. Besonders nachgefragt sind hier normalerweise sehr hochpreisige Geräte. Man kann dann bei uns mit nachhaltigem Gewissen eine gute Kaffeemaschine kaufen, oder ein Waffeleisen oder Nähmaschinen. Wir wollen das „gute Amazon“ werden für refurbished-Produkte.
Braucht man dafür nicht ein komplett anderes Netzwerk?
Ja, die Produkte unterscheiden sich, und wir brauchen dafür andere Partner und Händler. Aber wir haben Blut geleckt und unsere Kunden auch: Wenn man ein refurbished-Produkt gekauft hat, das funktioniert wie neu, möchte man das auch bei anderen Produkten tun.
Wenn wir gerade von Amazon sprechen. Der „Black Friday“ steht unmittelbar vor der Tür. Was halten Sie davon und nutzt er auch Ihrem Geschäft?
Aus Nachhaltigkeitssicht ist der Black Friday eine Katastrophe. Daher ist es für uns sehr wichtig, dass wir viele Kunden abfangen. Bei uns wird der Tag zum Green Friday, denn an dem Tag pflanzen wir pro verkauftem Produkt gleich 2 Bäume, um den Schaden, der für unsere Umwelt in dieser Woche passiert, zu kompensieren. Viele Online-Besucher landen am Ende bei uns, weil unsere Produkte noch immer günstiger sind als die Angebote der Online-Händler.
Ab 2021 sollen Konsumenten ihre gebrauchten Geräte direkt über die refurbed-Plattform an Händler verkaufen können. Mit welchen Geräten wird das funktionieren?
Zum Start bieten wir dies für Smartphones an und werden das Angebot sukzessive erweitern. Kunden geben an, ob ihr Gerät noch normal funktioniert, oder Kratzer hat und bekommen einen Preis vorgeschlagen sowie ein Versandlabel, mit dem sie es gratis an den Händler schicken können. Dieser prüft, ob die Angaben der Wahrheit entsprechen und das Geld wird überwiesen.
Was erhoffen Sie sich von diesem Modell?
Wir wollen am Ende viel weniger Handys in den Schubladen herumliegen haben und dafür sorgen, dass die Geräte weiterverwendet werden.
Welche Produkte verkaufen sich derzeit eigentlich am besten?
Das iPhone 10 und 11, aber wir verkaufen auch sehr viele Laptops.
Wenn Sie Weihnachten entgegen blicken: Ist das eine gute oder schlechte Zeit für refurbed?
Wir finden es sehr positiv, dass viele Menschen sehr gerne refurbed-Geräte schenken, auch mit Baum-Zertifikat. Das wird sehr oft hergeschenkt, um zu zeigen, dass man etwas Nachhaltiges geschenkt hat und nicht noch mehr Müll produziert wurde.
Gibt es gar keine unzufriedenen Kunden?
Doch. Die gibt es bei jedem Unternehmen, aber es sind sehr wenig. Über 90 Prozent empfehlen wir uns weiter, weil sie glücklich sind. Wir wachsen vor allem wegen der Mund-zu-Mund-Propaganda.
Finden Sie, dass bereits genügend Menschen umdenken, und nachhaltig leben möchten?
Die wenigsten tun wirklich etwas. Bei uns funktioniert das auch nur, weil unsere Produkte günstiger sind, nicht nur nachhaltig. Das ist für viele interessant. Aber in anderen Bereichen ist die nachhaltige Alternative meist die teurere. Denken wir an: „mit dem Zug fahren vs. fliegen“. Zugfahren ist teurer und dauert länger. Da muss noch viel passieren, dass wir den Klimawandel in den Griff bekommen.
Wie könnte man hier Anreize schaffen?
Das ist ein massives, steuerliches Thema. Konsumenten werden immer über den Preis gelenkt, klimaschädliche Produkte müssten daher mehr kosten, und nicht weniger. Wie das Zug-Beispiel zeigt, ist das derzeit nicht der Fall. Es müsste von Regierungsseite mehr passieren, damit umweltfreundliche Produkte finanziell attraktiver werden.
Sie haben mitten in der Corona-Krise auch ein neues, riesiges Büro für 100 Mitarbeiter eröffnet. Ist das derzeit verwaist?
Aktuell sind wir im Homeoffice, nur eine Handvoll Mitarbeiter, die gar nicht zu Hause arbeiten können, sind dort. Aber wir freuen uns schon darauf, wenn wir wieder alle gemeinsam im Büro sind und sehen das als langfristiges Investment. In 6 Monaten haben wir dann ein cooles, neues Büro.