So schlägt sich IKEAs 100-Euro-Box gegen 1.000-Euro-Lautsprecher
Wer nach Lautsprechern sucht, die bequem zum Streamen von Musik verwendet werden können, hat die Qual der Wahl. Im unteren Segment gibt es mit der neuen Symfonisk-Reihe von IKEA und Sonos Boxen, die aufgrund ihres Preises viele Käufer ansprechen dürften. Doch die Highend-Hersteller wollen sich nicht so einfach geschlagen geben, wie etwa Bowers & Wilkens mit seiner Formation-Reihe beweist.
IKEA Symfonisk vs. B&W Formation Wedge
Dass sowohl die Symfonisk Regalbox um 100 Euro (zum Test) und der B&W Formation Wedge um 1.000 Euro (zum Test) für sich ihre Vorzüge und Schwächen haben, liegt auf der Hand. Doch wie sieht das ganze aus, wenn man einen 100-Euro-Lautsprecher direkt gegen ein 1.000-Euro-Pendant antreten lässt? Ist der exklusive B&W wirklich 10 Mal besser als das IKEA-Kastl? Oder macht der günstige Lautsprecher deutlich, dass teurer eben nicht immer besser sein muss?
Aussehen – 0:1
Nicht wenige werden mit dem extravaganten Aussehen des Wedge wohl so ihre Probleme haben oder sich sogar denken: WTF? Ich hingegen finde es spannend, dass ein Lautsprecherhersteller bei der Formgebung einmal etwas Neues ausprobiert, zumal die Formgebung auch eine Funktion erfüllt – nämlich durch Anordnung der Lautsprecher einen 120-Grad-Klang zu erreichen.
Positiv ist auch, dass Bowers & Wilkins die Rückseite mitgestaltet hat. Damit kann das Gerät wie ein Designer-Möbelstück auch freistehend in einem Raum platziert werden. Die IKEA-Regalbox erfüllt in erster Linie ihren Zweck. Das Design ist schlicht und unauffällig, was per se nichts Schlechtes sein muss. Im Vergleich zum Wedge ist es mir zu konventionell, bieder und langweilig.
Klarer Punkt für den B&W Wedge.
Verarbeitung – 1:2
Was die verwendeten Materialien und die Qualität angeht, hat der 1.000-Euro-Lautsprecher klare Startvorteile. Seine Rückseite ist, anders als beim Symfonisk, nicht aus Plastik, sondern aus Holz. Das doppelt so schwere Gewicht von 6,5 Kilogramm deutet zudem darauf hin, dass auch das Innenleben deutlich hochwertiger ist. Das extravagante Aussehen tut sein Übriges, sodass ein klarer Punktegewinn für den Wedge unausweichlich scheint.
Aber: Auch an der Verarbeitung der Symfonisk Regalbox gibt es wenig auszusetzen. Die Stoffbespannung auf der Vorderseite fühlt sich hochwertig an, ebenso wie das mit Textil überzogene Kabel. Die Einpassung ist – vermutlich durch das leichter zu verarbeitende Plastik – sogar gleichförmiger als bei der Holzrückseite des Wedge, dessen Ränder zudem sehr scharf ausgefallen sind. Auch die physischen Bedientasten sind bei der IKEA-Box tadellos und zudem weniger anfällig auf Fingerabdrücke als das Touch-Display des B&W Wedge.
Diese Unterkategorie ist ein Unentschieden.
Einrichten und App – 2:2
Dass sich traditionsreiche Hardware-Hersteller immer noch schwer tun, passable Software bzw. Apps mit ihren Geräten auszuliefern, finde ich tatsächlich erstaunlich. Zumindest was das Einrichten und Einbinden des Lautsprechers ins eigene WLAN betrifft, geben sich beide Hersteller keine Blöße.
Wer bei Null beginnt, kommt beim Wedge schneller zum Ziel, da man beim Symfonisk zuerst ein Sonos-Profil erstellen muss. Ist das getan, geht alles aber ebenso schnell wie beim teuren Highend-Gerät. Mehr noch: Während B&W die App äußerst spartanisch gestaltet hat, profitiert IKEA von der langjährigen Erfahrung und diversen Funktionen, die Sonos mit seiner Plattform mitbringt. Diese bietet zudem eine bessere Integration von Musikdiensten wie Spotify und wartet bei iOS sogar mit einer akustischen Raummessung auf.
Klarer Punkt für IKEA Symfonisk.
Sound – 2:3
Nun zum Wichtigsten, dem Klang des Lautsprechers. Ein Punktgewinn für den 1.000 Euro teuren Lautsprecher von Bowers & Wilkins ist hierbei ein absolutes Muss, alles andere wäre ja angesichts des Preises völlig irrsinnig. Doch zuerst die Überraschung: beim ersten Reinhören bin ich vom Klang des Symfonisk angetan.
Klar, der satte Bass fehlt. Der Sound ist im Großen und Ganzen allerdings ausgewogen und durchaus kraftvoll, um einen mittelgroßen Raum zu bespielen. Gut gefällt mir außerdem, dass der Klang weder besonders dumpf noch zu hochfrequent daherkommt. Im Detail zeigen sich dann aber doch Schwächen. Bei tiefen Frequenzen fängt die Box teilweise zu Wummern an und auch Orchestermusik macht nicht den allergrößten Spaß.
Beim direkten Umschalten zum B&W Formation Wedge lässt sich der Klangunterschied nicht mehr leugnen. Auch mit vielschichtiger Instrumentierung kann der 1.000-Euro-Lautsprecher problemlos umgehen. Dabei bleiben Instrumente, Effekte und Stimme immer klar von einander getrennt. Es ist schwer zu beschreiben, der Sound ist nicht unbedingt lauter oder voller, aber differenzierter und freier.
Ein Atmen des Sängers, der Anschlag einer Klaviertaste – alles schwingt eine Spur mehr, ist feiner und ja, klingt einfach besser. Auch von der 120-Grad-Ausrichtung profitiert man im Raum. Die Klangqualität bleibt in einem entsprechend hohen Radius gleich gut. Ein bisschen Abhilfe kann man sich mit einem zweiten Regallautsprecher von IKEA schaffen, der im Budget mehr als drinnen ist. Aber das Grundproblem bleibt das Gleiche. Tiefe Frequenzen neigen zum Übersteuern. Und diese differenzierte Wiedergabe lässt sich auch nicht herstellen, wenn man zehn IKEA Symfonisk im Raum verteilen würde.
Punkt für B&W Wedge.
Preis – 3:3
Da gibt es nicht viel zu diskutieren. Klarer Punkt für IKEA Symfonisk
Fazit: 100 Euro oder 1.000 Euro?
Dass der 1.000 Euro teure Wedge der qualitativ bessere Lautsprecher mit dem hochwertigeren Innenleben ist, lässt sich nicht leugnen. Das war auch im direkten Vergleich eindeutig zu hören. Ist der Sound aber tatsächlich zehn Mal so gut wie beim Symfonisk? Hier wird ein Urteil schon schwieriger.
Denn auch wenn der Wedge einen tollen Klang erzeugt, fehlt auch ihm in der Tiefe der letzte Kick. Dass diese Beobachtung nicht an den Haaren herbeigezogen ist, signalisiert auch der Umstand, dass B&W mit dem Formation Bass zusätzlich eine Subwoofer-Komponente im Programm hat. Die kostet halt noch einmal 1.100 Euro. Ok.
So sehr mir das extravagante Design, das hochwertige Innenleben und auch der gute Klang gefällt: Dass der Luxus-Streaming-Lautsprecher den Aufpreis von 900 Euro wert ist, ist wirklich nur schwer zu argumentieren. Da bleib ich lieber bei meiner erprobten Stereoanlage, über die ich mittels angeschlossenem Apple TV ebenfalls Spotify und Co drahtlos wiedergeben kann.
Wer sehr feine Ohren hat und Musik gern in toller Qualität laut hört, wird mit dem IKEA Symfonisk aber auch nicht restlos glücklich werden. Als unkomplizierter Einstieg in die vernetzte Lautsprecher-Welt oder etwa auch als Zweit- und Drittlautsprecher in Küche, Bad und kleineren Zimmern taugt die Sonos-Box aber allemal. Ein bisschen nachhelfen kann man zudem mit einem zweiten Symfonisk-Lautsprecher. Aber dann hat man halt auch schon wieder 200 Euro ausgegeben.