Warum Chinesen ihren Schrittzähler mit einem Gadget manipulieren
Ein ungewöhnliches Gadget, das den Schrittzähler von Smartphones austricksen soll, ist zum Bestseller in China geworden. Das technisch recht simple Gerät wippt das Smartphone mithilfe von Elektromagneten vor und zurück. Laut den Verkäufern des Gadgets lassen sich so pro Stunde 6000 bis 7000 Schritte fälschen. Zum Vergleich: Der typische US-Amerikaner legt knapp 5000 Schritte pro Tag zurück.
Doch wozu eigentlich? Laut der Plattform „Sixth Tone“ ist die in China allgegenwärtige Messenger-Plattform WeChat dafür verantwortlich. Diese verfügt über eine Funktion namens WeRun, in der sich Nutzer zu Gruppen zusammenschließen und vergleichen können. Jener Nutzer, der die meisten Schritte an einem Tag zurückgelegt hat, darf das Cover-Foto der Gruppe wählen. Das spornt insbesondere Fans von Prominenten an, die meist ein Bild ihrer Lieblings-Schauspieler wählen.
Doch es hat auch ernste Hintergründe: An einigen Universitäten, beispielsweise der Guangdong University of Foreign Studies, müssen Studenten zumindest 10.000 Schritte pro Tag über WeRun vorweisen können. Zahlreiche Studenten nutzen das Gadget, um die Vorgabe erfüllen zu können. Apps von Versicherungsinstituten bieten zudem Anreize für mehr Bewegung an. Wer besonders viele Schritte zurücklegt, bekommt Gutscheine für Starbucks und KFC oder es wird automatisch Geld für wohltätige Zwecke gespendet, beispielsweise die Aufforstung des Waldes.
Verkaufserfolg
Der Erfolg spricht für sich: Einer der erfolgreichsten Händler konnte allein in den vergangenen 30 Tagen 25.000 Stück des Gadgets verkaufen, insgesamt setzte man bereits 150.000 Stück davon ab. Eine „Smartphone-Wippe“ kostet zwischen 20 und 60 Yuan (rund 2,5 bis 7,5 Euro). Die Produktseiten werden von positiven Bewertungen überflutet. „Jetzt kann ich endlich Bäume pflanzen ohne ständig mein Smartphone schütteln zu müssen“, schreibt etwa ein begeisterter Käufer des Gadgets. Für einen Baum muss man knapp 850.000 Schritte zurücklegen.
WeChat ist über das Vorgehen seiner Nutzer weniger erfreut. Eine Sprecherin des Unternehmens weist darauf hin, dass man die Konten von Nutzern, die ihren Schrittzähler manipulieren, deaktivieren könnte. Das sei aber bislang noch nicht passiert. „Wir ermutigen unsere Nutzer, auf unserer Plattform auf anständige und freundliche Art und Weise gegeneinander anzutreten“, so die Sprecherin gegenüber Sixth Tone.