Wenn Blinde Smartphones für Banking nutzen
Den Kontostand am Handy abfragen, eine Überweisung online tätigen oder die Kreditkarte ohne fremde Hilfe sperren. Was selbst so manchen sehenden Menschen vor eine Herausforderung stellt, war bis vor kurzem für sehbehinderte und blinde Menschen eine fast unüberwindbare Hürde. Um Bankgeschäfte für die rund 10.000 blinden und 300.000 sehbehinderten Personen in Österreich zu erleichtern, haben Erste Bank und Sparkassen ihre Banking-App „George Go“ nun mit einer Reihe Betroffener optimiert.
Handy längst Alltag
Durch das seit Montag verfügbare Update sollen blinde iPhone- und Android-Nutzer alle Funktionen der App uneingeschränkt nutzen können. Mit Eva Papst konnten die App-Entwickler eine prominente blinde Testerin gewinnen, die seit vielen Jahren für eine bessere Barrierefreiheit kämpft. „Dass Smartphones längst zum Alltag von Blinden zählen, mag sehende Menschen vielleicht überraschen. In Wahrheit ist die Bedienung von Touch-Displays durch die integrierte Sprachausgabe aber sehr einfach“, sagt Papst im Gespräch mit der futurezone.
„Das Gerät sagt einfach an, was sich auf dem Bildschirm bzw. unter meinem Finger befindet und ermöglicht so die Navigation durch Menüs. Das Ausführen von Befehlen erfolgt dann durch Druck auf den Bildschirm oder in manchen Apps wiederum über Sprachbefehle“, erklärt die passionierte Smartphone-Nutzerin, die unter anderem einen Blog betreibt und dort über Verbesserungen, aber auch Versäumnisse im Bereich barrierefreier Smartphone-Nutzung aufzeigt.
Designvorgaben beachten
Bei der Programmierung mussten die App-Entwickler von George Go nicht von vorne anfangen, sondern konnten auf die bestehende App sowie die speziellen Bedienfunktionen aufbauen, die bei Android und iOS standardmäßig integriert sind. Damit eine App von Blinden und Sehbehinderten aber tatsächlich bequem benutzt werden kann, muss sie diesbezüglich optimiert werden.
„Der Schlüssel zum Erfolg ist die Sprachausgabe-Funktion, die vorliest, was auf dem Screen zu sehen ist. Um Blinden den Überblick und die Navigation zu erleichtern, müssen die Textbausteine eines Elements schlüssig zusammengefasst werden. Rein visuelle Icons müssen sprachlich erklärt werden, für Blinde irrelevante Layout-Optionen wurden gestrichen“, erklärt George-Go-Entwickler Stefan Rinner im Gespräch mit der futurezone.
Acht Testpersonen
Getestet wurde mit acht Betroffenen, allesamt sehbehindert oder blind und ohne Vorkenntnisse der Banking-Plattform George. Die Aufgabenstellungen für die Test-User waren durchaus knifflig. Sie mussten nicht nur ihren Kontostand abfragen, sondern auch Überweisungen mit IBAN-Code zu einem späteren Durchführungszeitraum über die App in Auftrag geben. Eine weitere Vorgabe war etwa, die Bargeldbehebung bei der Kreditkarte zu deaktivieren oder diese überhaupt zu sperren.
Zur Überraschung der App-Entwickler konnten die Tester alle Aufgaben problemlos lösen, was auch als Erfolg für die "intuitive Gestaltung der App" gewertet wurde. In den Testsituationen stießen die George-Go-Entwickler auf zwei Nutzertypen. „Die einen lassen sich das vorlesen, was sich am Screen unter ihrem Finger befindet, andere vertrauen eher auf plattformspezifische Gesten, die es ermöglichen schnell von Element zu Element zu springen oder zwischen den möglichen Aktionen eines Elements zu wechseln. Bei der Adaptierung der App haben wir bewusst beide User-Szenarien berücksichtigt und abgetestet“, erklärt Isabella Frey, App-Verantwortliche von BeeOne.
„Nicht in der U-Bahn“
Dass sich die Bank dem sensiblen Thema von Finanzgeschäften angenommen habe, begrüßt Papst, zumal das Angebot gut bedienbarer Online-Banking-Seiten und Banking-Apps bislang dürftig sei. „Da ich mein Geld selbst verdienen muss, ist es das mindeste, dass ich es auch selbst verwalten kann. Und das geht nun einmal mit dem Smartphone am besten.“
Weitere Updates geplant
Die aktualisierte Version von George Go ist laut den App-Entwicklern nur ein erster Schritt. Lag der Fokus bei diesem Release auf der Bedienbarkeit für blinde Personen, wolle man die App künftig auch für Sehbehinderte optimieren, die Probleme mit bestimmten Farb-, Text- und Kontrastgestaltungen haben.