Neues Material ist lichtdurchlässiger als Glas, aber nicht durchsichtig
Viel Licht ist gut – geblendet werden aber weniger. Und in einigen Räumen hätte man auch gern Privatsphäre, ohne aber auf Helligkeit verzichten zu müssen.
Möglich soll das ein neues Material auf Polymerbasis machen. Entwickelt wurde das sogenannte Polymer-based Micro-Photonic Multi-Functional Metamaterial (PMMM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Das PMMM hat eine Transparenz von 95 Prozent. Handelsübliches Glas hat eine Lichtdurchlässigkeit von 91 Prozent. Gleichzeitig ist aber nicht durchsichtig, sondern ähnlich blickdicht wie Milchglas. Möglich wird das durch eine Mikropyramiden-Struktur, die 73 Prozent des einfallenden Sonnenlichts streut. Diese winzigen Pyramiden bestehen aus Silikon und messen je 10 Mikrometer – also ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haars.
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Passive Kühlung
Abgesehen vom Blickschutz reduziert PMMM auch einfallende Wärme. Dazu nutzt es das Prinzip der Strahlungskühlung. Vorhandene Wärme des Materials wird in der Form von Infrarotstrahlung abgegeben. Durch das Infrarot-Übertragungsfenster der Erdatmosphäre wird die Strahlung so ins All weitergeleitet. Bei Laborversuchen und im Freien wurde mit PMMM eine Kühlung erreicht, die 6 Grad Celsius geringer als die Umgebungstemperatur war.
Auch für Putzmuffel hat PMMM etwas zu bieten. Durch die Mikropyramiden hat die Oberfläche einen Lotusblatt-Effekt. Wasser perlt in Tropfenform ab. Staub und Schmutz wird so von der Oberfläche entfernt. Solange es also ab und zu regnet, wären Fenster aus PMMM selbstreinigend.
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PMMM soll Fenster, Dächer und Wände ersetzen
Die Forschenden des KIT sehen großes Potenzial in PMMM. Es könne als Fenster, Wände oder Dächer genutzt werden. In Gewächshäusern könne es etwa das Klima für die Pflanzen verbessern. Durch die bessere Lichtdurchlässigkeit sollen die Erträge gesteigert werden. Laut Berechnungen der Forschenden wäre die Effizienz der Photosynthese um bis zu 9 Prozent höher bei einem Gewächshaus, dessen Dach aus PMMM besteht, statt herkömmlichem Glas.
Im Wohn- und Arbeitsbereich würde es Blendungen und Wärme reduzieren. So könnte man sowohl Stromkosten für die Beleuchtung sparen als auch für die Klimaanlage, weil im Sommer weniger stark gekühlt werden muss.
Laut den Forschenden lässt sich PMMM problemlos skalieren und nahtlos in die Stadtplanung und dem umweltfreundlichen Hausbau integrieren. Ob das Material schon serienreif ist und ob es Unternehmen gibt, die es produzieren wollen, geht aus der Mitteilung des KIT nicht hervor. Die Studie zu PMMM wurde im Nature veröffentlicht.