So sehen Wärmekollektoren im Asphalt aus.

So sehen Wärmekollektoren im Asphalt aus.

© Haslinger/AIT

Science

Wie Asphalt im Sommer kühlen kann

Es ist das erste Projekt dieser Art in Österreich. In der Käthe-Dorsch-Gasse in Wien-Penzing wurde im vergangenen November eine Art umgekehrte Fußbodenheizung verbaut, und zwar 6 Zentimeter tief unter dem Asphalt. Diese soll die Hitze der Straße im Sommer abführen und im Erdboden speichern. Das soll die Umgebung kühlen. Die gespeicherte Wärme kann im Winter wieder für das Heizen der angrenzenden Häuser mit insgesamt 300 Wohnungen verwendet werden.

Die Asphaltwärmekollektoren funktionieren als Ergänzung zu den bereits bestehenden Erdwärmesonden auf dem Areal. 64 Stück wurden bei dem Neubauprojekt rund 150 Meter tief in den Boden gebohrt. Solche Sonden kann man sich als lange Rohre vorstellen, in denen langsam Wasser in den Boden und wieder nach oben gepumpt wird. Die Temperatur im Erdreich beträgt dabei je nach Jahreszeit zwischen 8 und 15 Grad Celsius

Kühlen und heizen

Im Winter nutzt man das im Vergleich zur Lufttemperatur wärmere Wasser aus den Erdsonden, um dessen Energie an eine angeschlossene Wärmepumpe abzugeben. Das durch die Wärmepumpe aufgeheizte Wasser wird dann wieder mittels Fußbodenheizung im Gebäude verteilt.

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Im Sommer wird das kühle Wasser aus den Erdsonden in die Wohnhäuser gepumpt und über die Rohre der Fußbodenheizung verteilt. „Free Cooling“ lautet hier der Fachbegriff, also „freie Kühlung“, die nur geringfügig Energie verbraucht. Durch dieses System kann die Wohnung um bis zu 5 Grad gekühlt werden, ganz ohne Klimaanlage.

Wie verhält sich das Mikroklima?

Bei dem Pilotprojekt in der Käthe-Dorsch-Gasse sollen einige Fragen geklärt werden: Wie stark wirkt sich etwa der Kühleffekt auf die Umgebung aus? Wie können die Erdwärmesonden im Zusammenspiel mit den Wärmekollektoren im Asphalt und Sonnenkollektoren am Dach effizient genutzt werden? Wie hoch ist das Wärmepotenzial des Asphalts? 

„Im Mai hat das Monitoring begonnen“, erklärt AIT-Forscherin Edith Haslinger der futurezone. Ende September sollen die Anrainer*innen befragt werden, ob sie einen Unterschied zwischen dem Straßenteil mit Wärmekollektoren und jenem ohne Kollektoren bemerkt haben. Das Austrian Institute of Technologie (AIT) begleitet das Projekt außerdem mit mehreren Temperaturmessungen.

links: © Haslinger

rechts: © Haslinger

So sieht die Wärmebildkamera die Flächen.

So sieht die Wärmebildkamera die Flächen.

Anfang Mai habe man die erste Messung gemacht. „Bereits da erreichte der Asphalt eine Temperatur von mehr als 50 Grad“, berichtet Haslinger. Durch Bäume beschattete Stellen waren rund 30 Grad kühler. Unbeschattete Erde, die noch nicht von Pflanzen überwachsen war, heizte sich sogar auf rund 60 Grad auf. Den Rekord schaffte die Oberfläche eines Autodachs in der prallen Sonne. Mehr als 70 Grad wurden dort gemessen.

Boden regenerieren

„In unseren Breiten ist es immer noch so, dass wir mehr heizen als kühlen“, sagt Haslinger. Durch das Heizen mit Erdwärmesonden wird dem Erdreich oft mehr Wärme entzogen, als sich auf natürlichem Wege wieder zurückbilden kann. „Man sollte den Untergrund nicht einseitig nutzen, also Energie auch immer wieder zuführen“, weiß die Expertin.

Regeneration nennt sich dieser Prozess. Findet diese Regeneration nicht statt, verliert die Wärmepumpe mit der Zeit an Effizienz. „Bei thermischer Ausgeglichenheit erspart man sich außerdem Bohrmeter, die Sonden müssen nicht mehr so tief gebohrt werden, um ganzjährig konstante Temperaturen zu erreichen“, fügt Haslinger hinzu. Das spart Baukosten.

Details zum Projekt

Laden und Entladen
Von Juni bis September werden die Erdsonden normalerweise „aufgeladen“, die Entladung erfolgt in den Wintermonaten.

Kaltasphalt
Zur Asphaltierung der Straßen wurde ein spezieller Gussasphalt des Unternehmens Ooms verbaut. Dieser muss zur Verarbeitung nur auf 120 Grad Celsius erhitzt werden. Die Verarbeitungstemperatur herkömmlichen Gussasphalts liegt bei über 200 Grad.

135 Quadratmeter
umspannen die Kollektoren in der Käthe-Dorsch-Gasse. Daneben befindet sich eine Referenzfläche ohne Kollektoren, die ebenfalls überwacht wird.

Kosten werden auch dadurch eingespart, dass der Winterdienst durch die Asphaltkollektoren quasi überflüssig wird. Die Kollektoren funktionieren nämlich nicht nur in eine Richtung, indem sie die Hitze des Asphalts ins Erdreich speisen, sondern halten mit dem wärmeren Wasser aus dem Gestein die Straße auch eisfrei  ganz ohne Salz.

Dabei wirkt sich das System auch positiv auf die Haltbarkeit des Asphalts aus. Dadurch, dass sich dieser nicht so stark aufheizt und eigentlich nie gefriert, ist der Asphalt deutlich langlebiger. „Das ist ein positiver Nebeneffekt unseres Projekts“, sagt Haslinger.

Energiewende

„Dass die Technologie auch weitläufiger ausgerollt werden kann, ist für mich unbestritten“, meint die Forscherin. Anbieten würden sich etwa Supermarktparkplätze. „Dahin geht die Reise der Wärmewende“, ist sich Haslinger sicher: „Die Zukunft der Wärmeversorgung liegt in einer Kombination aus erneuerbaren lokalen Wärmequellen wie Geothermie, Solarthermie und Abwasser. Und wenn schon Flächen versiegelt werden, wieso nutzt man sie nicht auch, um Energie zu sammeln?“

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen AIT und futurezone.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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