Mit der Handy-Geldbörse unterwegs in Nizza
Ein Button mit dem Titel „Ici Cityzi“ prangt an der Tür des „Grand Cafe de Lyon“ in der Innenstadt von Nizza. Ein Zeichen dafür, dass man hier Bargeld- und berührungslos bezahlen kann. Dank NFC (Near Field Communication) ist dies in der französischen Stadt an der Cote d`Azur seit knapp eineinhalb Jahren möglich.
Etwa 1800 Terminals gibt es in der Stadt, über die die rund 350.000 Einwohner mit ihrem NFC-fähigen Handys für ihre Einkäufe bezahlen können, ohne dass sie Geld oder ihre Kreditkarte benötigen. Rund 5000 Menschen nutzen diese Möglichkeit in Nizza bereits. Sie besitzen ein NFC-Smartphone mit NFC-fähiger SIM-Karte und haben ein Konto bei einer der drei großen Banken, mit denen „Cityzi“ funktioniert.
Beim Mobilfunkanbieter Orange, der die NFC-Entwicklung in Frankreich stark forciert, gibt es derzeit sechs Smartphones mit NFC-Technologie im Sortiment. Darunter befindet sich mit dem Samsung Galaxy S II das erste Android-Gerät in Europa, das exklusiv für Orange mit NFC ausgestattet wurde. Denn neben Nizza sollen in diesem Jahr noch neun weitere Städte in Frankreich folgen, in denen man via NFC bezahlen kann. Darunter befinden sich Paris, Straßburg und Marseille.
Erster Stop: Café
Im „Grand Cafe de Lyon“ kommt der Kellner zum Bezahlen mit dem NFC-Terminal direkt an den Tisch. Das Gerät sieht aus wie ein klassisches Zahlgerät, nur hat es keinen Schlitz für die Bankomat- oder Kreditkarte. Stattdessen hält man die Rückseite seines Smartphones wenige Sekunden lang zum Terminal, es piepst kurz und der Betrag, den man bezahlen möchte, scheint am Display des Terminals auf. Danach muss man die Zahlung bestätigen und der Prozess ist erledigt.
Am Ende kommt auch eine Quittung raus, so dass man am Papier einen Überblick hat, was man wo gekauft hat. Dies kann man allerdings auch direkt in der „Cityzi“-App nachsehen, denn über ein Untermenü findet man die Auflistung der Einkäufe der letzten Tage oder Wochen. Somit hat man wie beim Bezahlen mit der Bankomatkarte einen genauen Überblick über seine Einkäufe.
Zweiter Stop: Straßenbahn
Auch das Kaufen eines Tickets für die Straßenbahn funktioniert im futurezone-Test problemlos. Man wählt in der App einfach die Ticket-Art, die man kaufen möchte aus, und bestätigt seine Wahl. Hier wird man allerdings gleich zweimal auf unterschiedliche Art und Weise aufgefordert, den Kauf zu bestätigen. Das soll zur Sicherheit beitragen, so dass man nicht versehentlich ein Ticket kauft, wenn man keines benötigt.
Das Ticket lässt sich dann am NFC-Terminal in der Straßenbahn entwerten. Hierzu hält man wieder die Rückseite des Smartphones punktgenau zum Terminal. Wenn man versehentlich doppelt ankommt, wird einem beim zweiten Mal angezeigt, wie viele ungenützte Fahrkarten man noch auf seinem Smartphone drauf hat. Sowohl das Entwerten des Tickets sowie das Auslesen durch einen Kontrolleur funktioniert auch, wenn das Smartphone keinen Akku mehr hat und ausgeschaltet ist.
Dritter Stop: Kiosk
Nach zwei Stationen haben wir den großen Hauptplatz erreicht und wollen mit unserem Samsung Wave-Smartphone eine Postkarte zum Andenken kaufen. Am Zeitungskiosk befindet sich wieder das kleine „Ici Cityzi“-Symbol, das uns signalisiert, dass wir hier mit unserem Samsung Wave berührungslos bezahlen können. Die Postkarte ist ausgewählt und wir schreiten zur Kassa voran. Hier erweist sich NFC zum ersten Mal als richtig praktisch. Das Bezahlen funktioniert blitzschnell und ist tatsächlich wesentlich praktischer, als wenn man erst seine Geldbörse mit Bargeld aus der Tasche hervorkramen muss, oder gar mit Bankomat-Karte zahlt und einen PIN-Code eingeben muss.
Doch diese tatsächliche Zeitersparnis ist nur dann gegeben, wenn man Beträge unter 20 Euro ausgibt. Denn ab 20 Euro ist auch beim Bezahlen mit NFC-Handy die Eingabe eines PIN-Codes erforderlich. Auch dies dient zum Schutz des Kunden. Ein potentieller Handy-Dieb kann ohne PIN-Code mit der NFC-Funktion nicht viel mehr anfangen, als sich maximal ein paar Packungen Zigaretten oder eine Gratis-Mahlzeit zu sichern. Wenn das Handy wirklich gestohlen wird oder verloren geht, kann der Nutzer via Hotline einfach die SIM-Karte sperren lassen – ähnlich wie bei der Bankomat- oder Kreditkarte.
Vierter Stop: City-Bike
Doch wir haben unsere Samsung Waves noch. Als nächstes gehen wir zu einer City-Bike-Station von Veolia Transport und borgen uns ein Fahrrad aus. Ähnlich wie in Wien gibt es auch in Nizza Leih-Fahrräder. Auch hier funktioniert die drahtlose Kommunikation unseres Handys mit dem Terminal problemlos. In Zukunft sollen auch die 150 Elektro-Autos, die seit Juni diesen Jahres in Nizza verfügbar sind, mit NFC-Terminals ausgestattet werden.
Fünfter Stop: Kathedrale
Wenige Minuten später entdecken wir eine Kathedrale, von der wir gerne wissen möchten, wie sie heißt. Auch hier hilft uns unser NFC-Handy weiter. Wir halten es zum entsprechenden Symbol, das sich direkt an der Wand neben dem Gebäude befindet und bekommen einen Link zugesandt. Sobald wir diesen öffnen, wissen wir, wo wir sind, was in der Nähe ist und wie alt dieses Gebäude ist. So lassen sich mittels NFC auch ganz einfach Tags auslesen.
Nach unserer kleinen Sightseeing-Tour bringen wir die City-Bikes zurück und zahlen die Gebühr von einem Euro per NFC-Smartphone. In Nizza ist diese Art des Bezahlens kein Testlauf mehr, sondern bereits fix implementiert. Allerdings ganz ohne Geld sollte man auch dort nicht außer Haus gehen. So muss man im „Grand Cafe de Lyon“ nämlich 20 Cent für den WC-Besuch ausgeben. Und die kann man dort noch nicht per NFC bezahlen.