Science

Neurowissenschaftler zeigen, wie man Kitzelattacken abwehren kann

In einem Berliner Neurowissenschaftslabor wurden im vergangenen Jahr Versuche mit Freiwilligen durchgeführt, um das Phänomen des Kitzelns genauer zu erforschen. Dazu wurden sechs miteinander bekannte Zweiergruppen so positioniert, dass eine Person plötzlich an verschiedenen, von den Forscher*innen vorgegebenen Körperstellen gekitzelt wurde. Die Reaktionen darauf wurden durch Videokameras mit hoher Bildrate sowie Mikrofonen gemessen. Mit Tieren, etwa Ratten, hat es ähnliche Versuche bereits in der Vergangenheit gegeben. Versuche, das menschliche Verhalten dabei zu quantifizieren, gab es dagegen noch kaum.

Späte hörbare Reaktion

Wie Ars Technica berichtet, konnten bei diesen Versuchen mehrere interessante Erkenntnisse gewonnen werden. Beim Kitzeln kam es im Durchschnitt nach 300 Millisekunden zu den ersten körperlichen Reaktionen, meist durch ein Lächeln. Nach 500 Millisekunden kam es zu den ersten hörbaren Reaktionen. Laut den Forscher*innen ist dies bemerkenswert, weil vokale Reaktionen auf Berührungen normalerweise früher, nach rund 320 Millisekunden, erfolgen.

Sich selbst berühren verändert Wahrnehmung

In 70 Prozent der Fälle folge ein Lachen auf das Kitzeln. Die Lautstärke korrelierte dabei mit der gefühlten Intensität des Kitzelgefühls. Füße, Achseln und Nacken erwiesen sich als die empfindlichsten Körperstellen. Versuchsweise wurden Testpersonen auch aufgefordert, sich gleichzeitig selbst zu kitzeln, wenn sie gekitzelt wurden. Dabei kam es zu 25 Prozent weniger Lachern. Reaktionen auf das Gekitzeltwerden verzögerten sich auf 700 Millisekunden. Wenn man versucht, sich selbst zu kitzeln, während man gekitzelt wird, hebt dies also einen großen Teil der Wirkung auf.

Die Versuche sollten auch mehr Licht auf das Rätsel werfen, warum es nicht möglich ist, sich selbst zu kitzeln. Diese Frage beschäftigt Menschen schon seit tausenden Jahren. Aristoteles, Sokrates, Galileo Galilei oder Francis Bacon zählen u.a. zu den Forscher*innen, die darauf keine Antwort fanden. Auch das Berliner Team um Michael Brecht von der Humboldt-Universität fand keine endgültige Erklärung.

Dimm-Mechanismus

Brecht vermutet nach den Versuchen aber, dass es sich um einen Mechanismus des Nervensystems handelt, bei eigener Berührung quasi abzuschalten. Wenn es den Mechanismus nicht gäbe, würden Menschen ständig lachen, wenn sie sich an Stellen berühren, die üblicherweise empfindlich für Kitzelattacken sind.

Laut Sophie Scott, einer Neurowissenschaftlerin des University College London, ist diese Erklärung plausibel. Dimm-Effekte treten bei Menschen auch an anderer Stelle auf, etwa beim Sprechen. Während man spricht, ist die Fähigkeit zuzuhören und Gesagtes zu verstehen, herabgesetzt. Der Mechanismus könnte also auch Kitzelreaktionen dimmen, wenn man sich währenddessen selbst berührt.

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