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Smarte Fenster: Eine Mischung aus Solarkraftwerk und Sonnenbrille

Im Sommer kommt über die Fenster Wärme in den Raum, im Winter weicht sie oft nach außen. Der Heiz- und Klimatisierungsenergiebedarf steigt. Nicht nur die Geldbörse leidet, sondern auch die Umwelt.

In Österreich sind Heizung und Warmwasser für 25 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Zusätzlich soll sich laut einer Studie der Universität von Birmingham die Zahl der Kühlgeräte, wie zum Beispiel Klimaanlagen, weltweit bis 2050 auf 14 Milliarden vervierfachen. Werden die nicht mit grünem Strom versorgt, steigen die CO2-Emissionen so weit an, dass das Pariser 2-Grad-Ziel nicht erreicht werden kann. 

Fenster ändern Farbe

Hoffnung bieten unter anderem smarte Fenster. Das Prinzip ähnelt dem von selbsttönenden Sonnenbrillen. Diese verfärben sich allerdings durch die Lichtstärke, während bei diesen thermochromen Fenstern die Temperatur ausschlaggebend ist.

Zwischen den Glasplatten werden Substanzen platziert, die bei Temperaturänderung die Farbe der Fenster ändern. Je heißer es wird, umso dunkler das Glas – der Raum kann automatisch und ohne Einsatz der Klimaanlage gekühlt werden. Forscher am National Renewable Energy Laboratory (NREL) nutzen dafür neuerdings das Mineral Perowskit. 

Eine hauchdünne Kristallschicht wird gemeinsam mit einem Lösungsmitteldampf zwischen den Glasscheiben  angebracht. Steigt die Temperatur, erzeugt der Dampf eine chemische Reaktion, die dazu führt, dass die Kristalle neue Formen annehmen. Jede Form reflektiert Licht anders, das Glas nimmt unterschiedliche Farben an: die transparente Scheibe verfärbt sich Gelb, Orange, Rot oder Braun.

Wunderwaffe Perowskit

Perowskit hat aber auch eine zweite Funktion: es absorbiert das Sonnenlicht und erzeugt Strom. Das Mineral gilt als Zukunftsmaterial in der Photovoltaik und wird zum Teil schon zur Herstellung von Solarzellen eingesetzt. Perowskit gilt als höchst effizient, leicht verfügbar und einfach zu verarbeiten. „Es gibt große Hoffnung, dass man stabile Perowskit-Solarzellen herstellen kann, die kostengünstig und langlebig sind“, sagt Johann Summhammer vom Atominstitut der TU Wien im futurezone-Gespräch.

„Vor 15 Jahren hat man nicht geglaubt, dass man ein Material findet, dass sich so effizient wie Solarzellen entwickeln lässt. Innerhalb von 7 oder 8 Jahren konnte der Wirkungsgrad von Perowskit-Solarzellen so stark erhöht werden, was bei Silizium 30 Jahre bedurfte. Das war wirklich eine Überraschung“, ergänzt er. Die besten Wirkungsgrade belaufen sich dem Forscher zufolge auf über 20 Prozent. „Silizium-Solarzellen, die etwa in Freilandanlangen zur Anwendung kommen, erreichen derzeit zwischen 16 und 20 Prozent“, betont er. 

Der theoretisch maximal erreichbare Wert ist Berechnungen zufolge bei Perowskit höher als bei Silizium. Tendenziell können Perowskit-Solarzellen laut Summhammer kostengünstig hergestellt werden. Die Kristalle würden etwa mittels Dampfverfahren gewonnen und das Perowskit  dann als dünne Schicht aufgetragen werden. Im Vergleich zu Silizium-Solarzellen wird mit dieser Variante weniger Material benötigt. 

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Kleine Flächen

Wenn aber Perowskit Sonnenlicht inzwischen ähnlich effizient in elektrische Energie umwandelt wie Silizium, warum setzt die Industrie nicht gleich komplett auf dieses Material? Laut Summhammer zeichnen sich zwar im Labor schon gute Erfolge ab – hinsichtlich kommerzieller Produkte sei man momentan aber noch nicht so weit. Für praktische Anwendungen sind die erprobten Absorptionsflächen noch zu klein. 

Der Wirkungsgrad der NREL-Fenster etwa liege dem Experten zufolge aktuell noch bei 5 Prozent. Der Klimatisierungsenergiebedarf durch die Verdunkelung kann im Sommer damit zwar reduziert werden, in Bezug auf die Stromversorgung etwa im Winter kann man aber nicht viel machen. „Fenster in einer Größe von etwa 8 Quadratmeter, die südseitig ausgerichtet sind, würden im Winter 200 Watt Strom liefern. Der Kühlschrank könnte schon laufen, aber das Heizsystem zu betreiben, ist schwierig“, sagt er. 

Tandem-Zellen

Um in Zukunft noch mehr Sonnenlicht in Strom umwandeln zu können, arbeiten heute schon zahlreiche internationale Forschungsgruppen an sogenannten Tandem-Solarzellen. Laut dem TU-Wien-Forscher Johann Summhammer seien die im Bezug auf den Klimawandel besonders relevant. Dabei werden Zellen aus den kombinierten Elementen Silizium und Perowskit hergestellt, wodurch sich der Wirkungsgrad von herkömmlichen Silizium-Solarzellen deutlich erhöht.

Die beiden Materialien werden übereinandergestapelt  – die Bandbreite des  Sonnenlichts kann so besser ausgebeutet werden. Denn Silizium nimmt primär den infraroten Lichtanteil auf und Perowskit vielmehr den sichtbaren. 

Mehrere Untersuchungen, unter anderem der Universität von Oxford, konnten bei diesem Tandem-System einen Wirkungsgrad von über 25 Prozent nachweisen – mehr als bei herkömmlichen Solarzellen. „Wenn man es schafft, den Wirkungsgrad mit dieser Technik gleich auf 30 Prozent zu erhöhen, wäre das ein wirklich großer Sprung. Eine Fabrik in Deutschland baut solche Tandem-Zellen schon – sie sollen in zwei bis drei Jahren marktreif sein“, sagt Summhammer.  

Dichte Fenster bunkern Wärme

Im Winter kann man noch so tüchtig heizen, wenn die Fenster zugig und undicht sind. Nicht nur wird die Wohnung nur mäßig warm, die Heizkosten und Treibhausgas-Emissionen schnellen in die Höhe. Sind die Fenster hingegen adäquat abgedichtet, lassen sich die Heizkosten bis zu 30 Prozent eindämmen. Ob die Fenster undicht sind, lässt sich in erster Linie mit einer Kerze erforschen. Bei unruhiger Flamme ist eine Isolierung notwendig. 

Einfach anwendbar und kostengünstig sind Isolier- und Dichtungsbänder, die sich aufkleben lassen. Im Baumarkt ist ein sechs Meter langes Band für etwa drei Euro erhältlich. Ebenfalls effektiv sind sogenannte Zugluftstopper, die je nach Anbieter ab etwa fünf Euro erhältlich sind und in der Regel mit Sand gefüllt sind. Diese „Polsterrollen“ verhindern, dass kalte Luft nach innen dringt, indem man sie vor der Eingangs- oder Balkontür platziert. 

Mehrglas-Systeme

Es gibt auch kostenintensivere, aber äußerst effektive Fenstersysteme, die den Heizenergiebedarf deutlich senken. Laut dem Forscher Johann Summhammer von der TU Wien würden die heutigen Doppelglasfenster gut dämmen. „Als Füllung wird das Gas Argon verwendet und der Abstand der Glasplatten optimiert“, sagt er. Das Gas zwischen den Scheiben sei möglichst starr, sodass keine Wärme übertragen werde. „Es gibt auch schon verbesserte 3-Glasplatten-Systeme und Systeme, die das bessere Gas Xenon verwenden. Die sind aber teurer“, sagt er. 

Eine weitere Möglichkeit stellen laut dem Fachmann Scheiben dar, die innen mit Reflexschichten beschichtet sind und dafür sorgen, dass die Wärmestrahlung in den Raum zurückgeworfen wird. Sonnenlicht kommt dennoch unverändert hinein.  

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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