Wiener Start-up färbt Kleider mit Bakterien
Die Texitlindustrie belastet die Umwelt. Als besonders problematisch gilt das Färben der Textilien. Dabei wird nicht nur viel Wasser verbraucht - Schätzungen gehen von 6 bis 9 Billionen Liter im Jahr aus. Durch den massiven Einsatz von Chemikalien wird auch das Ökosystem stark in Mitleidenschaft gezogen. Eine Lösung bieten natürliche Farbstoffe. Auf solche hat sich das Start-up Vienna Textile Lab spezialisiert, das Farbstoffe aus Bakterien erzeugt.
"Mikroorganismen können Farbe herstellen und wir versuchen das industriell zu nutzen", sagt die Chemikerin Karin Fleck, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt und im vergangenen Jahr Vienna Textile Lab gründete. Den Anstoß dazu gab ihr eine Freundin aus Amsterdam, die sie 2017 mit dem Färben mit Bakterien vertraut machte. "Was gefehlt hat, war daraus ein Business zu entwickeln", sagt Fleck.
Welche Bakterien eignen sich für das Färben von Textilien? "Das Spannende ist, dass es alle Arten von Mikroorganismen sind", sagt die Gründerin. Welcher Mikroorganismus aber welche Farbe erzeuge oder ob er überhaupt Farbe erzeuge, müsse man selbst herausfinden.
Vienna Textile Lab greift dabei auch auf eine bakteriologische Sammlung zurück, die vom Künstler Erich Schopf zusammengetragen wurde, der die Mikroorganismen für seine Arbeit verwendet und etwa auch ein Bild des Musikers Falco "in Bakterien" geschaffen hat.
Stoffproben
"Wir analysieren die Bakterien systematisch und überprüfen, ob und auf welchen Stoffen es funktioniert", erzählt Fleck. Mehr als 20 solcher Mikroorganismen haben Fleck und ihr Team bereits untersucht. Stoffproben gibt es bereits in Gelbtönen, Orange, Rot, Blau, in Beigetönen und in ein "bisschen Grünmisch". Grün sei eine schwierige Farbe, sagt Fleck.
Wichtig sei einerseits der Metabolismus über den die Farben in den Zellen erzeugt werden und auch, ob er im großtechnischen Rahmen zur Anwendung kommen kann. Andererseits würden auch nicht alle Farbstoffe auf allen Fasern funktionieren. Jeder Farbstoff verhalte sich anders, sagt Fleck: "Es macht einen Unterschied, ob man Wolle, Seide, Polyester oder Nylon färbt.
Auf ein fertiges Produkt kann das Start-up noch nicht verweisen. Im Labor und im kleinen Maßstab funktioniere die Technologie, um die Farbstoffe aber zu konkurrenzfähigen Preisen im industriellen Maßstab erzeugen zu können, sei noch viel Arbeit notwendig. Daneben müssten auch Industriestandards erfüllt werden, sagt Fleck: "Wenn wir in 5 Jahren ein fertiges Produkt haben, haben wir es gut gemacht."
Druck auf Industrie groß
In der Textilindustrie sei der Druck nachhaltiger zu werden jedenfalls sehr groß. Das sehe man auch daran, dass die Zahl nachhaltiger und ethischer Modelabels stark zunehme. Auch in der Industrie selbst habe man die Zeichen der Zeit erkannt, so Fleck: "Sie sehen, dass sie in Innovation investieren müssen." Alternativen zu synthetischen Verfahren, die auf Erdölprodukten und Feinchemikalien basieren, gebe es abgesehen von natürlichen Prozessen kaum.
Neben Vienna Textile Lab arbeiten auch Start-ups aus Frankreich und England an natürlichen Farbstoffen und können bereits auf Finanzspritzen in Millionenhöhe verweisen. "Die Szene ist klein, wir kennen uns", sagt die Gründerin. "Der Markt ist aber groß genug."
Investorenrunde
Auch Vienna Textile Lab ist dabei, sich für eine Investorenrunde aufzustellen. Gesucht werden Geldgeber mit Erfahrungen im Biotech-Bereich, den Materialwissenschaften oder aus dem Fashiontech-Bereich. Dabei orientiert man sich international und hofft auch, Kontakte der in den Niederlanden ansässigen Innovationsplattform Fashion for Good, bei der das Start-up Mitglied ist, nutzen zu können.
Bisher wurde Vienna Textile Lab, das mittlerweile 8 Mitarbeiter zählt, aus den Eigenmitteln der Gründerin sowie aus Förderungen der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert.
Erfolge feierte man auch bereits bei einigen Wettbewerben, darunter dem Climate Launchpad, bei dem das Projekt 2017 die nationale Ausscheidung für sich entscheiden konnte. Auch mit Partnern aus der Industrie arbeitet das Vienna Textile Lab bereits zusammen. "Wir reden mit Kunden weltweit, von Asien bis in die USA", sagt Fleck. Gemeinsam mit der ESA und dem Österreichischen Weltraum Forum experimentiert man auch mit smarten Textilien.
Kooperationen mit Universitäten
Kooperationen gibt es auch mit Universitäten. Etwa mit der TU Wien und der Universität für Bodenkultur. Das Institut für Fashion & Technology der Kunstuni Linz baut gemeinsam mit Fleck ein Biofabricationlabor auf, um zukünftige Generationen von Designern auf das Thema zu sensibilisieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, Kunst und Wissenschaft zu verbinden.
Aber auch mit ersten Designern kooperiert das Start-up. Die in Berlin lebende chilenische Designerin Loreto hat eine gesamte Capsule Collection für ihre Modemarke anima mit den Farben des Start-ups entworfen. Eine auf den natürlichen Farben basierende Kollektion soll demnächst folgen.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).