Ruffboards: Öko-Snowboards mit Sommerreifen
Dass ein erfolgreiches Start-up nicht immer auf Apps oder Gadgets setzen muss, beweisen Unternehmen wie “Rolf Brillen”, “Company of Glovers” oder der Betten-Hersteller “Die Koje”. Seit zwei Jahren zählt auch das Wiener Start-up “Ruffboards” zum relativ kleinen Kreis der erfolgreichen Start-ups ohne Elektronik oder Code. In einer Werkstätte in Wiens 18. Bezirk entstehen täglich Longboards mit so klingenden Namen wie “Pummerin”, “Fesche Sopherl” oder “Berti”. Von der Konkurrenz hebt man sich aber nicht nur mit ungewöhnlichen Namen und Designs ab, denn Ruffboards setzt vollständig auf Upcycling. Neue Longboards werden aus alten, ausrangierten Snowboards hergestellt.
Umweltfreundlich
Dieses Jahr will das ehrgeizige Start-up insgesamt 200 Longboards verkaufen, schon bald sollen auch andere Sportartikel dazukommen. “Wir arbeiten an einer Modelinie und anderen Sportartikeln.”, so Ruff. So werden beispielsweise Gürtelschnallen aus den Schnittabfällen der Longboards hergestellt. Bei Kleidung verzichte man hingegen auf Upcycling, wolle die Produkte aber zumindest Öko-freundlich anbieten. Auch die Longboards werden mit regionalen Rohstoffen umweltfreundlich hergestellt.
Quereinsteiger und Ex-Häftlinge
“Wir hatten zu Anfang von der Start-up-Szene überhaupt keine Ahnung”, erzählt Ruff, die Doktorin der Geschichte ist. “Wir waren Quereinsteiger. Wir haben uns unser ganzes Wissen im Selbststudium oder über Kurse bei der Wirtschaftsagentur, im Impact Hub oder der Wirtschaftskammer angeeignet.” Im Sommer 2013 waren die ersten Prototypen für den Verkauf bereit, über einen Privatinvestor und Förderungen wurde die Produktion finanziert. Ein perfektes Studium für einen Start-up-Gründer gibt es laut Ruff nicht: “Mein Studium war trotzdem hilfreich. Ich habe mich damit beschäftigt, wie die Gesellschaft Menschen ausgrenzt. Dieses Wissen hat auch dazu geführt, dass wir gesagt haben 'Das wollen wir besser machen.’”
"Perfekte Zeit für Start-ups von Frauen"
Mit ihrer ungewöhnlichen Idee fand die Steirerin, die sich selbst kein Gehalt ausbezahlt, viel Anklang. Auch die von Männern dominierte Start-up-Szene stellte sich als keine Hürde heraus. Auf “formaler Ebene” sei es sogar ein Vorteil, eine weibliche Gründerin zu sein, da es Genderzulagen bei einigen Förderungen gibt: “Es ist eigentlich gerade der perfekte Zeitpunkt als Frau, ein Start-up zu gründen.” Das alltägliche Geschäft sei zwar sehr “Macho-bestimmt”, aber “wenn man tough ist, dann geht das schon.”
Als Fehler stellte sich bislang nur eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo heraus, die von Studenten der FH Oberösterreich konzipiert wurde. “Die Crowdfunding-Kampagne bewarb ein Produkt, das es bereits in in unserem Online-Shop gab. Warum sollte man Wochen warten, wenn man es in ein paar Tagen bekommen könnte?”, beschreibt Ruff die Problematik der Kampagne. Auch die Umsetzung gefiel dem Start-up nicht, doch da lief die Kampagne bereits und es war zu spät. Man ließ die Kampagne auslaufen, von Crowdfunding rät sie aber dennoch nicht ab. Bei der Finanzierung eines neuen Produktes könnte sie sich eine Kickstarter- oder Indiegogo-Kampagne durchaus vorstellen, doch dann müsste die Kampagne “Chefsache” bleiben.
Auf eigene Gefahr
Derzeit arbeitet man aber an einem Online-Konfigurator, mit dem Kunden ihr altes Snowboard einscannen und ein neues Longboard designen können. Die Entwicklung des Tools wurde mit 100.000 Euro vom AWS gefördert. Das Web-Tool ist fast fertig, in zwei Wochen soll der Testbetrieb starten. “Derzeit arbeiten wir noch an der Logistik, also wie wir das Board dann vom Kunden zu uns bekommen”, so Ruff. Auch die rechtlichen Folgen des Upcycling sind noch nicht komplett geklärt. “Die Haftung und Garantie ist derzeit noch eine offene Rechtsfrage. Man verwendet das Longboard auf eigene Gefahr.”