Mit großen Werbekampagnen macht 360 Security momentan auf sich aufmerksam
Mit großen Werbekampagnen macht 360 Security momentan auf sich aufmerksam
© 360 Security/Screenshot

360 Security im Test: Viele Downloads, wenig Wirkung

360 Security im Test: Viele Downloads, wenig Wirkung

Es ist ein leidiges Thema, das Smartphone-Nutzer schon seit Jahren beschäftigt: Der Akku hält nie lang genug und auch der Speicher scheint mit zunehmendem Alter des eigenen Smartphones immer kleiner zu werden. Sowohl auf Apples App Store als auch im Google Play Store sind zahlreiche "Optimierungs"-Apps zu finden, die Abhilfe versprechen.

Das Angebot ist verlockend, der Nutzen aber oftmals gering. Auch 360 Security gehört zu diesen Apps, mit mehreren 100 Millionen Downloads ist man relativ erfolgreich. Die vom chinesischen Unternehmen Qihoo 360 entwickelte App macht momentan vor allem durch groß angelegte TV-Werbespots auf sich aufmerksam, selbst die Kardashians werben mittlerweile dafür.

Zwei Systeme, unterschiedliche Funktionen

360 Security ist für Android und iOS verfügbar. Dabei unterscheiden sich die beiden Versionen im Funktionsumfang jedoch stark. Denn was die Werbung dem Nutzer nicht verrät: die Einschränkungen von Apples iOS kann eine App auch mit pompöser Werbung nicht umgehen.

Gerade deshalb bietet die App für iPhone- und iPad-Nutzer lediglich zwei Funktionen an. Erstere soll dem Nutzer Speicher freiräumen. Die Herangehensweise ist dabei relativ einfach: 360 Security scannt den auf dem Smartphone befindliche Foto-Ordner und teilt die Bilder dann in vier Gruppen auf. Komprimierbare Fotos, Dubletten, Screenshots und gefilterte Fotos.

Fotos ade

Im Test wurde ein Gerät mit rund 360 Fotos gescannt, die App befand dabei beinahe alle Bilder als optimierbar. Fotos, die von der App komprimiert werden, wurden im Schnitt um 1,5 Megabyte verkleinert, ohne dabei die Qualität spürbar zu verschlechtern. Besitzer der neusten iPhone-Generation (zum Test) sollten jedoch vorsichtig vorgehen, da 360 Security die animierten Live Photos entfernt.

Neben Screenshots und Fotos, die mit Filtern versehen wurden, erkennt die App auch doppelte Schnappschüsse. Blind vertrauen sollte man diesem Feature aber nicht. Aufgrund eines offensichtlich viel zu ungenauen Erkennungsalgorithmus wurden reihenweise Bilder markiert, die nur minimale Ähnlichkeit besitzen. Wer hier nicht aufpasst, löscht höchstwahrscheinlich mehr als nur ein paar unbedeutende Duplikate.

So kam es beispielsweise vor, dass auf drei verschiedenen Bildern ein Weihnachtsbaum im Hintergrund stand, jedes Mal aber andere Personen zu sehen waren. Serienaufnahmen, die iOS standardmäßig auf eine Art Stapel verfrachtet, um das Fotoalbum übersichtlich zu halten, erkannte die App überhaupt nicht.

Mogelpackung Akkusparer

Das zweite und gleichzeitig auch letzte Feature der iOS-Version ist ein sogenannter Akkusparer. Anhand des Akku-Levels berechnet die Anwendung, wie viele Stunden man noch über 3G telefonieren oder Musik hören kann. Zusätzlich schätzt die App die voraussichtliche Ladezeit ab und benachrichtigt den Nutzer auf Wunsch, wenn der Akku vollständig geladen ist.

Da Apple Entwicklern aber keinen Zugriff auf die Sensordaten des Akkus gewährt, sind die Schätzung meistens vollkommen falsch.

Zu viel für Android

Im Gegensatz zur iOS-Variante kommt die App für Android mit einem regelrechten Überangebot daher. Neben einigen Bereinigungsfunktionen liefert die Anwendung auch noch einen Diebstahlschutz, einen App-Manager, Anruf- und SMS-Blocker sowie einen Datenmonitor und –schützer.

Bereinigen lassen sich mit 360 Security interner und externer Speicher sowie RAM. Die Funktion ist jedoch mehr Augenwischerei als großartiger Helfer. Befreit die App den RAM-Speicher, werden einige der laufenden Prozesse beendet.

Diese starten jedoch binnen einer Minute wieder ohne Zutun des Nutzers selbstständig und sorgen somit für zusätzliche Belastung des Akkus. Und auch die Bereinigung von internem Speicher sowie der SD-Karte führt nur kurzzeitig zu mehr Speicher, da sich die App fast ausschließlich um Cache-Dateien kümmert.

Über den integrierten App-Manager lassen sich Anwendungen, die zu viel Speicher verbrauchen, auf Wunsch löschen oder auf die SD-Karte verschieben. Dies ist jedoch nur möglich, wenn 360 Security es als notwendig erachtet. Manuell ist das Verschieben leider nicht möglich.

Tresor ohne Schloss

Den Menüpunkt Datenschutz darf man sich als abgespeckten App-Tresor vorstellen. Hier können geheime Kontakte abgelegt werden, die dann nur durch Eingabe eines zuvor definierten Sperrmusters abgerufen werden können. Außerdem lassen sich auch Apps mit dem gewählten Muster vor unerwünschten Zugriffen anderer schützen.

Auch hier ist die vermeintliche Sicherheit von 360 Security mehr Schein als Sein. Stoppt man den Prozess von 360 Security, ist auch der Schutz von Apps und Kontakten deaktiviert. Die Sicherheitsfunktionen lassen sich also mühelos umgehen.

Auch der Anruf- und SMS Blocker ist eine Enttäuschung. Zwar können vorher ausgewählte Nummern tatsächlich blockiert werden, was im Falle von Spam-Anrufen sehr hilfreich ist, SMS-Blocking wird aber nicht auf Geräten mit Android 4.4 oder höher unterstützt.

Redundante Systemfunktionen

Übrig bleiben damit noch die Datenüberwachung und der Diebstahlschutz. Zwei Funktionen, die das Android-Betriebssystem bei den meisten Geräten mittlerweile von Haus aus beherbergt. Mittels Datenüberwachung können Nutzer das Datenlimit ihres Mobilfunkvertrags im Auge behalten. Verfügt das Gerät über Root, können Anwendungen auch mittels Firewall am Kontakt zum Internet gehindert werden.

Der Diebstahlschutz bietet im Falle eines Verlustes GPS-Tracking, Remote-Bildschirmsperre und Datenlöschung sowie einen Mechanismus, der den Smartphone-Besitzer bei einem Tausch der SIM-Karte benachrichtigt. Die Anmeldung findet hier via Google Konto statt, anfallende Daten werden dabei regelmäßig mit einem Server in China ausgetauscht.

Fazit

360 Security macht mit großen Werbeeinschaltungen und verheißungsvollen Versprechungen auf sich aufmerksam. Viel steckt aber nicht dahinter. Ihren kurzzeitigen Platz zwei unter den iOS-Top-Apps konnte die Anwendung in keinster Weise rechtfertigen, auch die Android-Version kann nicht wirklich überzeugen.

Zwar gibt es hier im Gegensatz zur iOS-Variante deutlich mehr Tools. Jedoch sind diese alles andere als gut umgesetzt. Für jede einzelne Funktion von 360 Security gibt es mindestens eine andere App, die ihre Aufgabe besser erledigt. Diebstahlschutz oder App-Manager sind bei Android mittlerweile sogar standardmäßig an Board.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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