„Voice Remote Control“ erleichtert körperlich beeinträchtigten Personen die Steuerung von Elektronik-Geräten.
„Voice Remote Control“ erleichtert körperlich beeinträchtigten Personen die Steuerung von Elektronik-Geräten.
© FH OÖ, Jetzinger

Voice Remote Control

FH-Student entwickelt Steuerungs-App für Infrarotgeräte

Die App „Voice Remote Control“ des 26-jährigen Thomas Jetzinger aus Lambrechten in Oberösterreich wurde Ende Juni zur besten „Health App des Landes“ gewählt. Die App schaffte es aus insgesamt 50 Einreichungen ins Finale des „Clash of the Apps“ Contests. Jetzinger konnte sich mit seinem „Live-Pitch“ am Überall App Congress in der Wiener St. Marx-Halle mit einer kurzen, prägnanten, auf den Punkt gebrachten Präsentation gegen die Konkurrenz durchsetzen und sich das Preisgeld von 5000 Euro sichern.

Technisches Hilfsgerät

Doch was kann „Voice Remote Control“ eigentlich? Mit der App können körperlich beeinträchtigte Menschen TV-Geräte, Radio und andere Elektronik-Geräte über ihr Smartphone steuern. Die Idee dahinter: Herkömmliche Fernbedienungen, die meist mit Infrarot-Signalen arbeiten, stellen für Menschen mit motorischen Einschränkungen unüberwindliche Hürden im Alltag dar. Mit Hilfe der "Voice Remote Control"-App können diese technische Geräte ohne fremde Hilfe bedienen.

„Das funktioniert via Spracheingabe“, erklärt Jetzinger, der an der FH Hagenberg derzeit das letzte Semester des Bachelor-Studiengangs „Mobile Computing“ absolviert. „Die App erkennt natürliche Spracheingaben, die dann von einem Umsetzer in Infrarot-Signale umgewandelt werden. Ein spezieller Editor ermöglicht zudem die einfache Konfiguration für verschiedene Endgeräte, nicht nur für ein einzelnes.“ Auch Ungenauigkeiten in der Sprache soll das System erkennen.

Computergestützte Kommunikation

„Durch die Verwendung von handelsüblichen Smartphones in Kombination mit etablierter Technik in der Spracherkennung entfallen hohe Anschaffungskosten, und auch der Konfigurationsaufwand wird minimiert“, so der FH-Student, der die App im Rahmen eines Studienprojekts in Kooperation mit Lifetool, einem gemeinnützigen Unternehmen in Linz mit Schwerpunkt computerunterstützte Kommunikation für Menschen mit Behinderungen, entwickelt hat.

„Die Idee zur App stammt eigentlich von Franz-Joseph Huainigg, der selbst körperlich beeinträchtigt ist“, sagt Jetzinger. Der Nationalratsabgeordnete und Autor ist seit einer Impfung im ersten Lebensjahr in beiden Beinen gelähmt und auf einen Rollstuhl und ein Beatmungsgerät angewiesen.

Nach einjähriger Entwicklungszeit war der Prototyp der App schließlich fertig und somit auch bereit für ein Einreichen beim „Clash of the Apps“-Contest. Bei dem österreichweiten Wettbewerb des Überall App Congresses wurden die besten App-Ideen des Landes im sozialen Bereich gesucht. „Es ist eine tolle Anerkennung und ein Ansporn für mich, dass meine App bei diesem Wettbewerb Jury wie Publikum begeistert hat, und es freut mich natürlich besonders, mit ihr beeinträchtigten Menschen helfen zu können“, sagt der Student.

Robert Haider (Sponsor des 5000 Euro-Preises), Contest-Gewinner Thomas Jetzinger und Daniel Horak (Geschäftsführer von CONDA Unternehmensberatung) bei der Preisverleihung am Überall App Congress

Auch Mobile Computing-Studiengangsleiter Christoph Schaffer ist von der Leistung seines Studenten begeistert. „Diese Auszeichnung zeigt einmal mehr, dass wir mit unserer Ausbildung auf dem richtigen Weg sind und Talente optimal fördern können“, sagt der FH-Professor.

Ab Herbst verfügbar

„Voice Remote Control“ kann ab dem Herbst als Android-Version im Google Play Store kostenlos heruntergeladen werden. Ein Editor ermöglicht eine einfache Konfiguration für verschiedene Endgeräte, wobei über eine Online-Datenbank aus mehr als 2000 Infrarot-Geräten gewählt werden kann. Durch eine eingebaute Sprachausgabe kann die App auch „blind“ bedient werden. Sie bietet auch eine einfache Erweiterbarkeit auf andere Anwendungsszenarien wie etwa einen Notfall-Ruf.

Die Konkurrenz

Gegen diese Konkurrenz setzte sich der oberösterreichische Student durch: Beim „Clash of the Apps“-Contest belegte die App „diaAPPetes“ von Lukas Tiefenböck den zweiten Platz. Die Android-App soll Diabetikern dabei helfen, die Insulin-Menge zu berechnen. Nutzer scannen den Barcode ein oder geben via Text-Suche dann Produktnamen ein, dann greift die App auf eine Produktdatenbank mit über 235.000 Produkten zu und liefert ein Ergebnis. So werden die Insulin-Mengen berechnet. Außerdem bietet die App Tagebuch-Funktionalität, so dass Diabetiker genau aufschreiben können, welche Lebensmittel sie gegessen oder getrunken haben. Auch die notwendigen Blutzucker-Messungen werden nicht so einfach vergessen, weil man ständig von der App daran erinnert wird. Bei zuckerkranken Kindern gibt es auch noch eine Zusatz-Funktion für die Eltern: Bei kritischen Werten werden die Eltern benachrichtigt.

Den dritten Platz belegte Benjamin Gemeiner mit der „Bioprothesen-App“, der ersten App für künstliche Beinprothesen. Die App dient zur Mikroprozesssteuerung von Knie- und Fußgelenken. Die App erkennt dabei automatisch, ob das Knie- oder das Fußgelenk verbunden ist. Die App wurde bereits als „Medizinprodukt“ anerkannt, was mit strengen rechtlichen und regulatorischen Anforderungen einhergeht. Die App ermöglicht mehr Dynamik beim Gehen sowie mehr Dämpfung auf der Treppe sowie einen eigenen Fahrrad-Modus. Zudem ist auch ein Schrittzähler integriert.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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