Apple arbeitet angeblich an Armbanduhr
Apple arbeitet angeblich an Armbanduhr
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Analyse

„Apple ist mit Nokia nicht vergleichbar“

„Die öffentliche Wahrnehmung von Apple hat sich tatsächlich verändert. Gleichzeitig würde ich behaupten, dass 90 Prozent der jetzigen Apple-Beobachtungen von Leuten stammen, die das Unternehmen vor zwei Jahren noch ignoriert haben“, meint Dediu im Gespräch mit der futurezone. Der größte Unterschied im Vergleich zu 2005 sei sicherlich, dass das Unternehmen nicht mehr zig sondern Hunderte Millionen User habe und sich folglich auch die Sensibilität der Wahrnehmung um den Faktor 10 erhöht habe.

Konzern kaum verändert
„Wenn man die Firmenkultur und –struktur genau verfolgt, wird man sehen, dass sich seit 2005, wenn nicht sogar 1975 nur sehr wenig bis gar nichts verändert hat.“ Das Erfolgsrezept Apples basiere stark darauf, Produktkategorien zu schaffen bzw. neu zu definieren, diese neu geschaffenen Märkte dann aber nur bis zu einem gewissen Grad auszureizen. Das sei eine fundamental andere Vorgehensweise als sie bei praktisch allen anderen Konzernen anzutreffen sei.

„Andere Unternehmen agieren viel stärker umsatzgetrieben und versuchen ein bereits vorhandenes Marktpotenzial mit allen Mitteln auszuschöpfen, sei es über schnelle Update-Zyklen oder Erweiterungen ihres Markenportfolios. Dies geschieht unter anderem über die strikte Organisation der Unternehmen in Abteilungen, die jeweils ihre Vorgaben zur Umsatzmaximierung erfüllen müssen, und sei es auf Kosten anderer Sparten innerhalb des Unternehmens“, erklärt Dediu. Innovationen, welche die Sprengkraft haben, bestehende Märkte völlig umzukrempeln oder obsolet zu machen, seien nicht Teil dieser Strategie.

...nach dem Tod des Apple-Gründers Steve Jobs muss er sich nun allein an der Spitze behaupten.

Das Erbe von Steve Jobs
Steve Jobs habe diese auch bei Apple im Laufe der Jahre eingeführte Rationalisierung und Organisation nach strikt getrennten Abteilungen bei seiner Rückkehr wieder abgeschafft. Vielmehr könne dies sogar als Erbe von Jobs bezeichnet werden, dass eine derartige Struktur bei Apple nicht mehr passieren soll. Tim Cook mache zudem keine Anstalten, an dieser Strategie etwas zu ändern. So sei das Unternehmen weiterhin nicht in eine iPhone-, iPad- und eine iPod-Division oder ähnliches aufgeteilt, sondern in funktionellen Aufgabengebieten organisiert.

„In dem Moment, in dem Apple sein Portfolio in der Art optimiert wie es die anderen Hersteller tun, wird das Unternehmen auch nicht mehr in der Lage sein, neue Produktkategorien und Märkte zu schaffen“, ist Dediu überzeugt. Vergleiche mit anderen Herstellern wie dem gefallenen Handymarktführer Nokia seien folglich irreführend. „Apple kann man mit Nokia überhaupt nicht vergleichen. Nokia ist vielmehr das klassische Gegenbeispiel, wie man einen Technologiekonzern führen kann, da er – wie übrigens auch Samsung und Blackberry – in erster Linie Markt- und nicht Innovationspotenzial ausreizt.

Apple als Innovator
Was die vielzitierte Innovationsfähigkeit angeht, weist Dediu zunächst auf die Definitionsschwierigkeiten hin, die mit diesem einhergehen. Ungeachtet dessen sei Apple aber immer noch ungeschlagen darin, eine oder mehrere Erfindungen in einem Produkt so zu integrieren, dass dieses als Innovation wahrgenommen werde. „Apple besitzt hierbei den Vorteil, dass es weite Teile seiner Wertschöpfung kontrolliert, von der Software bis zur Hardware bis zu entsprechenden Services, was eine Voraussetzung für die Integration ist“, sagt Dediu.

Dass Apple, wie von einigen Medien kritisch festgehalten, beim Selbstlob und der Selbstinszenierung seiner Produkte mittlerweile den Bogen überspanne, sieht Dediu ebenfalls differenziert: „So etwas ist natürlich schwer zu messen, zumal sicher jedes Unternehmen von seinen Produkten behauptet, dass sie die besten sind. Aufschlussreicher sind allerdings die Werbeausgaben. Und hier kann man feststellen, dass etwa Samsung im Vergleich zu Apple ein Vielfaches an Werbegeldern und Promotionen für den Verkauf von Geräten ausgibt“.

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Horace Dediu hat sich in den vergangenen Jahren mit zuverlässigen Apple-Vorhersagen einen Namen gemacht und damit so manch etablierten Analysten großer Bankhäuser alt aussehen lassen. Zuvor viele Jahre bei Nokia tätig, gründete Dediu 2010 in Helsinki die unabhängige Marktforschungsfirma Asymco. Die meisten seiner seiner Analysen publiziert er im gleichnamigen Blog. Im Gegensatz zu vielen "traditionellen" Analysten, die sich auf interne Informationsquellen und Gerüchte berufen, stützt Dediu seine Vorhersagen mehr auf tatsächliches Zahlenmaterial und öffentlich verfügbare Informationen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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