© Jakob Steinschaden

Gründer

Aus der Traum: Wenn Start-ups scheitern

Eine tolle Idee, ein brauchbarer Businessplan, eine Finanzspritze von Investoren - und trotzdem reicht es manchmal nicht, dass aus aufstrebenden Start-ups langfristig erfolgreiche Unternehmen hervorgehen. Dem Problem müssen sich Gründer auf der ganzen Welt stellen - da macht es keinen Unterschied, ob Silicon Valley, London, Berlin oder Wien. Denn die Gründe, warum es für manch Start-up dann doch nicht reicht, sind vielfältig.

In Österreich hat sich die Start-up-Szene in den vergangenen Jahren durchwegs positiv entwickelt, Firmen wie Runtastic oder Wikitude haben es auch auf der internationalen Bühne zum Durchbruch geschafft. Gerade im Bereich Mobile tut sich hierzulande einiges und große Events wie das Pioneers Festival haben kräftig dazu beigetragen, dass die österreichische Gründerszene auch außerhalb der Landesgrenzen wahrgenommen wird.

Doch leider schaffen es nur wenige zu wirklich großem Erfolg und viele müssen spätestens nach ein paar Jahre wieder das Handtuch werfen - nicht selten finden sich darunter auch recht bekannte Namen, Start-ups die zunächst oft einen Hype ausgelöst haben.

Endstation 2013

Auch in diesem Jahr wurden einige, recht namhafte Dienste aus Österreich wieder eingestellt. Auch wenn hierzulande keine “offiziellen Listen” darüber geführt werden, so sind doch ein paar der gescheiterten Start-ups in Erinnerung geblieben. So musste etwa das Fashion-Start-up Lookk (vormals Garmz) aufgeben, ebenso hat der Wiener Archivierungsdienst Archify, der zuvor nach Berlin umgezogen war, mit Oktober sein Angebot eingestellt. Die Archify-Gründer wollen es künftig mit einer Suchmaschine versuchen. Auch das bekannte österreichische Start-up Wappwolf, das einen Service bot, der automatisiert Dateien verarbeiten konnte, gibt es seit diesem Frühling nicht mehr.

Im Bereich Games musste das Linzer Entwicklerstudio Pro 3 Games im Oktober Konkurs anmelden. Nicht das komplette Aus gab es bei der Rezepteplattform Kochabo.at, jedoch hat die Plattform ihre Aktivitäten in Deutschland wieder eingestellt und will nun nur mehr in Österreich aktiv sein. Auch ein Start-up aus der “ersten” Internetgeneration hat es nun endgültig erwischt: Mit 15. Dezember stellte die Online-Community Uboot.com ihren Dienst ein.

Bei den Nachbarn in Deutschland sind ebenfalls einige “bekannte Namen” in diesem Jahr von der Bildfläche verschwunden, darunter das soziale Netzwerk SchuelerVZ, der Reisedienst Hotelodeo, das von Immobilienscout unterstützte Deskwanted, der Event-Marktplatz Gidsy ebenso wie der Getränkedienst BuddyBeers. Die Plattform Gründerszene führt eine Datenbank über deutsche Start-ups, die wieder aufgegeben haben.

“Hochrisiko”

“Grundsätzlich sind gerade technologiebasierte Gründer Hochrisiko. Weil bei ihnen sehr sehr viele Komponenten zusammenkommen”, sagt Edeltraut Stiftinger, Geschäftsführerin der staatlichen Förderbank Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws), im futurezone-Interview. “Man braucht ein gutes Team, einen Businessplan, Investoren, ein gutes Produkt und man braucht vor allem einen langen Atem, weil man bei der Gründung oft noch gar nicht den Markt für die jeweilige Idee hat.”

Unterschiedliche Gründe

Warum Start-ups scheitern, sei immer eine sehr individuelle Angelegenheit, die sich aus vielen unterschiedlichen Komponenten zusammensetze, meint Stiftinger. Im Allgemeinen spreche man davon, dass die kritische Phase im dritten oder vierten Jahr eintritt, wo dann viele aufgeben müssen. “Wir begleiten Gründer von der Vorgründungs- bis hin zur Vermarktungsphase. Scheitern heißt aber auch Erfahrung”, so Stiftinger weiter. In Österreich sei mit den Entwicklungen der vergangenen Jahre, der Entstehung des Pioneers Festivals und derlei Initiativen zu spüren, dass sich auch langsam eine Kultur des Scheiterns entwickle. Im Vergleich vor allem zu den USA ist diese jedoch noch kaum ausgeprägt. “Auf kultureller Ebene, eine Veränderung herbeizuführen ist immer eine langfristige Angelegenheit”, sagt Stiftinger.

“Beobachtungen, viele Gespräche mit Gründern und die Synthese der Meinungen von Größen im internationalen Startup Umfeld deuten auf typische Gründe fürs Fehlschlagen von Start-ups hin”, sagt Can Ertugrul vom Verein AustrianStartups zur futurezone. “Der Primärgrund scheint, dass ein (innovatives) Start-up es nicht schafft, ein Produkt zu entwickeln, das viele Menschen wirklich wollen.”

Zu spät oder nicht "mit dem Markt reden", kein Geld oder keine Moral mehr zu haben, um es noch hartnäckig genug versuchen zu können, können genauso Ursachen für den Primärgrund sein wie persönliche Probleme innerhalb des Gründungsteams, so Ertugrul weiter. Gute Teams schaffen es laut dem Branchenexperten meistens lang genug zu überleben, um mit ihrer Entdeckungsreise als Start-up eine Permutation ihres Produkts zu finden, die am Markt einschlägt. “Interessant ist, dass zu viel Geld genauso ein Start-up killen kann”, sagt Ertugrul. Vor allem bei Internet-Startups im internationalen Umfeld sei laut der Plattform Startup Genome Project eine vorzeitige Skalierung der Hauptgrund fürs Fehlschlagen. Gemeint ist, dass Startups zu früh, etwa bevor sie das richtige Geschäftsmodell entdeckt haben, ihre Kosten erhöhen, das Team erweitern oder zu viel Geld einsammeln und dadurch ineffizienter werden.

Zweiter Versuch

Laut dem aktuellen Austrian Startup Report sind 70 Prozent der heimischen Start-ups in der Ideen- und Frühphase, 30 Prozent in der Wachstumsphase. Nur 27 Prozent der Befragten sind Seriengründer. Hat es mit einer Firma nicht geklappt, belassen es hierzulande noch immer die meisten dabei. Wobei Stiftinger auch hier Verbesserungen ortet, mittlerweile gebe es immer mehr, die auch noch einen zweiten Versuch wagen. “Wir wollen die Leute jedenfalls so begleiten, dass sie wieder auf die Füße kommen”, sagt Stiftinger. Dabei sei es natürlich immer wichtig, realistisch zu bleiben und man müsse sich auch anschauen, warum es mit einem Unternehmen nicht funktioniert hat.

Wird ein schneller Hype zum Problem?

Nicht selten kommt es vor, dass neue Services in Windeseile zum Hype hochgejubelt werden, die Öffentlichkeit wird auf die Start-ups aufmerksam, Medien berichten und Nutzer meinen, den nächsten großen “Trend” entdeckt zu haben. Doch die Realität ist oft viel nüchterner, weil es am Ende oft am Geschäftsmodell mangelt.

Dass Start-ups komplett überbewertet werden, sei mittlerweile aber nicht mehr der Fall, sagt Stiftinger. Die Einschätzungen seien in der Regel realistischer geworden. “In den vergangenen 15 Jahren hat sich auch in diesem Punkt einiges verbessert. Es gibt nicht mehr diese riesigen Blasen. Ein Unternehmen hat auch nichts davon, wenn es am Anfang zu hoch bewertet wird.”

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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