Die Gewinner des Living Standards Award
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Am 21. Jänner war es wieder soweit: Der Living Standards Award wurde vergeben. Dieses Mal fand die Verleihung der Preise im Rahmen eines digitalen Events statt, an dem rund 300 Personen teilnahmen. Der Preis hat sich in den letzten Jahren zum bedeutendsten österreichischen Preis für Standardisierung und Innovation entwickelt.
Austrian Standards zeichnet damit Unternehmen, Organisationen, Forschungseinrichtungen und Start-ups aus, die es mit Standards und einer klugen Idee auf den Weltmarkt geschafft haben oder kurz vor dem Sprung dorthin stehen. Grußworte kamen zu Beginn der Veranstaltung von Bundesministerin Leonore Gewessler: „Klimaschutz ist das beste Konjunkturpaket. Die Preisträger stammen aus verschiedenen Bereichen wie Umwelt oder Kreislaufwirtschaft“, freut sich die Ministerin.
Plastikvermeidung
In der Kategorie „Developing Future Technologies“ wurde das Unternehmen Purency GmbH ausgezeichnet. Die Lösung von Purency ist eine automatisierte Analyse von Mikroplastik mit Hilfe von Machine Learning. Damit die Laborwerte miteinander vergleichbar werden, spielen Standards eine wichtige Rolle. Die Purency GmbH hat sich hier seit 2019 bei der Standardisierung aktiv beteiligt und an einem Standard zur Datenverarbeitung mitgearbeitet. Damit werden die Ergebnisse labor- und zeitübergreifend vergleichbar und das kann auch eine Grundlage für Rechtsvorschriften sein. Aurelia Liechtenstein erzählte bei der Verleihung, wie wichtig diese Entwicklung für die Bewertung von Mikroplastik ist: „Ohne vergleichbare Werte kann keine verlässliche Grundlage geschaffen werden, um Mikroplastik zu bekämpfen. Dabei lässt Mikroplastik heutzutage aber kaum einen Ort aus. Standards helfen uns dabei, das sichtbar zu machen.“
Sonja Sheikh von der Austrian Cooperative Research (ACR) betonte in ihrer Gratulation, dass dieses Beispiel sehr gut zeigt, wie Normen und Standards häufig der Startpunkt von Innovationen sind. „Der Living Standards Award macht das deutlich und holt diese besonderen Leistungen vor den Vorhang“, so Sheikh.
Quantentechnologie
Ebenfalls in der Kategorie „Developing Future Technologies“ ausgezeichnet wurde am Donnerstag das Unternehmen Alpine Quantum Technologies GmbH. Es setzt „neue Maßstäbe und zeigt einen einzigartigen Weg“, so die Begründung der Jury. Alpine Quantum Technologies (AQT) ist ein Start-up, welches 2018 in Innsbruck gegründet wurde. Es hat sich darauf spezialisiert, Ionenfallen-Quantencomputer zu entwickeln. Damit können bedeutsame und praxisnahe Probleme gelöst werden. CEO Thomas Monz erzählt im Anschluss an die Preisverleihung etwa, dass man damit ein besseres Verständnis für die Entwicklung neuer Materialien bekommen könne, etwa jener mit besserer Leitfähigkeit. Der Computer passt dabei von der Größe her in einen Wandschrank und hat den Stromverbrauch eines Wasserkochers.
Im Bereich Quantencomputing gibt es erst wenige Standards, aber mit dem ISO/IEC WD 4879 hat AQT einen wichtigen Standard aus der Informationstechnologie berücksichtigt. Dieser spielt dann eine Rolle, wenn es darum geht, mit IT-Partnern eine „gemeinsame Sprache“ zu finden. AQT ist das erste europäische Unternehmen, das einen Quantencomputer auch in die Cloud bringt. „Gerade für Start-ups kann sich das Implementieren von Standards frühzeitig rentieren, deshalb sollte man so früh wie möglich damit anfangen“, so der Tipp von CEO Monz.
Medizintechnik
Der nächste Living Standards Award in der Kategorie „Enabling Solutions“ ging an cortEXplore und zwar für die Entwicklung eines neurochirurgischen Navigationssystems. Dabei handelt es sich um ein spezielles Ortungssystem, um Areale im Gehirn besonders präzise zu erreichen. Das Medizin-Technik-Start-up wurde 2018 gegründet und entwickelt auch künstliche neuronale Netze für medizinische Diagnostik. „Chirurginnen und Chirurgen müssen exakt in anatomischen Bereichen operieren, die in vielen Fällen kaum direkt sichtbar sind. Dies gilt insbesondere im neurochirurgischen Bereich. Mit unserer neuen Technologie können neurologische Operationen individuell basierend auf 3D-Modellen geplant werden“, erklärt Stefan Schaffelhofer, Geschäftsführer von cortEXplore bei der Preisverleihung.
Das Unternehmen hat bei der Entwicklung ihres Systems viele Standards verwendet, etwa für Qualitätsmanagement sowie Standards für medizinische Geräte und Risikomanagement. „Dies ist die Absicherung für unser Produkt“, so Schaffelhofer. „Es ist wichtig, dass wir alle gängigen Standards in diesem Bereich genau einhalten“, so der Geschäftsführer. Sein Ziel ist es, dass die Entwicklung für den humanmedizinischen Bereich binnen der nächsten zwei Jahre zugelassen wird.
Robotermikroskop für Operationen
Mit einem Living Standards Award in der Kategorie „Reaching International Markets“ ausgezeichnet wurde die Firma BHS Technologies für ihren Roboterarm, der im Operationssaal zum Einsatz kommt. Das RoboticScope von BHS Technologies ist das erste Operationsmikroskop, das Chirurginnen und Chirurgen vom statischen Mikroskop entkoppelt und zwar mit Hilfe eines Roboterarms, der sich automatisch den Kopfbewegungen der Ärztinnen und Ärzte anpasst. Damit müssen diese während der OP ihre Werkzeuge nicht ablegen und das Mikroskop ständig neu ausrichten.
Bei der Entwicklung von RoboticScope wurden Standards im Bereich Qualitätsmanagement berücksichtigt, ebenso wie sehr viele technische Standards aus den Bereichen Safety sowie Medizingeräte. „Es geht dabei vor allem um die Sicherheit“, sagt Gregor Burger, CEO des Unternehmens, bei der Preisverleihung. Mit dem Roboterarm wurden bereits mehr als 1000 Operationen durchgeführt - darunter auch welche in einer Tierklinik. Als nächsten Schritt möchte BHS Technologies in den USA Fuß fassen. „Die Vorbereitungen dafür laufen“, so Burger. „Für uns ist der Living Standards Award sehr wichtig, um unser noch junges Unternehmen bekannter zu machen.“
Sicherheit von Luft- und Weltraumfahrt
In der Kategorie „IEEE Standards“ wurde die TTTech Group ausgezeichnet. TTTech ist Technologieführer für Sicherheitssteuerungen und Echtzeit-Netzwerke im Bereich Industrial IoT, sowie in der Luft- und Raumfahrt. Das Unternehmen beteiligt sich bereits seit 2003 aktiv an der Entwicklung von Standards und trägt damit zu Schlüsselprojekten bei. „Es geht dabei um die Sicherheit von Computersystemen“, sagt Wilfried Steiner von TTTech.
Das Engagement von TTTech hat die Möglichkeit geboten, den Markt aktiv mitzugestalten, den Zugang zu wichtigen Stakeholdern zu erhalten und wertvolles Marktwissen zu erlangen. Es wurden Risiken für große Technologieinvestitionen reduziert und so konnte sich das Unternehmen auch einen strategischen Vorteil für sich erschaffen. „Wir haben als Anwender von Standards begonnen, dann haben wir gesehen, dass sich vor allem in der Luft- und Raumfahrt Standards herauskristallisiert haben. Diese haben wir dann von Beginn an mitgeprägt und dabei mitgemacht. Unsere Erwartungen an die Standardisierung haben sich erfüllt und für uns haben sie den Mehrwert, dass wir dadurch einfacher neue Kunden gewinnen können“, sagt Steiner beim an die Verleihung anschließenden digitalen Networking, das die Veranstaltung abrundete.
Disclaimer: Die futurezone war Medienpartner des Living Standards Award.
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