Interview

Microsoft: „Apple wird für Innovation belohnt“

futurezone: Wie ist es möglich, dass Apple mittlerweile mehr Geld verdient und auch an der Börse weitaus mehr wert ist als Microsoft?
Klaus Holse Andersen:
Der Erfolg von Apple beweist, dass man für Innovation belohnt wird – und das ist auch gut so. Gerade im Gerätebereich hat Apple zweifelsohne gute Arbeit geleistet und für neue Impulse im Wettbewerb gesorgt. Gleichzeitig kann aber auch Microsoft stolz sein, nach all den Jahren immer noch zu den profitabelsten IT-Konzernen der Welt zu gehören. Was den IT-Markt betrifft, sind die 80er- und 90er-Jahre mit heute nur schwer vergleichbar, der Markt war damals bei weitem nicht so reif.

Gleichzeitig wird man das Gefühl nicht los, dass Microsoft gerade in den wichtigen Bereichen Smartphones und Tablets sowie im potenziell ertragreichen Online-Geschäft nachhinkt.
Bei den Tablets wird die Integration von Windows direkt auf Chips von Intel und ARM für einige Innovationen in der Produktion und beim Gerätedesign sorgen. Bei den Smartphones sind wir durch die Kooperation mit Nokia und der Weiterentwicklung von Windows Phone 7 ebenfalls gut aufgestellt. Bei der Suche haben wir uns mit Bing zunächst auf die USA konzentriert, wo wir uns mit 30 Prozent Marktanteil neben Google als zweiter starker Player etabliert haben.

Dennoch schreibt die Online-Sparte immer noch kräftige Verluste. Was läuft da schief?
So lange man viel investiert, kann man auch schwer Gewinne einfahren. Das wird auch in Zukunft noch eine Weile so sein, da wir weiterhin investieren werden, um auch weltweit mit den Services punkten zu können. Auch bei der Xbox haben damals viele Analysten und Journalisten angezweifelt, ob sich die hohen Investitionen auszahlen. Heute verdienen wir gutes Geld mit der Konsole und haben mit der Kinect auch bewiesen, dass wir auch heute noch in der Lage sind, mit Innovationen zu punkten.

Apple ist mit dem starken Fokus auf einige wenige Geschäftsbereiche erfolgreicher als Microsoft, das an sämtlichen IT-Fronten mitmischt. Wäre es nicht überlegenswert, das eigene Portfolio zu straffen und dadurch zu optimieren?
Alles was wir tun und anbieten ist miteinander verbunden. Natürlich ist das IT-Geschäft komplexer und kompetitiver geworden. Aber das betrifft auch unsere Kunden und Partner, die ihre Programme und Services heute für mehr Plattformen und Geräteklassen aufbereiten müssen als noch vor wenigen Jahren. Um auch in Zukunft relevant zu bleiben, muss man alles tun, um bei den Geräten der Zukunft mitzumischen und den Schritt in die Public Cloud gut umzusetzen.

Stichwort Cloud: Mit Office 365 und der Azure-Plattform drängt auch Microsoft stark in diese Richtung. Datenverlust und Service-Ausfälle bei Anbietern wie Amazon und Google haben das Vertrauen in das Auslagern von Daten aber nicht unbedingt gestärkt.
Klar, solche Vorfälle sollten nicht passieren. Gleichzeitig ist es so, dass von den 300.000 Kleinunternehmen in Österreich jeden Tag Dutzende Unternehmen Daten verlieren bzw. von Serviceausfällen betroffen sind. Denn viele betreiben unsichere Server oder haben ihre Software nicht auf dem neuesten Stand. Und auch was Verfügbarkeit, Backup-Pläne und Disaster-Management angeht, kann ein Zehn-Personen-Betrieb mit einem großen Datencenter im Normalfall nicht mithalten.

Warum sind Kunden dann immer noch so skeptisch?
Erstens glaube ich, dass kleinere Unternehmen überhaupt nicht skeptisch sind, da es einfach kostengünstiger und sicherer ist, den IT-Betrieb in die Cloud auszulagern. Was die allgemeine öffentliche Wahrnehmung betrifft, ist das mit dem Risiko von Fliegen vs. Autofahren vergleichbar. Die meisten fühlen sich im Auto sicherer, obwohl statistisch gesehen viel weniger Leute bei Flugzeugabstürzen ums Leben kommen. Bei der Cloud-Diskussion ist es ähnlich. Über private Serverabstürze wird nicht berichtet, wenn ein Vorfall bei einem großen Datencenter passiert, geht die Meldung hingegen um die Welt.

Mit Office 365 wandert auch die Bürosoftware in die Cloud. Was passiert, wenn die Internetverbindung einmal ausfällt?
Unser Zugang ist, dass die Software auch lokal installiert werden kann, damit man auch arbeiten kann, wenn man offline ist. Auch wir gehen davon aus, dass die Welt in zehn Jahren aus Cloud-Services einerseits und Geräten andererseits besteht, die auf diese Dienste zugreifen. Gleichzeitig wird es aber immer auch lokale Applikationen, die auf diesen Geräten verankert sind. Die Leute werden auch zukünftig bereit sein, für installierte Software Geld auszugeben.

Gerade in Europa kann man sich nur schwer mit dem Gedanken anfreunden, Daten bei einem US-Konzern auszulagern. Im Bereich öffentlicher Cloud Services hat man angesichts der Dominanz von US-Unternehmen aber kaum eine andere Wahl. Wie begegnen Sie diesen Vorbehalten?
Wir verfügen mit Amsterdam und Dublin über zwei große Datenzentren in Europa, die gewährleisten, dass die Daten auch in Europa bleiben. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der EU und in den jeweiligen Ländern mit nationalen Stellen zusammen, um sicherzustellen, dass alle Kundenanforderungen erfüllt werden können. Die Prozesse, wie Daten gespeichert und verwaltet werden, müssen transparent sein, damit sich Kunden sicher fühlen.

Google hat mit dem webbasierten Betriebssystem ChromeOS einen radikaleren Weg ins Auge gefasst. Ist Microsoft diesbezüglich nicht mutig genug?
Die Vision, dass die Welt aus einem Stück Hardware und einem Browser besteht, habe ich nie geteilt. Auch kleine Geräte wie Smartphones besitzen mittlerweile so viel Rechenpower, warum sollte man das nicht lokal nutzen? Auch leuchtet es mir nicht ein, warum ich fürs Angry-Bird-Spielen mit dem Internet verbunden sein muss. Global gesehen wird es zudem noch dauern, bis die Netze flächendeckend stark genug sind, damit man immer und überall online sein kann.

Zuletzt hat Microsoft mit der teuren Übernahme von Skype für Schlagzeilen gesorgt. Kann ein Unternehmen, das bisher nur Verlust gemacht hat, 8,5 Milliarden Dollar wert sein?
Ob wir zu viel bezahlt haben, wird sich weisen. Auch wenn manche Analysten den Kaufpreis kritisiert haben, war doch die überwiegende Mehrheit der Meinung, dass es eine gute Idee ist und Skype bei uns gut aufgehoben ist. Was Skype so wertvoll macht ist meiner Meinung nach die Kombination von guter Technologie und 200 Millionen Usern. Skype wird eine eigenständige Unit bleiben, die weiterhin alle Plattformen bedient. Wenn wir bestehende Videochat-Services wie etwa über Xbox Kinect mit Skype verbinden können, ist das eine feine Sache.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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