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London 2012

Olympische Netzwerke: Unauffällig ist besser

Die Olympischen Spiele in London bedeuten einen Riesenaufwand an technischer Infrastruktur. 94 Veranstaltungsstätten kommunizieren über 80.000 Netzwerk-Verbindungen. 1.800 WLAN-Hotspots sind im Einsatz, 900 Server und 12.000 PCs. 205 Fernsehstationen müssen beliefert, 20.000 Journalisten mit Daten versorgt werden. Die Ausstattung, um diese Herausforderungen zu bewältigen stammt von Cisco, dem weltgrößten Netzwerktechnik-Unternehmen.

Cisco liefert WLAN-Access Points, Router, Switches, Antennen, Firewalls und viele weitere Anwendungen. Mit diesen Produkten werden vor allem Atos, der offizielle IT-Ausrüster und BT, der offizielle Kommunikationsdienstleister der Olympischen Spiele unterstützt. Rund 40 Techniker dienen den Partnern als direkte Ansprechpartner vor Ort. Die futurezone sprach unterdessen in Wien mit Achim Kaspar, dem General Manager von Cisco Österreich, über das Megaprojekt.

"Sicherstellen, dass nichts zusammenbricht"

Das Ziel in London sei ein unauffälliger, zuverlässiger Betrieb, so Kaspar: "Wir haben digitalisierte Prozesse, Anmeldeprozesse, Zeitmessungen, die in einer Drittelsekunde von A nach B geschickt werden. Wir haben zahlreiche Korrespondenten, die in ihren heimatlichen Büros sitzen. Wir haben Telefon-Videokonferenzen. Sie müssen sich vorstellen, da sind 6.000 Funktionäre! Wir haben 70.000 Freiwillige, die koordiniert werden müssen, also alleine dieser interne Abstimmungsbedarf generiert riesige Datenmengen." Dazu kommt laut Kaspar noch der Kommunikationsbedarf des Publikums: "Hier werden Fotos verschickt, Kontakte, Mails, Facebook-Einträge. Das sind enorme Kapazitäten, die in so einem Stadion an Datenvolumen generiert werden. Das gleichzeitig abzuführen, die Spitzenkapazitäten zu erfüllen und sicherzustellen, dass im Endeffekt nichts zusammenbricht, das ist im Endeffekt die große Herausforderung."

In den Netzwerken der Olympischen Spiele werden teilweise Übertragungsraten von 40 Gigabyte pro Sekunde erreicht. Das ist etwa 2.500 Mal so schnell wie herkömmliche Internet-Anschlüsse für Privatkunden (mit 16 MBit/s). Kaspar: "Vor wenigen Jahren sind noch 10 Gigabyte als magische Grenze im Raum gestanden. Jetzt sind wir bei 40 Gigabyte. Da sieht man, wie rasch im Netzwerk-Bereich technologische Fortschritte gemacht werden."

Menschliche Fehler

Das zu verarbeitende Datenvolumen ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Zwischen den Olympischen Spielen von Athen und Peking verzeichnete Cisco bereits einen Anstieg von 50 Prozent. Zwischen Peking und London waren es nochmal 30 Prozent mehr. Vor allem die rasant gestiegene Verbreitung von Smartphones hat den Veranstaltern zuletzt Probleme bereitet. Bei einem Radrennen konnten GPS-Sensoren an den Rädern der Athleten ihre Daten nicht durchgehend per Mobilfunk übertragen, weil das Netz bereits durch Anrufe und SMS der Zuseher überlastet war. TV-Kommentatoren erhielten dadurch keine genauen Zeitabstands-Werte und mussten in ihrer Not auf längst überholt geglaubte Gadgets, wie Stoppuhren, zurückgreifen.

Ein Zwischenfall wie dieser könne bei einem Großereignis wie London 2012 niemals ausgeschlossen werden, meint Kaspar dazu: "Keine Planung ist gefeit, dass irgendwo ein kleines Detail verlustig geht." Im konkreten Fall habe der Mobilfunk-Betreiber BT wohl die Vielfalt an datenintensiven Diensten bei seiner Funknetzplanung unterschätzt. Per Smartphone übertragene Fotos, Videos und Facebook-Einträge haben das Netz wohl überlastet. Die Technik habe dabei aber nicht versagt. Kaspar: "Das ist keine Frage des Equipments, sondern eine Frage von: Wieviel Hardware stell ich dort hin."

Die wirklich wichtigen Datenverbindungen sind beim Sportfest des Jahres redundant ausgelegt. Selbst wenn ein Überseekabel gekappt würde, könnten die Spiele ungehindert fortgesetzt werden, so Kaspar. "Das wäre sicher kein Problem, weil die Netze redundant ausgelegt sind." Ringschaltungen sorgen dafür, dass ein singulärer Vorfall auf jeden Fall abgefedert werden kann.

Sicherheit und Nachhaltigkeit

Ein besonderer Fokus liegt für Cisco auf der Sicherheit der Olympischen Spiele. In Peking wurden täglich 12 Millionen Cyberattacken gezählt. Kaspar rechnet damit, dass es auch in London zahlreiche Angriffsversuche geben wird: "Das öffentliche Interesse lockt jede Menge `Künstler` an. Es ist ja tatsächlich eine Form von Künstlertum. Wir knacken halt irgendwas, um zu zeigen, wie begabt wir sind. Es ist letztendlich nichts anderes. Ich glaube in den seltensten Fällen steckt hier kriminelle Energie dahinter, sondern meistens ist das fehlgeleitete Kreativität, wenn es darum geht, solche Events zu hacken."

Wichtig sei, aus Angriffen zu lernen. "Security muss ich jeden Tag neu entwickeln, weil sich die Angriffsmechanismen ständig ändern. Wir reden hier von einem permanenten Lernprozess, um mit den Herausforderungen zu leben, um das Netzwerk immer sicherer zu machen. Das ist ein iterativer Prozess, man lernt von den Angriffen." Von Cyberattacken oder sonstigen Beeinträchtigungen soll der Benutzer möglichst wenig mitbekommen. "Ein Netzwerk ist dann super, wenn Sie nichts davon merken", so Kaspar. "Wenn alles funktioniert, empfinden sie ein Netzwerk als Commodity. Das Netzwerk ist einfach da. Für meine Söhne ist das Internet etwa immer da gewesen. Die können sich nicht vorstellen, dass es das nicht gibt. Dafür steht Cisco: Dass alles perfekt funktioniert."

Sämtliche Ausrüstung, die Cisco den Olympischen Spielen zur Verfügung stellt, zahlt Cisco aus eigenem Budget. Als nachhaltige Lösung hat das Unternehmen eine Weiterverwendung innerhalb eigener Bildungseinrichtungen geplant. Alleine in East London sollen nach dem großen Event dutzende Networking Academies entstehen. Bis zu 4.000 interessierte Jugendliche sollen darin lernen, wie man sichere Computernetzwerke entwirft, errichtet und betreut und damit ihre Karrierechancen auf diesem Gebiet erhöhen.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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