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Schweizer "Crypto Valley": Bitcoinkrise bringt viele Jobverluste

Die Verwerfungen am Kryptowährungsmarkt haben nicht nur Auswirkungen auf die Portfolios der Spekulanten, sondern hinterlassen auch Spuren in den Bilanzen der Krypto-Firmen. Von einem anstehenden Zusammenbruch der jungen Branche kann aber laut Szenenkennern nicht die Rede sein. Die fallenden Preise von Bitcoin etcetera zwingen Unternehmen in der Schweiz vermehrt zu einschneidenden Maßnahmen. Nach der Boom-Phase Ende 2017 müssen sich einst gefeierte Start-ups aus dem Zuger "Crypto Valley" der harten wirtschaftlichen Realität stellen.

Die angeschlagene Branche dürfte zudem die Talsohle noch nicht erreicht haben, sagt Ralf Kubli, Direktor des Berater-Teams der Zuger Beteiligungsgesellschaft CV VC, gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Vor allem Firmen, die mit dem Handel von Kryptowährungen Geld verdienen, stünden vor Herausforderungen. Aber auch in der Softwareentwicklung werde zunehmend mit kleineren Kernteams weitergearbeitet. "Zusätzlich muss man sagen, dass während des Booms einige Start-ups viel zu viele Mitarbeiter angestellt haben und nun eine Rückbesinnung auf die eigentlichen Aufgaben stattfindet", fasst Kubli die Situation im "Crypto Valley" zusammen.

Vitales Ökosystem

Beim Kanton Zug gibt man sich unterdessen gelassen: "Ich beurteile das Ökosystem nach wie vor als sehr vital, was Ansiedlungen und Neugründungen betrifft", sagte Bernhard Neidhart, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zug, auf Anfrage. Er räumte aber auch ein, dass eine Konsolidierung feststellbar sei. Eines der Start-ups, das auf den Boden zurückgeholt wurde, gehört dem in der Szene bestens bekannten US-Amerikaner Erik Voorhees, Gründer und CEO der in Zug ansässigen "Krypto-Wechselstube" ShapeShift. Unlängst sah sich Voorhees gezwungen, aufgrund des Preisverfalls von Kryptowährungen sowie strategischer Fehlentscheidungen 37 Mitarbeiter und damit rund ein Drittel seiner Belegschaft zu kündigen.

Als Hauptgrund für die Kündingungen nannte Voorhees die Preisentwicklung von Bitcoin und Co im letzten Jahr. Diese habe substanzielle Auswirkungen auf die Finanzen der Firma gehabt. Aber auch strategische Fehler, wie etwa die zu expansive Wachstumspolitik, räumte der Chef von ShapeShift ein. Das zuletzt aggressiv vorangetriebene Wachstum in der Branche dürfte sich nun rächen: "Wir erwarten weitere Entlassungen, wenn sich der rückläufige Trend nicht umkehrt", prognostiziert etwa die Falcon Private Bank, die selber am Kryptomarkt aktiv ist. Die Schwarzmalerei dürfe aber nicht übertrieben werden: "Die Innovation ist nicht tot, und die Entwickler arbeiten immer noch hinter der Bühne", wird betont.

Marktbewertung bricht ein

Laut dem neusten Bericht der Zuger Blockchain-Beteiligungsgesellschaft CV VC hat der Einbruch von Kryptowährungen einen substanziellen Einfluss auf die Bewertung der einst mehrere Milliarden schweren Start-ups, deren Geschäftsmodell auch durch die Preisentwicklung von Kryptowährungen am Leben gehalten wird. Der in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen PwC und dem IT-Dienstleister Inacta entstandene Bericht zeigt, dass die Marktbewertung der 50 größten in der Schweiz ansässigen Blockchain-Firmen alleine zwischen dem dritten und vierten Quartal 2018 um mehr als die Hälfte eingebrochen ist. Konkret schrumpfte die Marktbewertung von 44 auf 20 Mrd. Dollar. Die Mehrheit dieser Firmen hat ihren Sitz entweder in oder um Zug.

Von einer anstehenden Insolvenzwelle bei Krypto-Start-ups könne aber kaum die Rede sein, betont Thomas Landis vom in Zürich ansässigen Fintech Inkubator F10. Das Umfeld für Jungfirmen sei weiterhin gut: "Dass Innovation wichtig ist, haben die meisten Manager in der Zwischenzeit verstanden", gibt sich Landis überzeugt. Wichtig sei aber, dass sich Start-ups nicht ausschließlich auf Krypto oder nur eine Technologie fokussierten. Vielmehr müssten sie stets den Kunden ins Zentrum stellen: "Nur dann wird es Interessenten geben, die darauf anspringen." Die Zeiten, in denen ein Start-up per Initial Coin Offering (ICO) Millionen einnehmen könne, ohne ein tragfähiges Geschäftsmodell zu haben, seien ohnehin vorbei.

"Aus unserer Optik muss ein erfolgreiches Start-up zum richtigen Zeitpunkt, das richtige Kundenproblem lösen, welches dem Endkunden zu diesem Zeitpunkt allenfalls noch gar nicht bekannt ist", lautet die Formel des Gründerberaters.

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