Daily Life in Berlin amid coronavirus pandemic
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Technik und Corona: "Vieles wurde nicht umgesetzt"

Das Internet of Things (IoT) würde auch zur Bewältigung der Corona-Krise viele Möglichkeiten bieten, etwa bei der Zugangskontrolle oder bei Abstandsmessungen. Zum Einsatz kamen sie bisher aber kaum. "Es gibt schon sehr viel am Markt. Die Herausforderung liegt in der Geschwindigkeit der Umsetzung", sagt Stefan Pfeffer, Finanzchef beim niederösterreichischen IoT-Spezialisten Microtronics.

"Viele Dinge sind auch schon vor Corona auf der Hand gelegen, man hat sie aber nicht umgesetzt", meint Microtronics-Geschäftsführer Hans-Peter Buber. Dabei ging es weniger um die technischen Möglichkeiten, als um die Akzeptanz der Technologie.

Microtronics-Geschäftsführung: Stefan Pfeffer und Hans-Peter Buber

Automatisierung

Auch bei elektronischen Rezepten habe es die Krise gebraucht, damit so etwas möglich geworden sei, sagt Buber: "Corona ist ein Brennglas, es hat Prozesse beschleunigt." Das sehe man etwa bei der Fernwartung von Geräten. In der Pandemie sei es of schwierig gewesen, Zugang zu Geräten zu erlangen: "Es ist leichter, wenn sich die Geräte von sich aus melden", sagt Buber. Das Internet der Dinge habe durch die Pandemie einen Schub erhalten. Wie viel von den Möglichkeiten tatsächlich umgesetzt werde, sei aber branchenabhängig.

Bei vielen Anwendungen in dem Bereich gehe es um die Prozessautomatisierung und -verbesserung, so der Microtronics-CEO. In den vergangenen Jahren sei die Technologie in der Logistik ein großes Thema gewesen: "Wann wird welches Paket wo abgelegt, wo wandert die Ware durch", erläutert Buber.

Hidden Champion aus Niederösterreich

Das 2006 gegründete Microtronics bietet Lösungen, die Maschinen, Geräte und Sensoren miteinander vernetzen und den Datenaustausch untereinander ermöglichen. Sie kommen bei zahlreichen Projekten in 80 Ländern der Welt zum Einsatz und sind in vernetzten Rasenmähern ebenso zu finden, wie in intelligenten Gondelsystemen, Industrieanlagen oder bei Klimamessungen. Die 2006 im niederösterreichischen Ruprechtshofen gegründete Firma zählt mehr als 50 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von knapp 7 Millionen Euro.

Konservative Grundhaltung 

In Europa habe man im Gegensatz zu Asien generell eine konservativere Grundhaltung gegenüber neuen Technologien, meint Buber: "Der Einsatz wird lange hinterfragt." Zwar sei vieles im Bereich der Internet der Dinge "Spielzeug". In Asien setze man sich aber aktiver damit auseinander und lerne dabei auch viel. "Das ist Teil des Innovationsprozesses."

Unternehmen, die die Technologie einsetzen wollen, rät er, die neuen Möglichkeiten auszuprobieren. "Man muss etwas tun und mutig sein, dann entstehen auch Chancen", sagt Buber.

Man kann Siri blöde Fragen stellen und sie antwortet auch blöd, das trägt zur Akzeptanz bei und hat vielen Leuten die Scheu vor der Technologie genommen.

Hans-Peter Buber, Geschäftsführer Microtronics

Sprachassistenten befeuern Smart-Home-Bereich

Breit akzeptiert ist die Technologie bereits im Haushalt. Daran hatten vor allem Sprachassistenzsysteme wie Amazons Alexa oder Apples Siri großen Einfluss. Sprachassistenten hätten in den vergangenen Jahren massiv an Qualität gewonnen, sie verstehen Fragen jetzt wirklich, sagt Buber: "Das hat den ganzen Smart-Home-Bereich befeuert."

Wichtig sei aber gewesen, dass sie nicht nur Dinge tun, die man unmittelbar brauche. "Man kann Siri blöde Fragen stellen und sie antwortet auch blöd, das trägt einfach zur Akzeptanz bei und hat vielen Leuten die Scheu vor der Technologie genommen." Nutzer wollten mit den Geräten bald nicht nur Musik abspielen, sondern auch die Jalousien öffnen, sagt Buber. So seien viele Anwendungen entstanden.

FILE PHOTO: The Amazon Echo, a voice-controlled virtual assistant, is seen at its product launch for Britain and Germany in London, Britain

Sicherheit

Ein Problem sei allerdings die Sicherheit vieler Smart-Home-Geräte. Vor allem kleinere Anbieter und Start-ups hätten genug damit zu tun, die Basisfunktionen der Geräte sicherzustellen. Sicherheit gerate dabei oft ins Hintertreffen und sei bei vielen anfangs nicht die Priorität Nummer eins. Haben die Geräte dann ein Publikum gefunden, sei es für Änderungen meist zu spät.

Lösungen könnten Normierungen und Standardisierungen bieten, an denen auch bereits gearbeitet werde. Noch sei man aber in einer frühen Phase, meint der Microtronic-Geschäftsführer. "Das Thema wird uns noch länger begleiten."

5G ist ein Infrastrukturthema. Erst wenn die Straße gebaut ist, kann ich darauf fahren.

Stefan Pfeffer, CFO Microtronics

Schub durch 5G

Einen Schub dürfte das Internet der Dinge auch durch neuen Mobilfunkstandard 5G erhalten. 5G biete viele Möglichkeiten, die von den Vorgängertechnologien nicht abgedeckt werden konnten, von höheren Datenraten bis zur höheren Verfügbarkeit, sagt Buber: "5G ist ein Sammelsurium von Verbesserungen bestehender Möglichkeiten." Der IoT-Bereich profitiere vor allem davon, dass mit dem neuen Standard eine Vielzahl an Geräten adressiert werden könne.

5G sei auch ein Infrastrukturthema, sagt Pfeffer. Eine 5G-Infrastruktur biete sehr viele Möglichkeiten, mit ihr werde viel entstehen: "Erst wenn die Straße gebaut ist, kann ich darauf fahren."

Digitale Vertriebskanäle

Und wie geht es bei Microtronics weiter? Die Corona-Krise hat auch bei dem niederösterreichischen Unternehmen dazu geführt, dass verstärkt auf digitale Möglichkeiten gesetzt wird. "Wir arbeiten gerade daran, die Vertriebskanäle soweit zu digitalisieren und die Produkte so zu schärfen, dass sie über diese Kanäle besser verkauft werden können", sagt Buber.

Auch eine virtuelle Führung durch die Räumlichkeiten des Unternehmens samt Demonstration von Anwendungsbeispielen bietet der IoT-Spezialist nun an. An neue Kunden heranzukommen, sei in Zeiten der Pandemie schwierig. Man könne sie nicht mehr besuchen oder sie auf einer Messe treffen. Buber: "Wer im Digitalisierungsbereich besser ist, hat die besseren Karten."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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