Wien Energie hat erstmals ein reales Gas-Geschäft per Blockchain eingefädelt
Wien Energie hat erstmals ein reales Gas-Geschäft per Blockchain eingefädelt
© REUTERS/LASZLO BALOGH

Wien Energie führt ersten Gashandel mit Blockchain durch

Wien Energie führt ersten Gashandel mit Blockchain durch

Der Energieversorger Wien Energie forscht bereits seit einiger Zeit an der Nutzung der Blockchain-Technologie für die dezentrale, unkomplizierte Abwicklung von Transaktionen in der Energiewirtschaft. Anfang des Jahres wurde gemeinsam mit den Ölkonzernen BP und Eni, dem Unternehmensberater Ernst & Young sowie dem Blockchain-Start-up BTL ein Pilottest durchgeführt. Nun wurde im Rahmen der Gashändler-Konferenz Emart Anfang Oktober in Amsterdam der erste reale Gashandel mit Blockchain durchgeführt. Wien Energie hat dabei über die Blockchain-basierte Handelsplattform Enerchain Gas bei einem dänischen Lieferanten eingekauft, das einen Tag später geliefert wurde.

"Wir sind extrem stolz auf dieses erste reale Handelsgeschäfts mit Blockchain", meint Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl. "So etwas hat es noch nie gegeben. Wir waren unter den Ersten, die die Bedeutung von Blockchain verstanden haben und gehen nun einen neuen Weg, um diese Technologie frühzeitig in unsere Geschäftsmodelle integrieren zu können."

Vereinfachung

Im Normalfall ist der Handel mit Energie, etwa Strom und Gas, ein komplexer Prozess. Zwischen Lieferanten und Käufern vereinbarte Geschäfte müssen in ein Fahrplansystem eingegeben werden, sie müssen speziellen Verrechnungsstellen (Bilanzgruppenkoordinatoren), Übertragungsnetzbetreibern (etwa Austrian Power Grid) und der Regulierungsbehörde E-Control mitgeteilt werden.

Mit Hilfe einer neuen Plattform namens Enerchain sollen alle bürokratischen Zwischenschritte wegfallen. Enerchain ist von 33 Unternehmen, darunter auch Wien Energie, gemeinsam entwickelt worden. Umgesetzt wurde die Plattform für den Energiehandel mit Blockchain vom deutschen Software-Unternehmen Ponton.

Testweise wurden auf Enerchain bereits Energie-Geschäfte durchgeführt, Wien Energie hat die Plattform jedoch zum ersten Mal für ein reales Geschäft benutzt. "Das ist eine enorme Vereinfachung und ein gutes Beispiel dafür, wie man durch Digitalisierung in unserem Geschäft weiterkommen kann", sagt Strebl.

So sah der Transaktionsvorgang des Wien-Energie-Gasgeschäfts mit Blockchain-Unterstützung auf der Enerchain-Plattform aus

Smarte Verträge

Der erste Blockchain-Energiehandel habe international für Aufsehen gesorgt, so Strebl weiter. Blockchain wird schon seit längerem als große Chance für die Abwicklung von Geschäften wahrgenommen. Die Technologie macht Vermittlungsdienstleister obsolet und ermöglicht Peer-to-Peer-Kommunikation auf vertrauenswürdiger Basis. Jede Blockchain-Transaktion wird in einem dezentralen Netzwerk registriert, sodass sie nachträglich nicht mehr verändert werden kann. Einen zentralen Zugriffspunkt gibt es nicht, Manipulationen wären nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich.

Bestimmte Blockchain-Plattformen erlauben es, so genannte "Smart Contracts" anzufertigen, sodass Geschäftsabläufe (etwa mit Energiegeschäften zusammenhängende Meldeverpflichtungen) automatisiert werden können. "Das aktuelle System ist sehr kompliziert. Bei Wien Energie sind tagtäglich mehrere Leute damit beschäftigt, Fahrpläne (etwa für Gas-Transfers) zu erstellen", schildert Strebl.

Zukunftschance

Die weniger kompliziertere Abwicklung von Energiegeschäften durch Blockchain-Einsatz soll in Zukunft ganz neue Vertriebsmodelle im Energiesektor ermöglichen. Mit der Technologie könnten etwa die Entwicklung dezentraler Energieliefersysteme gefördert werden. Erzeuger und Verbraucher könnten ohne Zwischenhändler zusammengeschalten werden, etwa der Besitzer einer privaten Photovoltaik-Anlage und sein Nachbar.

Mit Blockchain könnten auch Strom-Lieferungen im Elektromobilitätsbereich abgewickelt werden, ist Strebl überzeugt. "Stellen Sie sich vor, sie fahren als Wiener Elektroautofahrer nach Kärnten und laden dort bei irgendeinem Anbieter. Bei der Verrechnung müssen Ladesäule, der lokale Provider, das Roaming-Netzwerk und der eigene Energieanbieter miteinander kommunizieren. Da fallen auch unterschiedliche Gebühren an. Da läuft eine unglaubliche Maschinerie im Hintergrund, durch Peer-to-Peer-Kommunikation wird das einfacher."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation von Wien Energie und der futurezone.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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