3D-Druck: "Die Industrie wird Produkte besser schützen"
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“Die Frage nach dem Umgang mit der 3D-Druck-Technologie ist Teil einer breiteren Diskussion über die Regulierung von Information. Bisher hat die Gesellschaft auf neue Technologien nur reagiert, es wäre aber Zeit sich hinzusetzen und zu überlegen, welche Wissensordnung wir in Zukunft haben wollen", sagte Peter Purgathofer von der TU Wien bei einer Diskussion beim Rechtsforum Infolaw der Wirtschaftsuniversität Wien am Dienstag. Gerade 3D-Druck sei eine Technologie, die gängige Regelungen herausfordere, so der Informatiker. "Die grundlegende Frage ist, wie frei Information sein soll."
3D-Drucker bieten theoretisch die Möglichkeit, jedes gewünschtes Objekt zu produzieren. Damit lassen sich nicht nur einfach und kostengünstig neue Produkte entwickeln, sondern auch exakte Kopien von kommerziellen Erzeugnissen herstellen. Rechtlich gibt es in Österreich bislang noch kaum Entscheidungen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Das liegt vor allem daran, dass die Herstellung von Produkt-Kopien bislang kein Problem war, da Privatpersonen nicht die Mittel hatten, Erzeugnisse in brauchbarer Qualität zu fertigen.
Das ändert sich jetzt langsam. Die Frage, ob 3D-Drucker jemals weite Verbreitung in Privathaushalten finden werden, ist derzeit zwar noch ungeklärt. Anbieter, die auf Bestellung drucken und Internetplattformen, die 3D-Modelle als Vorlagen zum Kauf oder Gratis-Download anbieten, sind aber bereits seit längerem verfügbar. So bekommen Privatpersonen auch ohne eigene Geräte Zugang zu Technologie, die das Kopieren von Gegenständen erlaubt.
Streitfälle
Erste Reibereien zwischen Konzernen und 3D-Druck-Enthusiasten hat es bereits gegeben. Als das 3D-Modell eines Würfels, der im Film “Super 8” vorkam, auf der Online-Plattform Shapeways angeboten wurde, hat das verantwortliche Filmstudio eine Mahnung an die Betreiber geschickt, woraufhin die Vorlage entfernt wurde. Solche Scharmützel werden sich künftig vermutlich häufen. Neben Anbietern von 3D-Druck-Vorlagen sind auch Betreiber von 3D-Druckern, egal ob Privatpersonen oder Dienstleister, davon betroffen.
Bei Rechtsforum Infolaw an der WU Wien wurden deshalb viele Fragen gestellt: “Dürfen Privatpersonen Ersatzteile für Geräte drucken” (Antwort: Ja, solange sie nicht verkauft werden und es sich nicht um eine Reparatur oder eine Wiederherstellung handelt), “Ist es legal, mit dem Smartphone einen Scan einer Statue in einem Wiener Park anzufertigen und diesen dann zu drucken?” (Ja, weil die Statue öffentlich ist), “Darf eine Schallplatte mit einem 3D-Drucker kopiert werden?” (Ja solange ich im Besitz des Originals bin und nur eine Privatkopie anfertige) und “Darf eine Gucci-Sonnenbrille im Drucker kopiert werden?” (Nein) waren nur einige davon.
Falls 3D-Drucker weiterhin besser und günstiger werden, braucht die Gesellschaft neue Regelungen, um den Umgang mit der Technologie zu regeln. Firmen werden die Umwälzungen als erste zu spüren bekommen. “Wir werden in Zukunft einen Anstieg von Versuchen der Industrie sehen, Produkte zu schützen. Die Vergütungsthematik ist besonders schwierig, da den Unternehmen ja ein Umsatzeinbruch droht", sagte der Anwalt Axel Anderl. "Ein möglicher Ansatz wäre zum Beispiel, dass Unternehmen statt Produkten in Zukunft nur noch 3D-Vorlagen anbieten, die sie dann an die Kunden zum Selber-Drucken verkaufen. Auch eine Art Leerkassettenabgabe für 3D-Drucker wäre möglich."
Offene Fragen
Derzeit können Unternehmen aber lediglich auf bereits verfügbare Rechtsmittel zurückgreifen, um ihre Produkte zu schützen. Über den Musterschutz etwa können Objekte oder Teile davon gesichert werden, allerdings nur, wenn es sich nicht um Merkmale handelt, die ausschließlich technische Funktion haben. Das Urheberrecht kann für gewisse Erzeugnisse ebenfalls zur Anwendung kommen, etwa bei Möbeln oder Architektur. Hier ist entscheidend, dass es sich um ein Werk handelt, dessen Erstellung eine gewisse Kreativität erfordert hat. “Darüber lässt sich hervorragend streiten. Alltagsgegenstände sind hier üblicherweise aber nicht geschützt”, so Anderl. Kopien für den privaten Gebrauch sind laut Urheberrecht erlaubt.
Das Markenrecht kommt ins Spiel, wenn Logos bekannter Hersteller auf Kopien von Produkten angebracht werden. Hier ist schon das Anbringen verboten. 3D-Marken können auch ganze Designs schützen, etwa die Form des klassischen VW-Busses. Das Patentrecht kann die Erstellung einer Objekt-Kopie ebenfalls verbieten. Lego-Steine etwa waren bis zum Ablauf des Patents geschützt, dürfen jetzt aber kopiert werden. Das Unternehmen hat später versucht, über eine 3D-Marke länger Schutz zu erhalten, was aber vor Gericht abgelehnt wurde.
Gerichte gefordert
Das Patentrecht verbietet Kopien zum betriebsmäßigen Einsatz. Das heißt etwa, das keine Kopie einer patentierten Vase in einer Firma ausgestellt werden darf. Im Fall von Ersatzteilen ist die Reperatur erlaubt, eine Wiederherstellung aber nicht. Die Grenze ist nicht klar definiert. Dienstleister, die 3D-Druck auf Anfrage anbieten, verstoßen bei der Herstellung patentierter Gegenstände auf jeden Fall gegen das Patentrecht. Der Besteller aber nur unter Umständen. Ob die Zurverfügungstellung von 3D-Vorlagen gegen das Patentrecht verstößt, ist derzeit unklar.
“Es gibt derzeit keine höchstgerichtlichen Entscheidungen zu Patentverletzungen durch 3D-Druck”, sagte Anwalt Dominik Göbel. Ähnliche Lücken gibt es auch in anderen Bereichen, die den Schutz von Objekten vor unrechtmäßigem Kopieren betreffen. Derzeit gibt es verschiedene Meinungen zu dem Thema, für Klarheit werden in den kommenden Jahren wohl die Gerichte sorgen müssen.
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