Um 3D-Druck herrscht ein regelrechter Hype. Über die Grenzen der Technologie wird kaum gesprochen. In der Branche findet nun ein Umdenken statt.
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Kaum eine andere Technologie hat 2013 dermaßen geprägt wie 3D-Druck. Günstige 3D-Drucker, die mittlerweile auch in großen Elektromarkt-Ketten verkauft werden, dürften wohl einige zum Träumen verleiten. Manch ein Science-Fiction-Fan dürfte sich bereits einen Replikator aus Star Trek vorgestellt haben, doch die Realität könnte nicht weiter davon entfernt sein. Nun macht sich die 3D-Druck-Branche daran, den Hype, den sie selbst ausgelöst hat, wieder ein wenig zu entzaubern.
3D-Druck-Unternehmen in Österreich
Auch in Österreich gibt es Unternehmen, die sich bereits seit den Anfängen der 3D-Druck-Technologie, die früher noch als Rapid Prototyping bekannt war, damit beschäftigen. Der Modelshop Wien entstand aus der ehemaligen Entwicklungsabteilung von Philips Österreich und bietet bereits seit 2004 Prototypen- und Kleinserien-Fertigung mit 3D-Druckern an. Das Unternehmen hat Kunden in den Bereichen Medizin, Umwelttechnologie, Audio, Architektur sowie in der Automobil-Branche. Kunden darf Bruno Schachner, Geschäftsführer des Modelshops, gegenüber der futurezone keine nennen, da diese großen Wert auf Diskretion legen.
Der Hype um die Technologie 3D-Druck hat für Schachner Positives als auch Negatives. So habe dieser die Unternehmen in den letzten Jahren motiviert, mehr Forschung zu betreiben und einige in die Jahre gekommene Technologien zu verbessern. Vor allem SLS-Maschinen (Selektives Lasersintern) haben große Fortschritte gemacht. Bei diesem bereits 1989 entwickelten Verfahren wird ein Kunststoff-, Keramik- oder Metall-Pulver mit Hilfe eines Lasers schichtweise ausgehärtet, bis letztendlich dabei ein Bauteil entsteht. Damit können äußerst komplexe Bauteile hergestellt werden, die selbst auf einer CNC-Maschine oder mit Hilfe von Gussverfahren nicht oder nur sehr aufwendig fertigbar wären.
In diesem Bereich liegt laut 3D-Druck-Analyst Terry Wohlers auch weiterhin die Zukunft dieser Technologien: "Es gibt eine Faustregel: Wenn die Menge recht gering, aber die Komplexität des Bauteils hoch ist, ist auch das Potential für 3D-Druck in diesem Bereich sehr groß." Deutlich wird das derzeit vor allem auf Plattformen wie Fabster, Shapeways oder Sculpteo. Diese sind vergleichbar mit den Marktplätzen Etsy oder Dawanda, setzen dabei aber vorwiegend auf 3D-Druck. Die Nutzer können ihre selbstgemachten Gegenstände dort zum Kauf anbieten, das Produkt wird erst nach der Bestellung für den Kunden angefertigt. In Österreich bietet das steirische Unternehmen Fluid Forms einen ähnlichen Dienst an.
Wer einen Blick auf die verfügbaren Modelle wirft, dem wird schnell klar, dass die meisten dieser Objekte nur sehr schwer mit anderen Verfahren herstellbar wären, beispielsweise einSchädel mit äußerst filigranen Ornamenten. "Höchstens ein indischer Elfenbeinschnitzer könnte sowas, sonst keiner", meint Schachner und verweist dabei unter anderem auf ähnlich komplexe Modelle aus seiner Fertigung. Für einen derartigen Detail-Grad werden aber auch industrielle 3D-Drucker verwendet, mit herkömmlichen FDM- oder SLA-Druckern, wie sie bereits zu Preisen unter 2.000 Euro verfügbar sind, ist das nicht möglich.
"Für den Preis kriegt der Kunde, was man sich erwarten kann", so Schachner, für den Consumer- und günstige Einsteiger-Modelle eher Spielzeug sind. Aber auch wenn entsprechende Maschinen vorhanden sind, mit dem Drucken allein sei es noch lange nicht getan, um die in der Industrie verlangte Präzision zu erreichen, daran ändere auch die einfache Bedienung vieler 3D-Drucker nichts. Dass per 3D-Druck jedes beliebige Objekt einmal zuhause hergestellt werden kann, glaubt er nicht. "Schauen sie sich allein an, was alles so in einem Smartphone steckt. Das kann ich nicht alles mit einem 3D-Drucker herstellen."
Ähnliche Töne schlug auch Fried Vancraen, CEO vonMaterialise, einem der weltweit größten 3D-Druck-Dienstleister, an. "Es gibt diese Fabel vom 3D-Drucker für das Wohnzimmer, die aber nie Realität werden wird", sagte Vancraen auf der Wohlers-Konferenz vergangenen Dezember. "Es existieren unzählige verschiedene Verfahren, die für die Herstellung von Produkten notwendig sind und diese werden nicht einfach durch einen 3D-Drucker ersetzt." Ein Besucher der Wohlers-Konferenz zog sogar den Vergleich mit dem Mikrowellenherd heran, von dem auch behauptet wurde, dass er das Kochen revolutionieren und alle anderen Geräte obsolet machen würde. Der Ausgang ist bekannt: Der Mikrowellenherd ist eine Ergänzung in vielen Küchen, Backofen, Herd und andere Küchenmaschinen hat er aber auch nicht vollständig ersetzt.
Keine Alternative zu 3D-Druck
Derzeit verleitet der Hype um 3D-Druck aber offenbar viele dazu, andere Herstellungsverfahren auszublenden. Olaf Diegel, ein neuseeländischer Unternehmer und Hersteller von 3D-gedruckten Musikinstrumenten, rief besonders deutlich zu einem Umdenken auf: "Nur weil man etwas ausdrucken kann, muss es nicht automatisch der beste Weg sein." Als Beispiel nannte er einen komplexen Filter, der 20 Minuten auf einem 3D-Drucker benötigt, mit einem Laser-Cutter aber in wenigen Sekunden hergestellt werden kann. Die Branche müsse 3D-Druck-Technologien realistischer bewerben und die Grenzen klarer aufzeigen. Derzeit werde aber jedes Produkt, in dessen Herstellungs-Prozess 3D-Druck irgendwie involviert ist, als "3D-gedruckt" beworben.
Das führe zu unrealistischen Erwartungen, sowohl von Konsumenten als auch der Industrie. "Wir müssen die Art und Weise, wie wir 3D-Druck vermarkten, ändern. Es ist nicht die Schuld der Journalisten, es ist unsere Schuld, weil wir nicht die wahre Idee verkaufen", so Diegel. Er möchte verstärkt Start-ups und Erfinder von den Vorteilen des 3D-Drucks überzeugen, da diese so ihre Ideen oftmals am schnellsten vom Papier in die Realität umsetzen können. Das würden wohl auch Unternehmen wie Materialise oder der Modelshop in dieser Form gerne sehen, da sie so zahlreiche neue Kunden gewinnen könnten.
Nun bemüht sich die 3D-Druck-Branche darum, die Begeisterung für 3D-Druck in geordnete Bahnen zu lenken. Dahinter steht auch finanzielles Kalkül, einige an der Börse gelistete 3D-Druck-Unternehmen gelten als überbewertet. Der deutsche 3D-Drucker-Hersteller Voxeljet startete beispielsweise 2013 fulminant an der NASDAQ, die Aktie schoss von 13 US-Dollar auf zeitweise 70 US-Dollar hoch, brach danach aber wieder ebenso rasch wieder ein und fiel kurzzeitig sogar fast auf den Einstandspreis zurück. Ähnlich erging es dem US-Konkurrenten ExOne. Auch die beiden größten 3D-Druck-Hersteller, Stratasys und 3D Systems, konnten dank des Hypes in den letzten Monaten stark zulegen, die Aktie war aber ebenfalls starken Kursschwankungen unterworfen. Mittlerweile ist die Angst vor einer möglichen Blase groß, dennoch dürfte sich Gerüchten zufolge schon bald ein weiteres Schwergewicht der 3D-Druck-Branche frisches Geld von den Aktienmärkten besorgen.
Materialise, der unbestritten größte 3D-Druck-Dienstleister Europas,könnte noch dieses Jahr an die Börse gehen, womöglich sogar an die Technologiebörse NASDAQ. Es ist unklar, wie viel Umsatz Materialise in den vergangenen Jahren gemacht hat, ein Börsengang soll aber zwischen 70 und 100 Millionen US-Dollar an frischem Kapital generieren. Das Unternehmen zählt mittlerweile mehr als 1000 Mitarbeiter und hat erst kürzlichden polnischen Auftragshersteller e-prototypy übernommen.An der Spitze des Hypes ist die Chance, möglichst viel Kapital einzunehmen, groß, das Risiko auf einen tiefen Fall aber ebenso.
Mehr zum Thema 3D-Druck wird es auch auf dem ersten österreichischen 3D-Druck Kongress, dem von der futurezone veranstalteten "print3Dfuture"-Kongress, am 27.3. in Wien zu hören geben.
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