© Eni Brandner

We are the robots

Bomb the Bass: Roboter und elektronische Musik

Was hat es mit dem Konzept des Clubs „Wir sind die Roboter“ auf sich?
Das Thema kommt vom Kraftwerk-Song „The Robots“. Für mich war Kraftwerk als Teenager die Band, die mich am meisten inspiriert hat. Es hat mich selbst dazu gebracht, mit Maschinen zu arbeiten. Ich habe mir mit elf Jahren meinen ersten Drumcomputer gekauft, von dem Moment an wollte ich immer mit Maschinen arbeiten und habe meine Gedanken mit einer Box, einem elektronischen Instrument, ausgedrückt.

Das heißt, Sie sind ein großer Kraftwerk-Fan und wollen dies entsprechend würdigen.
Hinter dem Titel für die Veranstaltung versteckt sich noch mehr. Ich hatte bereits vor eineinhalb Jahren die Idee, etwas in diese Richtung zu machen und zwar als ich Ann Healy, eine Künstlerin, die in Singapur lebt, getroffen habe. Sie macht Roboterkunst. Als ich nach Wien gezogen bin, habe ich im Fluc Leute kennengelernt, die davon begeistert waren, das Visuelle in Form von Installationen und Projektionen mit elektronischer Musik zusammenzubringen.

Sehr viel Roboter-Einfluss. Bewegen sich dadurch die Gäste auch automatisch wie Roboter?
Sicher können sie das. Teilweise lädt die Musik auch genau dazu ein, etwa, wenn sie sehr strikt programmiert und quantisiert ist – also die Beats und Sounds alle in gleiche Abschnitte unterteilt werden. Ich mag dies allerdings nicht so gerne und versuche, mit Maschinen trotzdem menschliche Musik zu machen, dem ganzen eine Seele einzuhauchen. Ich mache das etwa dadurch, dass ich Sachen am Keyboard einspiele und diese danach im Computerprogramm nicht nachbessere und etwa den Takt exakt auf die anderen Elemente angleiche. Dieses menschliche Element fehlt mir oft in modernen Musik-Produktionen, ich würde mir wieder mehr menschlichen Einfluss in elektronischer Musik wünschen.

Sie produzieren ja seit den 1980er-Jahren Musik. Haben Sie im Laufe der Jahre Ihre Instrumente gewechselt?
Definitiv. Ich hatte ein großes Studio in London mit einer breiten Kollektion von analogem Equipment, darunter viele Synthesizer. All das habe ich jetzt gegen Software-Plug-ins eingetauscht. Als ich von London nach Amsterdam gezogen bin, habe ich mein Equipment in eine Kammer gesperrt und hatte kaum Lust, es herauszunehmen. Im Jahr 2000 habe ich mir dann einen Laptop gekauft – und bin einfach auf eine kleinere Maschine umgestiegen. Ich wollte mobil sein – mit einem Rucksack den Laptop und kleine Lautsprecher transportieren können. Ich habe daraufhin meine ganzen analogen Maschinen über ein darauf spezialisiertes Auktionshaus verkauft und das Geld in Software reinvestiert.

Haben Sie diesen Schritt nie bereut?
Ich vermisse nur meinen Roland 808 (Anmerkung: das ist eine analoge Drum Machine), ansonsten bereue ich es nicht. Im Gegenteil. Ich fühle mich richtig erleichtert. Der Umzug nach Wien wäre mit dem Equipment etwa unmöglich gewesen.

Haben Sie das auch mit Ihrer Vinyl-Sammlung gemacht?
Ja. Ich habe auch meine vier- bis fünftausend Stück große Vinyl-Sammlung verkauft. Etwa 400 besonders rare Platten aus den 60er-Jahren habe ich behalten. Aber als ich einen exakten Katalog meiner Sammlung erstellt habe, habe ich festgestellt, dass ich 90 Prozent der Sachen auch in diversen Download-Stores im Netz kaufen kann. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben, als ich die Sammlung an einen Laden in Amsterdam verkauft habe.

Und was machen Sie jetzt bei Ihren DJ-Sets?
Ich kann jeden einzelnen Song wieder online kaufen, wenn es mich danach gelüstet. Mich hat dieser Schritt enorm befreit. Bei meinen DJ-Sets spiele ich Musik, die mich inspiriert, meistens moderne elektronische Musik. Das Tempo der Songs in meinem Set variiert, ich möchte die Leute auf eine Reise schicken. Manchmal lässt sich das Tempo der einzelnen Stücke nicht angleichen, das ist mir egal, denn es geht um die Musik, nicht darum, mein eigenes Ego zu befriedigen. Auch das vermisse ich oft in Clubs, meist läuft Musik den ganzen Abend im selben Tempo und Rhythmus.

Wie verdienen Sie heutzutage Ihr Geld, jetzt, wo die Verkäufe von Musik zurückgegangen sind?
Wenn man keine kommerzielle Musik macht, ist es schwer, von den Musikverkäufen alleine zu leben. Ich kann mich aber ganz gut mit Tantiemen - unter anderem von meinen Produktionen für Depeche Mode - als Produzent, DJ und mit meinen Live-Performances über Wasser halten. Um heutzutage als Künstler zu überleben, muss man allerdings kreativ sein und seine Nische in Markt kennen.

Ihre Instrumente haben sich verändert, das haben Sie schon gesagt, aber hat sich auch die Art des Musikmachens verändert?
Man hat heutzutage viel mehr Möglichkeiten, Sachen aus einem Sound rauszuholen. Wie ich begonnen habe, haben wir meistens alte Platten gesampelt und dieses Sample ein wenig angepasst. Jetzt arbeite ich mehr mit Software-Synthesizer und verändere Sounds stärker. Man kann Sounds ausdehnen, zerstören, die Höhe, Melodie und Struktur verändern. Dadurch entstehen neue, eigene Elemente. Das sind alles Dinge, die man früher in dieser Art und Weise nicht machen konnte.

Im kreativen Bereich setzen Sie sehr stark auf neue Technologien. Wie sieht es im restlichen Leben aus?
Hier kommen wir wieder ein wenig zurück zum Konzept von „Wir sind Roboter“. Ich habe im Laufe der Zeit bemerkt, dass ich immer mehr Zeit mit Maschinen verbringe, ebenso wie die Menschen, die mich umgeben. Als Freunde von mir während eines Essens ständig auf ihr Smartphone geblickt haben, statt miteinander zu reden, habe ich gewusst, dass ich für mich selbst etwas ändern muss. Da war nichts Menschliches mehr zu erkennen.

Haben Sie ein Smartphone?
Ich habe mein iPhone bewusst wieder gegen ein altes Telefon eingetauscht. Ich versuche mich bewusst auszuklinken, den Stress wegzunehmen, der dadurch, ständig kommunizieren zu können, erzeugt wird. Ich will nicht, dass mich Maschinen eines Tages kontrollieren, denn ich sehe oft Menschen, die der Sklave ihrer Maschinen sind. Ich finde, dass es eine Balance geben sollte – man soll auch einen sonnigen Tag wahrnehmen und genießen, einfach abschalten können.

Wie sehen Ihre weitere Pläne für „We are the robots“ aus?
Die erste Art-Club-Nacht war sehr erfolgreich. Ich hoffe, dass wir in Zukunft auch ein- bis zweimal jährlich eine „Special Edition“ machen können, zu der wir auch internationale Gäste wie Amon Tobin einladen. Aus der Kooperation mit dem Wiener Musiker Valesta könnte außerdem ein eigenes Label entstehen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

Zur Person:
1987 veröffentlichte der in London geborene Musiker unter dem Pseudonym „Bomb the Bass“ seine Debut-Single „Beat Dis“, die prompt auf Platz zwei in den UK-Charts landete. Später drehte er auch als Produzent für Künstler wie Björk, David Bowie, Massive Attack, oder Depeche Mode an den Reglern der Mischpulte.  2011 zog der Musiker nach Wien und gründete eine eigene Clubnacht, die eine Brücke zwischen elektronischer Musik und Roboterkunst bilden möchte.

Zur Veranstaltung:
Am Freitag findet der zweite Abend einer dreiteiligen Art-Club-Reihe mit dem Namen "We are the robots" im Wiener Fluc statt. Tim Simenon argiert dabei als Gastgeber. Neben elektronischer Musik mit Bomb the Bass, Valesta und I-Wolf wird es Roboter-Installationen geben, die eine spezielle Atmosphäre schaffen sollen. Die Veranstaltung beginnt ab 21 Uhr, der Eintritt ist frei.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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